Die neuen Enthüllungen von Edward Snowden, die der Guardian am Freitagnachmittag publik gemacht hat, mögen zwar nicht mehr den normalen Internetnutzer betreffen. Sie zeigen dennoch, wie weitreichend und akribisch die amerikanischen und britischen Geheimdienste die Überwachung im Netz betrieben.
Aus den von Snowden enthüllten Dokumenten geht hervor, dass NSA und der britische GCHQ Nutzern des Anonymisierungstools Tor (The Onion Router) besondere Aufmerksamkeit zukommen ließen. Es gelingt ihnen, diese zu identifizieren - und dann andere, anfälligere Software auf ihren Rechnern zu attackieren. Besonders erfolgsversprechend sei dabei der Angriff auf den Browser Firefox.
Dennoch, und das mag die gute Nachricht sein für jene, die mit Tor gerne anonym surfen wollen, sei es der NSA nicht gelungen, die grundlegende Sicherheitsarchitektur des Programms zu knacken. Der Guardian zitiert aus einer geheimen Präsentation namens "Tor stinks" (Tor stinkt), in der eingeräumt wird, dass es niemals gelingen werde, die Anonymität aller Tor-Nutzer aufzuheben. "Mit manueller Analyse können wir nur eine kleine Gruppe von Tor-Nutzern entanonymisieren", zitiert die Zeitung aus der Präsentation. So gesehen lassen die Enthüllungen Snowdens beinahe aufatmen, wie Trevor Timm von der Datenschützer-NGO Electronic Frontier Foundation (EFF) twitterte.
Wer sich im Netz anonym bewegen will, kann theoretisch also weiterhin Tor nutzen. Tor schickt einen Nutzer nicht von A nach B, also vom jeweiligen Computer direkt auf Süddeutsche.de, sondern von Computer auf x-verschiedenen Wegen ans Ziel. Wenn der Nutzer schließlich auf Süddeutsche.de landet, kann dort nicht mehr festgestellt werden, woher er kommt. Das Tor-Netzwerk ist wegen seiner Qualitäten deshalb auch bei Dissidenten oder Journalisten nicht nur in Europa und den USA, sondern auch in Ländern wie China, Syrien oder Iran sehr beliebt.
Angesichts der neuen Enthüllungen liegt auch eine gewisse Ironie in der Tatsache, dass sich Tor deshalb zu 60 Prozent aus Geldern der US-Regierung finanziert.