Datenschutz:Apple gibt sich als Retter der Privatsphäre - auf Facebooks Kosten

'Fortnite' maker sues Apple over App Store power

Für die Facebook-App wird es unangenehm auf Apple-Geräten.

(Foto: AFP)

Ein anderer mächtiger Tech-Konzern zeigt Facebook die Grenzen seiner Überwachungs-Strategie auf. Das tut dem Hardware-Bauer Apple allerdings auch nicht besonders weh.

Kommentar von Helmut Martin-Jung

Wer weiß schon wirklich, wie viel wahre Wut, wie viel echte Betroffenheit darin steckt, wenn sich der Chef des wertvollsten Unternehmens der Welt über eines aufregt, das in der Rangfolge nicht weit dahinterliegt. Wenn also Apple-Chef Tim Cook die Praxis geißelt, dass Unternehmen wie Facebook (und andere) die Daten von Internetnutzern sammeln und den Zugriff darauf verhökern. Und dass dabei die Privatsphäre der Nutzer über den Jordan geht.

Wie immer man diese Frage beantwortet - wem es ernst ist damit, dass die Menschheit nicht völlig zum Opfer eines ungezügelten Überwachungskapitalismus wird, dem wird es egal sein, welche Motive hinter Apples Entscheidung stehen, das Datensammeln einzudämmen. Die nächste Version von Apples Betriebssystemen für iPhones, iPads und Apple TV verpflichtet die Anbieter von Apps dazu, die explizite Zustimmung der Nutzer einzuholen, wenn sie Daten auch an Drittanbieter weitergeben wollen.

Das ist ein erster, ein guter Schritt. Es ist aber auch einer, der Apple nicht besonders wehtut. Die Kalifornier verkaufen vor allem Hardware wie das iPhone, und sie haben darum herum ein Netz aus mehr und mehr Dienstleistungen gesponnen, vom Cloud-Speicherdienst bis hin zu geführten Work-outs für zu Hause. Ein kleines Werbegeschäft hat Apple zwar auch, doch das spielt kaum eine Rolle in der Bilanz.

Apple verliert also nicht nur nichts, wenn es sich als Retter der Privatsphäre gibt, es kann auch gewinnen - aus zwei Gründen. Erstens: Nach Jahren, in denen sich Tech-Konzerne in Wild-West-Manier gegriffen haben, was ging, hat sich die Stimmung mittlerweile gewandelt. Die großen Plattform-Unternehmen sehen sich mehr und mehr Kritik ausgesetzt, es drohen Zwangsmaßnahmen. Ein datenschutzfreundliches Unternehmen würden Politik und Behörden womöglich nicht so hart rannehmen. Zweitens ist auch vielen Nutzern zusehends unwohl dabei, wenn sie sich im Internet ständig fühlen wie eine Melkkuh, aber kaum eine Chance haben, sich zu wehren - außer eben bestimmte Dienste nicht zu nutzen. Das könnte um ihre Daten besorgte Nutzer vermehrt in Apples Arme treiben.

Apple ist natürlich keine Wohltätigkeitsorganisation. Produzieren lässt man in Billiglohnländern, die Steuern minimiert man wie viele andere Konzerne mit tausend leider legalen Tricks, und der App Store - der Ort also, wo es all die Spiele und Programme gibt - ist eine geschlossene Gesellschaft: Wer eine App für Apple anbieten will, muss sie dort anbieten und einen Teil der Einnahmen an Apple abführen.

Dennoch: Es ist eine andere Nummer, was Plattformen wie Facebook, was weitgehend im Hintergrund agierende Werbefirmen mit Daten ihrer Nutzer anstellen. Vergleichbar einem Pilzmyzel, das sich unter der Oberfläche über Kilometer erstrecken kann, sind diese Firmen für die Nutzer kaum durchschaubar miteinander verknüpft. Und um an die Daten zu gelangen, ist ihnen nahezu jedes Mittel recht. Kontroverse Inhalte ziehen besser? Dann bevorzugt der Algorithmus genau die. Sicher ist das Internet und sind die Plattformen nicht alleine daran schuld, dass Populismus, Nationalismus, Rassismus und Antisemitismus erstarken. Kräftig mitgeholfen haben sie aber schon.

Der Ehrlichkeit halber muss man aber auch sagen, dass ein probates Mittel dagegen bis jetzt nicht gefunden worden ist. Die Versuche, per Gesetz einzugreifen, wirken hilflos oder schießen über das Ziel hinaus und gefährden die Freiheitsrechte. Wirklich in der Hand haben es nur die Nutzer selbst. Wenn es ihnen Ernst ist mit dem Schutz ihrer Daten, sollten sie das auch zeigen, ein bisschen Unbehagen reicht nicht.

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