Apple-Gerät als Datensammler:iPhone: Standortdaten-Diebstahl leichtgemacht

Apples iPhone speichert nicht nur Standortdaten seiner Besitzer, sondern schützt sie auch noch schlecht vor fremdem Zugriff. Wie beunruhigt müssen iPhone-Nutzer sein? Fragen und Antworten

Johannes Kuhn

Der Vortrag der beiden US-Forscher Alasdair Allan und Pete Warden hatte es in sich - und das, obwohl sie auf der Internetkonferenz Where 2.0 eigentlich nur eine Datei vorstellten: Consolidated.db heißt sie, und ihr Inhalt ist brisant. In ihr speichern Apples iPhones und iPads mit UMTS die Aufenthaltsorte ihrer Besitzer, versehen mit einem Zeitstempel.

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Apples iPhone 4: Standortdaten ohne Verschlüsselung.

(Foto: dapd)

Dass Apples Betriebssystem iOS seit der Version 4.0 Standortdaten speichert, ist bekannt. Neu ist allerdings, dass es diese unverschlüsselt hinterlegt und damit theoretisch Fremden zugänglich macht. Müssen sich iPhone-Besitzer Sorgen machen? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Welche Standortdaten speichert das iPhone?

Das iPhone speichert den Forschern zufolge die genauen Positionsdaten sowie den dazugehörigen Zeitpunkt. Allerdings sind viele Fragen ungeklärt: So sichert das Handy nicht durchgehend Daten, sondern in einem noch nicht näher erforschten Rhythmus.

Allan und Warden glauben, dass die Ortsmarken nicht bei eingeschaltetem GPS oder aktiver Wlan-Verbindung gesetzt werden, sondern über den Standort der nächstgelegenen Handymasten ermittelt werden, weshalb der Aufenthaltsort auch häufig recht ungenau angegeben wird.

Ähnliche Daten haben die Mobilfunkanbieter, speichern sie aber seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Vorratsdatenspeicherung nicht mehr über einen längeren Zeitraum.

Was ist das Problem?

Das iPhone-Betriebssystem behält die Daten nicht nur auf dem Gerät, sondern schickt sie bei jeder Synchronisierung mit dem Computer auf den Rechner. Dabei wird der Datensatz allerdings nicht verschlüsselt - theoretisch kann nun jeder auf die Positionsdaten zugreifen, der Zugriff auf den Rechner und die Dateiverwaltung hat. Zudem löscht das Gerät die Daten offenbar nicht nach einem bestimmten Zeitraum.

Lassen sich die Daten auswerten?

Ja, aber nur über eine spezielle Software. In ihrem Blog haben die beiden Software-Entwickler ein entsprechendes Programm zur Verfügung gestellt. Aus Datenschutzgründen lassen sich die Daten aber nicht genau anzeigen, unter anderem lässt sich die Zeitleiste nur im Wochenrhythmus verschieben.

Wie lässt sich die Datensammlung stoppen?

Weitere Fragen und Antworten zu den iPhone-Standortdaten

Warum lässt Apple die Daten speichern?

Das ist noch unklar. In den Nutzungsbedingungen zum Betriebssystem iOS heißt es seit 2010: "Apple, unsere Partner und Lizenznehmer können genaue Standortdaten sammeln, benutzen und teilen, inklusive des Echtzeit-Standorts Ihres Apple-Computers oder -Geräts." Bereits damals wurde gerätselt, wofür die Daten dienen könnten.

Die Auswertung der Geodaten und Gewohnheiten für mobile Werbung wäre eine Möglichkeit; in einem Patent aus dem Sommer 2010 gibt Apple auch an, künftig Standortmuster eventuell zu verwenden, um den Diebstahl anhand abweichender Nutzungsmuster festzustellen und das Gerät aus der Ferne zu sperren. Allerdings gibt es derzeit keine Anzeichen, dass die Daten überhaupt an Apple weitergegeben werden - sie schlummern offenbar nur im Telefon, werden aber offensichtlich auch nicht gelöscht.

Welche Geräte sind betroffen?

Den Forschern zufolge sind alle Geräte ab der Version iOS 4 betroffen, sofern sie UMTS-Zugang haben. Dazu gehört auch das iPad mit Mobilfunkzugang.

Was sagt Apple zu der Angelegenheit?

Der Konzern schweigt bislang zu dem Fall.

Wie kann ich verhindern, dass mein iPhone Daten sammelt?

Wie der Blogger Richard Gutjahr berichtet, lässt sich die automatisierte Erfassung der Daten ausschalten. Im Browser muss hierfür die Adresse oo.apple.com eingegeben werden. Allerdings bemerkt er, dass nicht klar ist, ob es sich hier um einen Sammelstopp handelt oder der Nutzer nur der Verwertung der Daten widerspricht.

Ist der Fall ein Skandal?

Der IT-Sicherheitsfachmann Alex Levinson weist in einem Blogbeitrag darauf hin, dass Existenz und Zweck der Datei schon länger bekannt waren. Dass die Ortsdaten bei der Synchronisation auch auf den Computer wandern und einfach visualisierbar sind, haben allerdings erst Allan und Warden publik gemacht - und damit einmal mehr auf Überwachbarkeit durch die Nutzung mobiler Endgeräte hingewiesen.

Aufgrund der Allgemeinen Geschäftsbedingungen wird Apple nicht verklagbar sein - allerdings haben sich bereits Datenschützer zu Wort gemeldet. So hat der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar erklärt, dass sich die Datenschutzbehörde in Bayern derzeit mit dem Thema befasst. Sein Fazit: "Diese Speicherung von Standortdaten ohne Kenntnis der Betroffenen wäre nach deutschem Datenschutzrecht sicherlich nicht zulässig," Auch das Bundesministerium für Verbraucherschutz fordert inzwischen Aufklärung.

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