Süddeutsche Zeitung

Online-Sicherheit:VPN - Technik, die die Herrscher fürchten

Apple versperrt Chinesen den Zugang zu VPN-Apps. Mit ihnen können Dissidenten ihre Identität verschleiern. Was Sie über VPNs wissen müssen.

Von Katharina Kutsche

Vor wenigen Tagen erließ der russische Präsident Wladimir Putin ein neues Gesetz. Demnach dürfen Internetprovider in Russland keine Verbindungen mehr über ein VPN aufbauen. Fast gleichzeitig wurde bekannt, dass der Computerkonzern Apple VPN-Apps für den chinesischen Markt entfernt hat. Worum geht es? Die wichtigsten Fragen und Antworten:

Was ist ein VPN?

Ein Virtuelles Privates Netzwerk (VPN) vernetzt Computer und andere Geräte miteinander, sodass sie Daten austauschen können. Das Netzwerk, das dadurch entsteht, ist nicht öffentlich, eben privat. Das Virtuelle am VPN ist, dass es nicht physisch, etwa mit Kabeln zusammengeschlossen, sondern im Internet mithilfe einer VPN-Software aufgebaut wird. So entsteht ein Netz im Netz.

Warum sind VPN-Apps wichtig?

Die Netzwerke ermöglichen Heimarbeit oder das mobile Arbeiten außerhalb des Büros. Wer etwa von zu Hause aus im firmeneigenen Netzwerk arbeiten möchte, muss über die VPN-Software eine verschlüsselte Verbindung zum Server des Unternehmens herstellen, einen VPN-Tunnel. Der vorderste Zweck ist also, Berechtigte zu identifizieren, indem sie sich mit Benutzername und Passwort anmelden.

Generell gilt: Wer mit seinem Computer ins Internet geht, gibt sich mit seiner IP-Adresse zu erkennen - und verrät darüber auch seinen ungefähren Standort. Geht ein Nutzer über einen VPN-Tunnel ins Netz, ersetzt die Software die IP-Adresse des Nutzers mit der Adresse des VPN-Anbieters. Daraus ergibt sich der zweite Vorteil des privaten Netzwerks: Es verschleiert die Identität. Das ist der Hauptgrund für Dissidenten und Menschen in Unrechtsstaaten, VPN-Dienste zu nutzen. Sie können so relativ sicher Internetseiten aufrufen, die im eigenen Land gesperrt wurden.

Dazu kommt: Wer regelmäßig öffentliches Wlan nutzt, kann über ein VPN seine Privatsphäre schützen. Die verschlüsselte Verbindung überträgt auch die eigenen Anfragen verschlüsselt.

Für wen kann das ein Problem sein?

Unternehmen wie der amerikanische Streamingdienst Netflix nutzen sogenanntes Geoblocking, also technische Ländersperren, um ihr Angebot variabel auszuspielen. In den USA etwa werden andere, vor allem mehr Filme und Serien angeboten als in der deutschen Netflix-Version. Manche Abonnenten nutzen daher VPN-Apps, um zu simulieren, dass sie sich in den USA befinden. Dagegen schottete sich Netflix im vergangenen Jahr stark ab und schloss mehrere VPN-Dienste aus. Die Begründung: Der Streaminganbieter erwirbt von den Sendern und Studios, also den Urhebern, die Rechte, um Filme und Serien ins eigene Angebot einspeisen zu können. Einige dieser Lizenzen sind auf bestimmte Regionen beschränkt. Würde Netflix die VPN in anderen Ländern nicht aussperren, könnte das zu Rechtsstreitigkeiten mit den Lizenzgebern führen.

Auch Mediatheken und TV-Apps deutscher Sender machen es zum Teil unmöglich, deutsche Sendungen über das Hotel-Wlan im Ausland zu empfangen. Die Europäische Union hat zwar beschlossen, die Ländersperren in der EU aufzuheben. Verbraucherschützer kritisieren aber, das die Regelung nur für kostenpflichtige Streamingdienste gilt, nicht für Mediatheken.

Warum hat Apple so reagiert?

Die chinesische Regierung hat bereits im Januar angeordnet, dass alle Anbieter von VPN-Software eine staatliche Lizenz benötigen. Das Ministerium für Industrie und Informationstechnologie erklärte, nicht autorisierte Netzwerke stärker verfolgen zu wollen, und warnte international tätige Unternehmen, solche Dienste für den internen Gebrauch zu nutzen. Von Februar nächsten Jahres an sollen Telekommunikationsanbieter angeblich allen Privatpersonen den Zugang zu VP-Netzwerken verbieten. Dadurch fühlte sich das amerikanische Unternehmen offenbar unter Druck: Die Volksrepublik ist nach den USA Apples wichtigster Absatzmarkt.

Apple entfernte zahlreiche VPN-Apps aus seinem chinesischen Appstore, damit können Chinesen diesen Weg nicht mehr nutzen, um ausländische Internetseiten aufzurufen. Kritiker sehen das als Schlag gegen die Meinungs- und Informationsfreiheit: Die chinesische Regierung verhindert mit dem Verbot, unterstützt von Apple, dass sich die Chinesen aus unabhängigen und regimekritischen Quellen informieren können. Apples Entscheidung dürfte auch damit zusammenhängen, dass das Unternehmen demnächst ein großes Daten-Zentrum in China eröffnen will - als Teil eines Milliarden-Dollar-Investitionsprogramms.

Wie kann man diese Sperren umgehen?

Schwer. Den Appstore von Google gibt es in China nicht, Apps für das Betriebssystem Android können Nutzer über die Stores der Eigenmarken herunterladen: Huawei App Market etwa und Xiaomi Appstore. Eine Möglichkeit ist jedoch, sich einen Zugang zum US-Appstore von Apple zu besorgen und dort die nötige Software zu laden. Anleitungen finden sich auf Tech-Online-Portalen.

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Quelle:
SZ vom 03.08.2017/jab
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