Anonymous-Splittergruppe gegen Facebook:Attacke am Guy-Fawkes-Day

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Hacker aus dem Umfeld der Anonymous-Gruppe wollen an diesem Samstag den nächsten publikumswirksamen Angriff starten. Das geplante Opfer: Facebook. Das Ganze ist intern allerdings umstritten, zudem könnte die Aktion vor allem für eine Sache sorgen: genervte Internetnutzer. Die wichtigsten Fragen und Antworten zur "Operation Facebook".

Mirjam Hauck und Johannes Kuhn

Facebook ist böse: Dies zumindest ist der Tenor eines Videos, das seit einigen Monaten im Netz kursiert. "Facebook verkauft Informationen an staatliche Einrichtungen und gibt heimlichen Zugriff auf Informationen an Bewachungsunternehmen. So können sie Menschen aus der ganzen Welt ausspionieren", heißt es dort.

Guy-Fawkes-Masken wurden zum Markenzeichen der Anonymous-Bewegung - inzwischen sind sie auch ein Symbol der weltweiten Occupy-Bewegung. Das Foto zeigt einen Protestierer im Camp vor der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt. (Foto: dpa)

Für den 5. November haben Aktivisten unter dem Label des Hacker-Kollektivs Anonymous deshalb angekündigt, gegen das Netzwerk vorzugehen. Die wichtigsten Fragen und Antworten zur "Operation Facebook".

Wer steckt hinter der Aktion?

Anonymous ist ein loses Kollektiv, das für einzelne Aktionen vor allem im digitalen Raum zusammen kommt. 2008 griff Anonymous die Website von Scientology an und die Aktivisten gingen gegen die Sekte auch in diversen Großstädten auf die Straße. Es folgten Hacks wie die gegen die Online-Auftritte amerikanischer Banken und Kreditkartenfirmen, die sich geweigert hatten, Spenden für den Wikileaks-Gründer Julian Assange weiterzuleiten. Im Kontext des "arabischen Frühlings" führte die Gruppe Angriffe auf Websites von staatlichen Einrichtungen in Ägypten, Tunesien, Iran und Syrien durch. In jüngster Zeit veröffentlichte Anonymous Daten mutmaßlicher Mitglieder einer Kinderporno-Tauschplattform und erklärte, gegen ein mexikanisches Drogenkartell kämpfen zu wollen.

Dagegen wirkt der geplante Angriff auf Facebook doch eher kleingeistig. Die Ankündigungsvideos sind in verschiedenen Sprachen erschienen - doch gibt es auch Stimmen aus dem Anonymous-Kreis, die sich gegen eine Attacke auf Facebook aussprechen.

"Wir 'töten' nicht den Boten. Das ist nicht unser Stil", hieß es auf dem Twitter-Account "Anonops", der als offizielles Sprachrohr der Bewegung genutzt wird. Man verwende Facebook auch als Werkzeug und lege sich deshalb lieber mit den wirklich Mächtigen an. Offenbar hat sich für die Anti-Facebook-Aktion eine Splittergruppe gebildet, die nun gegen das Netzwerk vorgehen möchte.

Was planen die Aktivisten genau?

"Einen genauen Plan gibt es nicht", erklärte ein Anonymous-Aktivist der taz. Aus dem Interview geht allerdings hervor, dass die Gruppe von der Idee abgerückt ist, Facebook über Denial-of-Service-Attacken lahmzulegen. Dies wäre bei der Rechenkraft, die das Netzwerk antreibt, auch utopisch.

Daten von den Facebook-Servern zu stehlen, steht offenbar nicht zur Debatte. Man plane vielmehr eine "spam-artige Aufklärungskampagne", sagte der Aktivist im Interview.

Gleichzeitig soll auch ein Angriff auf die Webseiten des konservativen US-Senders Fox News stattfinden, der den Namen "Fox Hunt" (Fuchsjagd) trägt. Anonymous wirft dem Sender vor, eine Schmierenkampagne gegen die amerikanische Occupy-Bewegung zu betreiben. Anonymous gehörte zu den Akteuren, die zu den Protesten gegen die Macht der Banken und soziale Ungerechtigkeit aufgerufen hatten.

In dem Geiste der Occupy-Bewegung ist auch eine Aktion, die "Bank Transfer Day" heißt. Hier werden Bankkunden in den USA dazu aufgefordert, zu Genossenschaftsbanken zu wechseln, da Privatbanken im nächsten Jahr höhere Gebühren verlangen können.

Warum der 5. November?

Es geschah im Jahr 1605 in England. Der konvertierte Katholik und Offizier Guy Fawkes will am 5. November das Parlament samt König Jakob I. in die Luft sprengen - um gegen die Verfolgung der Katholiken in England zu protestieren. Am Morgen des 5. Novembers wird der mutmaßliche Attentäter samt 20 Fässern mit Schießpulver im Keller des Westminster-Palastes entdeckt. Der "Gunpowder Plot" scheitert, Fawkes und seine Mitverschwörer werden 1606 hingerichtet. Gut 400 Jahre später ist Fawkes zum Role-Model im Kampf gegen Autoritäten (im Netz) geworden.

Zu verdanken hat Fawkes dies dem britischen Autor Alan Moore. In seiner Comic-Serie "V wie Vendetta", die erstmals 1982 erschien, trägt der Held eine Guy-Fawkes-Maske. Als anarchistischer Einzelkämpfer wehrt er sich Mit Hilfe von Attentaten und Bombenanschlägen gegen ein tötalitäres Regime. Am Ende des Comics jagt er Downing Street 10 mit Hilfe einer mit Sprengstoff beladenen U-Bahn in die Luft.

2006 wurde der Comic von den Wachowski-Brüdern (Matrix) verfilmt. Maske und Attentäter werden einem großen Publikum bekannt, Guy Fawkes zum sympathisch-anarchistischen Widerstandskämpfer.

Im Februar 2008, bei der Demo von Anonymous gegen Scientology in London trugen die Aktivisten erstmals Guy-Fawkes-Masken.

Wie wahrscheinlich ist ein Erfolg der Facebook-Aktion?

Das ist schwer zu bewerten, da wahrscheinlich noch nicht einmal die Beteiligten wissen, was genau am 5. November passieren wird. Eine Aufklärungskampagne über Spam-Mails oder gekaperte Webseiten würde wahrscheinlich eher für genervtes Augenrollen als zu einem Massen-Exodus aus Facebook sorgen. Sensible Daten von Facebook-Nutzern zu ergattern dürfte schwierig werden und würde bei einer Veröffentlichung dem eigenen Anliegen sogar schaden - auch wenn das Portal dann wirklich ein Problem hätte.

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