Apple macht Ping zu:Ein soziales Netzwerk ist am Ende

Apple macht sein soziales Netzwerk Ping dicht. Überlässt der Technologieriese damit das Social Web endgültig der Konkurrenz von Facebook und Twitter? Vieles spricht dafür. Allerdings lässt sich das Unternehmen eine Hintertür offen.

Pascal Paukner

Apple Ping

Apples soziales Netzwerk Ping wird geschlossen.

(Foto: Ping)

Eigentlich hatte Tim Cook den Stecker bereits gezogen: In einem Interview Ende Mai konnte er nach langem Schweigen der Frage nicht mehr ausweichen, wie das Unternehmen eigentlich die Entwicklung des eigenen sozialen Netzwerks Ping beurteile. Die Antwort war unmissverständlich: Die Kunden hätten entschieden, sagte Cook, dass Ping ein Produkt sei, das sie nicht wollten. Welche Schlüsse das Unternehmen daraus allerdings zu ziehen gedenke, sagte Cook nicht.

Keine drei Wochen später, ist klar, wie es weitergehen wird. Nämlich gar nicht. Wie der amerikanische Techblog All Things Digital in der Nacht zum Mittwoch meldete, wird der Dienst mit dem nächsten großen iTunes-Update im Herbst wird eingestellt. Ping ist tot, möchte man sagen und merkt: Eigentlich war Ping gar nie lebendig.

Um zu verstehen, warum der Dienst floppen musste, muss man kein großer Kenner des kalifornischen Unternehmens sein. Man muss nur einmal iTunes auf seinem Rechner installiert haben. Apple hatte Ping bewusst nicht als eigenständiges soziales Netzwerk konzipiert, sondern 2010 in die eigene Musiksoftware iTunes integriert. Dort waren bereits mehr als 160 Millionen Menschen registriert - mit Namen und Kreditkartendaten. Eigentlich eine solide Basis, um ein Produkt auf den Markt zu werfen, das eine Mischung aus Facebook, Twitter und iTunes sein soll, wie Steve Jobs es beim Start ausdrückte. Eigentlich. Denn tatsächlich ist iTunes eine Software, die insbesondere auf Windows-Rechnern oft nur schleppend läuft. Viele Nutzer laden zwar über iTunes Musik, nutzen zum Abspielen eine alternative Software. Hinzu kommt: Mittelpunkt des Computers ist inzwischen der Browser. iTunes läuft im Hintergrund.

Versagt hat Apple auch an anderer Stelle: Der hauptsächliche Grund, weshalb Menschen soziale Netzwerke nutzen, ist, dass sie Inhalte mit ihren Freunden teilen wollen. Ein cooles YouTube-Video? Teil ich! Ein lustiges Katzenbild? Muss ich sofort twittern! In Ping ist das nicht möglich. Privatnachrichten gibt es nicht. Musik, die man gerade gekauft hatte, lässt sich zwar mit Freunden teilen, die können aber maximal 30 Sekunden anhören. Wer mehr will, muss zur Kreditkarte greifen. Das ist weder sozial, noch vernetzt. Jetzt hat Apple das eingesehen und die Reißleine gezogen.

Google ist der Hauptkonkurrent

Es spricht einiges dafür, dass Apple damit die Ambitionen, mittelfristig Facebook, Google und Twitter ein eigenes soziales Netzwerk entgegenzusetzen, vorerst begräbt. Derzeit sieht alles danach aus, dass Apple vorerst allein Google als Hauptkonkurrenten fürs eigene Geschäft ausgemacht hat. Dazu ist Apple bereit, die einstigen Rivalen Facebook und Twitter tief in die eigenen Produkte zu integrieren. Sowohl das neue, mobile Betriebssystem iOS 6, als auch das neue OS X Mountain Lion sind eng mit Marktführer Facebook verdrahtet. Statt mit Ping, kommt iTunes künftig mit Facebook-Anbindung. Und Facebooks Kamera-App fürs iPhone steht neuerdings mit einem merkwürdigen, für Aufmerksamkeit sorgenden Punktzeichen zum Download in Apples App Store bereit. Ein Zugeständnis, vermutet beispielsweise The Next Web.

Die Frage, ob Apples Strategie auch klug ist, ist damit freilich noch nicht beantwortet. Zumindest hält sich das Unternehmen eine Hintertür offen. Verschiedene Face-Time-, iMessage-, iChat- und iCloud-Accounts sollen künftig über eine Apple-ID nutzbar sein und Photostream, der Cloudspeicher für Fotos, fortan die Möglichkeit erhalten, Fotos mit Freunden zu teilen. Im Zweifelsfall eine gute Grundlage, um ein soziales Netzwerk aufzubauen. Falls man mal eins braucht.

Was glauben Sie, wie Apples Social-Web-Strategie der Zukunft aussieht? Diskutieren Sie mit dem Autor auf Twitter oder auf Google Plus.

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