Apple: Spekulation um Neuheiten:Steve Jobs zeigt seinen Wolkentraum

Am Abend will Steve Jobs neue Apple-Produkte vorstellen. Neben neuen Betriebssystemen für iPhone und Mac steht vor allem der langerwartete Musikdienst "iCloud" im Mittelpunkt. Verändert der Konzern damit das Download-Geschäft?

Johannes Kuhn

Die Geheimniskrämer von Apple zeigen sich plötzlich erstaunlich offenherzig: Normalerweise lädt das Unternehmen zu Produktvorstellungen, ohne genau zu verraten, was dort eigentlich präsentiert wird. Dieses Mal gab der Konzern jedoch schon vorher bekannt, was es am Montagmorgen kalifornischer Zeit (19 Uhr deutscher Zeit) auf der Apple-Entwicklerkonferenz Worldwide Developers Conference (WWDC) in San Francisco präsentieren möchte.

File photo of Apple Inc. CEO Steve Jobs during an Apple event in San Francisco

Apple-Chef Steve Jobs bei einem Auftritt im März: Was steckt hinter der iCloud?

(Foto: REUTERS)

Mit "Lion" wird Apple die nächste Version seines Mac-Betriebssystems vorstellen, dazu präsentiert es die fünfte Fassung des iPhone-, iPad und iPod-Systems "iOS". Dies alleine würde allerdings nicht genügen, um Steve Jobs zu einem Auftritt zu veranlassen - immerhin überlässt der Apple-Gründer aus gesundheitlichen Gründen das Tagesgeschäft derzeit anderen.

Das Produkt, das Jobs selbst auf der Bühne präsentieren möchte, heißt "iCloud", ein "neuer Cloud-Dienst", wie Apple trocken ankündigte. Dahinter steht eine Idee, die derzeit ein Großteil der Branche verfolgt: Die Auslagerung von Speicherplatz und Rechenkraft ins Internet.

Bereits heute gibt es viele Cloud-Dienste, von Webmail-Anbietern bis zu Office-Programmen von Google und inzwischen auch Microsoft. Der Nutzer hat den Vorteil, über verschiedene Computer online auf seine Dateien zugreifen zu können und mit der Online-Bearbeitung Speicher und Rechenleistung zu sparen. IT-Unternehmen winkt mit dem Daten-Outsourcing der Kunden ein neuer Markt, der allerdings nicht unumstritten ist: Jüngst verlor Amazon nach einem Serverausfall Daten von Geschäftskunden.

Mit iCloud will Apple vor allem das Musikgeschäft umkrempeln: Nutzer von iTunes sollen ihre MP3-Bibliothek auf Apple-Servern im Netz speichern können und damit beim Musikkonsum unabhängiger werden: Das Herunterladen auf ein einziges Gerät entfällt, der Lieblingssong kann über das Netz abgerufen werden.

Amazon und Google legen vor

Bereits vor wenigen Wochen hatten Amazon und Google solche Dienste vorgestellt. Wer zum Beispiel bei Amazon Musik kauft, lädt diese nicht nur auf seinen Computer herunter, sondern auch automatisch auf einen Server des Online-Versandhauses, wo er diese über das Netz abspielen kann. Allerdings konnten sich weder Google, noch Amazon mit der Musikindustrie über eine Vergütung für die Streaming-Nutzung zur Musik einigen. Amazon muss deshalb mit Klagen rechnen, Google musste sein geplantes Online-Musikportal vorerst auf Eis legen.

Apple hingegen hat sich Medienberichten zufolge offenbar mit den größten Musiklabels geeinigt. Über die Bedingungen wird fleißig spekuliert: Die New York Post, die bei solchen Themen in der Vergangenheit nicht immer richtig lag, schreibt von Vorauszahlungen zwischen 100 und 150 Millionen Dollar, die Apple an die Labels entrichten musste.

Was die iCloud Kunden kosten soll

Zahlreiche Gerüchte gibt es auch darüber, wie "iCloud" funktionieren soll. Als gesichert gilt nur, dass Apple die Songs seiner Nutzer auf Wunsch auf die Firmenserver lädt und Songs mit schlechter Qualität durch Versionen mit einem besseren Klang ersetzt.

Wie die Los Angeles Times unter Berufung auf einen Insider berichtet, sollen später auch Filme hochgeladen werden können. Mittelfristig werde Apple 25 Dollar pro Jahr für den Streaming-Dienst verlangen, zudem will das Unternehmen auch Werbung in iCloud schalten.

Viele Fragen bleiben allerdings weiter offen, so zum Beispiel, ob ein Abonnement nur die gekauften Songs einschließt, oder ob eine Flatrate geplant ist, bei der sich Nutzer einfach aus dem iTunes-Katalog bedienen können.

In diesem Falle wäre Apple ein Rivale für Musikdienste wie Spotify, der in einigen europäischen Ländern Nutzer eine Vielzahl an Songs per Stream abrufen lässt, in den USA jedoch aufgrund schwieriger Verhandlungen mit Musikindustrie und Rechteinhabern bislang noch nicht starten konnte.

Auch ist unklar, wann der Dienst außerhalb der USA startet. Für Nutzer hierzulande dürfte sich iCloud nur lohnen, wenn ihre mobile Internet-Flatrate ein entsprechend großes Datenpaket einschließt - wer nur wenige hundert Megabyte als Monatslimit eingestellt hat, riskiert mit dem mobilen Musikgenuss nach einiger Zeit die Drosselung der Geschwindigkeit.

Und auch Apple-Jünger, die bei der Präsentation auf eine Überraschungsvorstellung des neuen iPhones hoffen, dürften enttäuscht werden: US-Technologieblogs und Wirtschaftszeitungen melden übereinstimmend, dass Apple das iPhone 5 erst im Herbst auf den Markt bringen wird, um das Weihnachtsgeschäft anzukurbeln.

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