Computerchips:Marktführer unter Druck

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Johny Srouji, bei Apple für das Chip-Design verantwortlich, präsentiert den neuen M1-Chip. (Foto: Apple/dpa)

Apple baut in seine Macbooks nun eigene Chips ein, Intel gerät aber nicht nur deshalb in Bedrängnis. Welche Chip-Technologie wird die Computer der Zukunft antreiben?

Von Helmut Martin-Jung, München

Lisa Su hatte einen eigentlich unmöglichen Job. Drei CEOs in nur wenigen Jahren waren vor ihr bereits daran gescheitert, den amerikanischen Chiphersteller AMD wieder flottzukriegen. Hatten versagt dabei, AMD wenigstens eine komfortable Nische im Schatten des Giganten Intel zu sichern.

Doch nun, nach wenigen Jahren an der Spitze, hat die in Taiwan geborene, 51 Jahre alte Ingenieurin gezeigt, dass es auch anders geht: Nicht nur laufen die beiden neuen konkurrierenden Spielekonsolen, die X-Box von Microsoft und die Playstation von Sony, wie schon deren Vorgänger mit AMD-Prozessoren. Auch was die Herzen für Desktoprechner angeht, die sogenannten Central Processing Units (CPU), ist AMD dem großen Konkurrenten technologisch weit enteilt. AMDs Aktienkurs ist auf Höhenflug, der von Intel hat nachgegeben.

Lisa Su, promovierte Ingenieurin und Chefin des Chipherstellers AMD. (Foto: AMD)

Doch der wiedererstarkte, technologisch fortgeschrittenere Konkurrent ist nicht Intels einziges Problem. Vor wenigen Tagen gab der Technologiekonzern Apple erstmals Genaueres zu seiner neuen CPU M1 bekannt. Detaillierte unabhängige Prüfungen stehen zwar noch aus, aber deutlich wird schon jetzt: Apple hat es tatsächlich geschafft, Chips zu entwickeln, die in der Klasse der energieeffizienten CPUs einen großen Vorsprung haben.

Apple hat bereits angekündigt, dass nach einer Übergangszeit von zwei Jahren alle Rechner des Konzerns auf die neue Plattform umgestellt werden sollen. Intel als Lieferant für CPUs ist damit aus dem Spiel. Jahrzehnte dominierte das Chip-Unternehmen den Markt, man spricht bei Chips sogar von Intel-Architektur, auch wenn es zum Beispiel um eine CPU von AMD geht. Es ist zunächst auch kein allzu großer Schaden für das Unternehmen aus Santa Clara, Kalifornien, wenn Apple als Abnehmer nun wegfällt. Apple-Rechner machen ja nur einen geringen Prozentsatz aller verkauften Computer aus, und das meiste Geld, etwa 60 Prozent, verdient Intel ohnehin nicht mit Consumer-Geräten, sondern mit professionellen Anwendungen wie etwa Chips für Server-Rechner.

Doch auch dieses Geschäft ist durch eine Entwicklung in Gefahr, für die Apples Sensationserfolg nur ein Symptom ist. Apple hat seine CPU auf der Basis des Designs von ARM entwickelt. ARM, eine in Großbritannien ansässige Firma, designt Chips, lässt aber keine produzieren, sondern verkauft bloß die Lizenzen für diese Designs an andere. Neben Apple sind das zum Beispiel auch Samsung oder Qualcomm. ARM-basierte Chips wurden zunächst vor allem in Mobilgeräten eingesetzt, bei denen es neben ausreichender Leistung besonders auf Energieeffizienz ankommt - weil die Akkus sonst viel zu schnell leergesaugt werden würden.

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Doch mit den Jahren wurden ARM-CPUs immer schneller, ohne dass sie deswegen zu Energiefressern mutierten. Das liegt unter anderem daran, dass es gelang, immer mehr Transistoren auf gleicher Fläche unterzubringen. Apples M1 vereint gigantische 16 Milliarden der kleinen Schaltelemente auf seinem Siliziumchip. Noch gibt es keine ARM-Chips für leistungsstarke PC, doch schreibt man die Entwicklung der vergangenen Jahre fort, scheint das eine Frage der Zeit zu sein. Dann wäre auch der lukrative Markt für Server in Gefahr, der mit dem Cloud-Boom enorm an Bedeutung gewonnen hat.

Intel sollte seine internen Probleme in Griff kriegen

Intel, immer noch größter Chiphersteller der Welt, ist zwar noch lange nicht tot. Der Konzern sollte aber seine internen Probleme in Griff kriegen. Schon viel zu oft mussten in den vergangenen Jahren die Termine für zugesagte Entwicklungsschritte wieder einkassiert werden. Unter anderem, weil es nicht gelang, in den eigenen Fabs - also den auf Chipherstellung spezialisierten Hochtechnologieeinrichtungen - die neuen Prozesse zum Laufen zu bringen, die dafür sorgen, dass mehr Transistoren auf gleicher Fläche untergebracht werden können. Inzwischen denkt man in Santa Clara sogar schon darüber nach, die Fertigung an externe Spezialisten auszulagern - so wie das AMD unter Lisa Su übrigens längst getan hat.

Sollte das funktionieren und Intel es schaffen, seine Ziele zu erreichen, könnte der Konzern Kraft tanken für die weitere Entwicklung, die noch viel Forschung erfordern wird. Es ist ja bekannt, dass die Miniaturisierung von Chips nicht ewig weitergehen kann. Techniken wie Quantencomputer sind noch zu weit weg, um wirklich massentauglich zu werden, für viele Rechenaufgaben sind sie ohnehin prinzipiell nicht geeignet. Bei Speicherchips setzt man bereits auf ein dreidimensionales Design, ordnet also die Halbleiter nicht nur in der Fläche an, sondern stapelt sie in mehreren Lagen übereinander. Bei CPUs ist man dabei noch am Anfang. Dabei wäre es gerade jetzt, wo Technologien wie maschinelles Lernen viel Rechenpower erfordern, so wichtig, dass der seit Jahrzehnten gewohnte Fortschritt bei CPU-Chips - bekannt als Moore's Law - nicht zum Stillstand kommt.

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