Süddeutsche Zeitung

"Grüne" Laptops:Apples Aluminium-Recycling ist immerhin ein Anfang

Apple verkauft ein Macbook aus 100 Prozent recyceltem Aluminium und schon wird der Vorwurf des "Greenwashing" laut. Dabei ist der Schritt gut. Eine glaubwürdige Umweltstrategie fehlt aber.

Kommentar von Malte Conradi

Das war ja mal wieder klar: Kaum ist der technische Vorsprung dahin, feiert Apple sich für seinen angeblichen Umweltschutz. Um die hohen Preise zu rechtfertigen. Dabei ist der Konzern in Wirklichkeit doch ein großer Umweltverschmutzer. Aber verkaufen, das können sie eben bei Apple.

Solche Zeilen zu schreiben, ist einfach. Man hat diese Argumentation tausendfach gehört und es liegt ja auch nahe, so zu reden. Das werden nun wieder viele tun, nachdem Apple verkündet hat, sein neues Macbook Air sei aus 100 Prozent recyceltem Aluminum, die Geräte damit "die grünsten aller Zeiten". So ähnlich wie im vergangenen Jahr, als Apple 9000 Bäume auf seinen neuen Campus pflanzte. Oder im Frühjahr, als Apple verkündete, seinen Strombedarf zu 100 Prozent aus erneuerbaren Quellen zu decken. "Greenwashing" lautet dann der Vorwurf. Es ist ein allzu menschlicher Reflex, großen und reichen Unternehmen nur das Schlechteste zu unterstellen. In diesem Fall, dass Apple sich in der Öffentlichkeit als Umweltfreund darstellt, in Wirklichkeit aber eine Dreckschleuder ist. Falsch ist diese Einschätzung trotzdem.

Das mit dem Aluminium zum Beispiel ist keine Kleinigkeit: Bislang gelang es nur mit den reinsten Erzen, das Material so hinzubekommen, wie sich ein Apple-Gerät eben anfühlen soll. Jetzt funktioniert das auch mit Aluminum-Resten, die anderswo in der Produktion anfallen. Weil die Gewinnung von Aluminium in jedem Arbeitsschritt mit enormem Energieverbrauch und schwerwiegenden Umweltproblemen verbunden ist, hilft Recycling in diesen Abläufen ganz besonders.

Ernst gemeintes Umweltbewusstsein?

Oder die Sache mit dem Ökostrom: In seinen Läden und seiner neuen Zentrale verbraucht Apple natürlich viel Energie. Enorm hoch ist der Verbrauch aber in den riesigen Server-Farmen, etwa in Nevada, wo Apples digitale Assistentin Siri zu Hause ist. Diesen Bedarf aus erneuerbaren Energiequellen zu decken, ist mehr als Greenwashing. Zumal Apple tatsächlich neue Kapazitäten installiert und es sich nicht so einfach macht, mit seinen aberwitzigen Bargeld-Reserven Ökostromkontingente aufzukaufen, die ohnehin schon auf dem Markt sind.

Selbstverständlich tut Apple das alles nicht aus selbstlosen Gründen. Zu einem schicken Image - und das ist es nun einmal, was Apples Erfolg ausmacht - gehört heutzutage auch Umweltbewusstsein, das Kunden dem Unternehmen abkaufen. Wer seine Server mit Kohlestrom betreibt, hat es schwer, ein iPhone für mehr als Tausend Dollar zu verkaufen. Aber sollte dieses Kalkül nicht eher gefeiert werden? Schließlich zeigt es, wie Marktwirtschaft Dinge zum Guten bewegen kann. Die Kunden verlangen von Apple, dass es tut, was es kann, um die Umwelt zu schonen. Und Apple ist ein Vorbild, Samsung und die anderen zögern selten, wenn sie dem Konzern aus Cupertino nacheifern können.

Reicht das schon? Natürlich nicht. Da sind zum einen all die Zulieferer, Apple baut seine iPhones und Macbooks schließlich nicht selbst zusammen. Wie steht es um den Umweltschutz in den meist chinesischen Fabriken, das Land deckt seinen Energiebedarf immer noch zu 65 Prozent aus Kohlekraftwerken? Seit der heutige Chef Tim Cook 1998 zu Apple kam, gilt das Unternehmen als hart und anspruchsvoll in Verhandlungen mit Geschäftspartnern. Diese Härte muss Apple nutzen, um auch bei den Zulieferern bessere Standards durchzusetzen. Die Macht dazu hat das Unternehmen. Etwa zwei Dutzend Zulieferer aus China und Taiwan haben sich schon dem 100-Prozent-Ziel bei erneuerbarer Energie angeschlossen - der bekannteste Name fehlt allerdings auf der Liste: Foxconn, das in seinen Fabriken wahrscheinlich mehr Strom verbraucht als Apple selbst.

Und dann sind da noch die seltenen Erden. Kein Smartphone kommt ohne die Stoffe aus, deren Abbau immer eine schwere Umweltbelastung darstellt. Vor anderthalb Jahren verkündete Apple, irgendwann in der Zukunft nur noch seltene Erden zu verwenden, die aus alten Smartphones gewonnen werden. Von den Plänen hat man seither nichts mehr gehört.

Haltbare Smartphones

Der wichtigste Schritt zu einer wirklich glaubwürdigen Umweltstrategie aber wäre, iPhones haltbarer zu machen. Denn das umweltschonendste Smartphone ist dasjenige, das lange in Gebrauch ist. Haltbar machen, das hieße heutzutage vor allem: Update-fähig machen. Die meisten Smartphones werden inzwischen nicht durch ein neues ersetzt, weil sie kaputt sind, sondern weil sie zu langsam werden, der Speicherplatz nicht mehr ausreicht oder der Akku den Geist aufgibt. Tim Cook könnte leicht Abhilfe schaffen, wenn er denn wollte.

Doch Apple ist einfach nur ein Unternehmen. Solange sich iPhones so gut verkaufen, wird es keine Möglichkeit schaffen, den Speicherplatz seiner iPhones zu erweitern. Deshalb gibt Apple in seinen Nachhaltigkeitsberichten die Lebensdauer des iPhones mit gerade einmal drei Jahren an.

Die Kunden aber haben die Macht, Apple an solchen Tricks zu hindern. Vielleicht sollten sie hin und wieder dem Reflex widerstehen, solche Meldungen gleich verächtlich als Greenwashing abzutun. Sie sollten sich lieber an ihrer Macht und über ihre Erfolge freuen - und den Druck auf Apple und alle anderen weiter erhöhen.

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