Aufforderung per Bluescreen:Microsoft verzweifelt an Windows-10-Verweigerern

Windows 10 Upgrade

Mit diesem Bluescreen will Microsoft Nutzer überzeugen, doch bitteschön endlich zu Windows 10 zu wechseln.

(Foto: Microsoft/PR)
  • Bluescreens zeigen bei Windows-Rechnern normalerweise kritische Systemfehler an.
  • Jetzt nutzt Microsoft die weiße Schrift auf blauem Hintergrund, um an das Upgrade auf Windows 10 zu erinnern.
  • Es ist die letzte in einer langen Reihe von Aktionen, mit der Microsoft Nutzer vom Upgrade überzeugen will.
  • In vier Wochen wird Windows 10 kostenpflichtig, bis dahin sollen nach dem Willen des Konzerns möglichst viele Nutzer ihr Betriebssystem aktualisieren.

Von Simon Hurtz

Fast alle Windows-Nutzer kennen den Bluescreen, die meisten aus leidvoller Erfahrung. Er erscheint, wenn das Betriebssystem neu installiert oder Einstellungen im Bios verändert werden. Wer im laufenden Betrieb weiße Schrift auf blauem Hintergrund sieht, hat meist ein Problem: Der Bluescreen steht für schwerwiegende Fehlermeldungen, nicht umsonst hat er den Spitznamen BSOD - Bluescreen Of Death.

Der Bluescreen dürfte also nicht allzu beliebt sein. Doch das scheint Microsoft noch nicht zu reichen. Der blaue Bildschirm soll offenbar zum Hassobjekt aller Windows-Nutzer werden. Seit Anfang Juli zeigt der Bluescreen die einzige Meldung, die bei vielen Microsoft-Kunden noch unbeliebter sein dürfte als kritische Systemfehler: die Aufforderung, auf Windows 10 zu upgraden.

"Entschuldigung für die Störung, aber das ist wichtig"

Immerhin scheint sich Microsoft dessen bewusst zu sein und beginnt die Mitteilung kleinlaut: "Entschuldigung für die Störung, aber das ist wichtig". Es folgt eine Erinnerung, dass Windows 10 nur noch bis zum 29. Juli kostenlos ist, danach werden voraussichtlich 135 (Home) bzw. 279 Euro (Pro) fällig (aktuelle Preise im Microsoft-Store). Zumindest können genervte Nutzer den Bildschirm wegklicken und sich weitere Erinnerungen verbitten. Zuvor hatten sich viele Kunden über hartnäckige Pop-ups beschwert, die das Schließen des Fensters als Zustimmung zum Upgrade interpretierten und daraufhin automatisch die Installation starteten.

Man könnte eigentlich davon ausgehen, dass Microsoft aus den vergangenen Monaten gelernt hat: Die penetranten Aufforderungen zum Upgrade sind längst zum Running Gag in sozialen Medien geworden. Wer sein liebgewonnenes Windows 7 oder 8 behalten wollte, wurde in unschöner Regelmäßigkeit an die Vorzüge von Windows 10 erinnert. Sogar während des Wetterberichts eines US-amerikanischen Fernsehsenders tauchte ein solches Fenster auf. Auch der Livestream eines Gamers mit 130 000 Zuschauern wurde durch die - unaufgeforderte und ungewollte - Installation von Windows 10 unterbrochen.

Doch offensichtlich ist Microsoft mit den Marktanteilen von Windows 10 noch nicht zufrieden. Eigentlich sollte die einjährige Gratisphase einen Großteil der Nutzer dazu bringen, auf die aktuelle Version des Betriebssystems zu wechseln. Im Juni 2016 lief Windows 10 auf rund 19 Prozent aller Desktop-Rechner, eine Steigerung von knapp zwei Prozent im Vergleich zum Vormonat. Doch im selben Zeitraum wuchs auch der Marktanteil von Windows 7 von 48,6 auf 49,1 Prozent.

Microsoft sollte den Willen seiner Kunden akzeptieren

Erst vor wenigen Tagen musste Microsoft einer Nutzerin 10 000 Dollar Schadenersatz für ein ungewolltes Windows-10-Upgrade zahlen, kurz darauf entschärfte der Konzern das Pop-up und erleichterte es Nutzern, das Upgrade dauerhaft abzulehnen. Auf seinem aktuellen Upgrade-Bluescreen preist Microsoft Windows 10 als das "sicherste Windows, das jemals entwickelt wurde". Das stimmt, auch Sicherheitsforscher halten das Betriebssystem für "besser als MacOS".

Tatsächlich ist Windows 10 ein gutes Betriebssystem. Häufig wurde vor dem vermeintlichen "Spion im Wohnzimmer" gewarnt - diese Sorgen sind überzogen, Windows 10 ist keine Abhörmaschine. Und doch hat Microsoft Fehler gemacht: Mit den Standardeinstellungen sammelt Microsoft jede Menge persönliche Daten und zeigt den Nutzern personalisierte Werbung an. Um das zu vermeiden, sind etliche Änderungen in den Privatsphäre-Einstellungen nötig.

Wer heute noch Windows 7 nutzt, hat diesen Wunsch oft und vehement kundgetan, indem er zahlreiche Aufforderungen zum Upgrade ignoriert und immer wieder weggeklickt hat. Es ist verständlich, dass Microsoft sein neuestes und vermutlich auch bestes Betriebssystem gerne auf allen Rechner installiert sähe. Während ein Großteil der Apple-Kunden deren Betriebssysteme MacOS und iOS in kürzester Zeit aktualisiert, muss Microsoft etliche alte Versionen gleichzeitig pflegen und mit Sicherheitsupdates versorgen. Doch irgendwann wäre es an der Zeit, den Willen der Kunden zu akzeptieren und aufzuhören, Windows 10 mit aller Macht in den Markt zu drücken.

Die gute Nachricht für alle Upgrade-Verweigerer: Spätestens am 29. Juli haben sie ihre Ruhe.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: