Die Zukunft wird "smart". Unser Auto wird uns selbständig durch den Verkehr lenken, unseren Arbeitsplatz oder auch unser Zuhause werden wir dabei per Fernsteuerung optimal auf unsere Ankunft vorbereiten. Die lästige Hausarbeit erledigen Roboter. Digitale Assistenten, wie etwa das sprachgesteuerte System des Herstellers Amazon "Alexa", begleiten uns durch den Alltag. Sie informieren über das Wetter, lesen E-Mails vor, koordinieren Termine und steuern weitere Geräte.
Das erfordert einen permanenten Datenfluss. So hören sprachgesteuerte Systeme wie Alexa ständig mit, um auf Zuruf reagieren zu können. Nach Auskunft des Herstellers zeichnet Alexa Daten aber nur auf, wenn ein Signalwort fällt. Das Marktwächter-Team der Verbraucherzentrale NRW, das Alexa einem umfangreichen Test unterzog, fand allerdings heraus, dass Alexa nicht nur auf "Alexa" oder die außerdem vom Hersteller zur Auswahl gestellten Signalworte ("Amazon", "Echo", "Computer"), sondern auch auf ähnlich klingende Begriffe reagiert.
Lebt etwa jemand mit Namen "Alexander" im selben Haushalt, besteht die Gefahr, dass große Teile der persönlichen Gespräche, die nicht an "Alexa" gerichtet sind, aufgezeichnet werden.
Bislang ist Alexa in unterschiedlicher Hardware mit Namen "Echo" verbaut. Der mit dem Signalwort (oder einem ähnlich klingenden Wort) verbundene Sprachbefehl, etwa "wie wird das Wetter heute?", wird über Mikrofone empfangen, an die Server von Amazon weitergeleitet und dort verarbeitet. Das Ergebnis teilt uns Alexa mündlich mit. Alle Sprachaufzeichnungen werden standardmäßig in der Amazon-Cloud gespeichert. Die Sprachbefehle, also das vom Nutzer gesprochene Wort und die Suchergebnisse, werden zusätzlich in der dazugehörigen Alexa-App gespeichert. So lernt Alexa sehr viel über ihren Nutzer, dessen Persönlichkeit und Gewohnheiten.
Interesse an diesen sensiblen Daten haben insbesondere die Hersteller, da sie auf Grundlage dieser Informationen präzise Nutzerprofile erstellen können. So können zum Beispiel Produkte für die spezifischen Bedürfnisse empfohlen werden. Die Auswirkungen sind jedoch nicht auf den kommerziellen Bereich beschränkt. Auch das Verhältnis zwischen Bürger und Staat wird hiervon nachhaltig beeinflusst.
Behörden können zugreifen
Die Strafverfolgungsbehörden sehen in Alexa eine potenzielle digitale Zeugin. Um einen Mord aufzuklären, forderten US-Behörden bereits Zugriff auf die Daten von Alexa. Auch deutschen Strafverfolgungsbehörden geht es vermehrt um die Auswertung digitaler Kommunikationsinhalte. Auf dieses Begehren geht auch das 2017 in Kraft getretene "Gesetz zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens" zurück, das bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen den heimlichen Einsatz staatlicher Spionage-Software ("Staatstrojaner") erlaubt. Im Gesetzestext zur Online-Durchsuchung heißt es dazu: "Auch ohne Wissen des Betroffenen darf mit technischen Mitteln in ein von dem Betroffenen genutztes informationstechnisches System eingegriffen und dürfen Daten daraus erhoben werden."
Staatliche Behörden könnten damit heimlich auf sämtliche Funktionen informationstechnischer Systeme zugreifen, so auch auf das Mikrofon von Alexa. Die damit verbundenen Möglichkeiten scheinen fast grenzenlos zu sein, wenn man sich die neueste Entwicklung des Herstellers anschaut - den Echo Look. Der Nutzer soll via Style-Check-Funktion sein Outfit bewerten lassen können. Alexa wird hierfür mit einer Kamera vernetzt. Sie bekommt Augen. Diese Ermittlungsmaßnahmen stehen den Strafverfolgungsbehörden nicht nur bei Mord und Totschlag zur Verfügung. Das Gesetz verweist in diesem Zusammenhang etwa auch auf besonders schwere Fälle der Steuerhinterziehung oder die Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragstellung.