Altersfreigabe für Computerspiele:Mord ab 12

USK oder PEGI? Die Altersfreigabe für Computerspiele in Europa ist verwirrend und selten einheitlich. Gerade bei Gewaltdarstellungen gibt es große Unterschiede.

In der Europäischen Union werden noch Jahre bis zu einer einheitlichen Altersfreigabe von Computerspielen vergehen. "Die Rechtslage in Deutschland, wo der Jugendschutz im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern Verfassungsrang hat, verhindert derzeit eine Orientierung am PEGI-System, das in vielen Ländern Europas zum Einsatz kommt", erklärt Jürgen Schattmann von der nordrhein-westfälischen Landesregierung.

Die derzeitige Praxis ist für den Käufer von Computer- und Konsolenspielen in Deutschland bisweilen extrem verwirrend: Da finden sich auf der Packung die Siegel der Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) oft neben den Alterseinstufungen nach dem "Pan European Game Information System PEGI". Sind die Alterseinstufungen in vielen Fällen gleich, so finden sich doch auch kurios anmutende Unterschiede.

Zum Beispiel bei "Guitar Hero 3: Legends Of Rock": Die USK hat dieses Spiel ohne Altersbeschränkung freigegeben, laut PEGI sollte es Kindern und Jugendlichen aber erst ab dem 12. Lebensjahr überlassen werden. "Der Grund dafür ist, dass die in dem Spiel verwendeten Liedtexte von der USK nicht berücksichtigt wurden, bei PEGI wegen der Verwendung von Kraftausdrücken das Spiel jedoch hochgestuft wurde", erläutert Peter Mucha von der Firma Activision.

Ein näherer Blick auf die unterschiedlichen Prüfsysteme lohnt also. Wie Schattmann erklärt, wurden bei der USK im vergangenen Jahr etwa 2.800 Titel geprüft, darunter 900 Spiele, die neu auf den Markt kamen. Die Softwarehäuser reichen dazu die Spieletitel ein, die von Testern geprüft werden. Diese stellen die Spiele schließlich einem Prüfgremium vor, in dem fachkundige Vertreter aus allen Bundesländern sitzen, die die Spiele in Hinblick auf den Jugendschutz und eventuelle Verstöße gegen das Strafrecht begutachten.

Nach Abschluss der Prüfung wird eine Alterseinstufung vorgenommen. "Im vergangenen Jahr wurden 44 Prozent der Spiele ohne Altersbeschränkung freigegeben, 16 Prozent erhielten eine Freigabe ab 6 Jahren, 20 Prozent ab 12, 13 Prozent ab 16 und 5 Prozent wurden als nur für Erwachsene geeignet eingestuft", sagt Schattmann. Was für Verbraucher und Handel entscheidend ist: In Deutschland sind die USK-Freigaben verbindlich.

Beim PEGI-System dagegen sind die Publisher selbst in der Pflicht. Auf der Basis von 100 ausgewählten Spielen wurde ein standardisierter Fragebogen entwickelt, nach den jeweiligen Antworten richtet sich die Alterseinstufung. "Diese wird aber durch Symbole ergänzt, anhand derer zum Beispiel deutlich gemacht wird, ob in dem Spiel Gewalt, Sex oder besonders beängstigende Elemente vorhanden sind", erklärt Mucha.

Mord ab 12

Für den Käufer hat dies den Vorteil, dass er neben der reinen Altersempfehlung, die zunächst unverbindlich ist, zumindest einen groben Überblick zum Spielinhalt bekommt.

Laut Mucha tragen 80 Prozent aller interaktiven Softwareprodukte in 28 Ländern Europas die PEGI-Kennzeichnung. Mehr als 200 Publisher sind als PEGI-Teilnehmer registriert. Schwarze Schafe haben trotz der Freiwilligkeit der Prüfung nach seinen Worten keine Chance: "Bei Verstößen gegen die festgelegten Standards gibt es Sanktionen, die bis hin zum Ausschluss aus PEGI reichen können."

PEGI bietet Informationen zum Inhalt

Die PEGI-Bewertung mit verschiedenen Symbolen scheint deutlich flexibler zu sein als das USK-Modell. Denn nach wie vor bestehen kulturelle und gesellschaftliche Unterschiede in der EU. So können Gewaltdarstellungen oder profane Sprache in den Ländern der Union durchaus unterschiedlich eingeschätzt werden. Wenn also britische Eltern ihren Nachwuchs vor Kraftausdrücken schützen wollen, können sie Spiele mit Hilfe der entsprechenden Symbole gezielt aussortieren.

Altersbeschränkungen oder auch -empfehlungen sind allerdings nur dann sinnvoll, wenn die Eltern auch darauf achten. "Wir erleben aber oft, dass sich Eltern zwar dafür interessieren, was ihre Kinder im Fernsehen sehen, nicht aber für die Spiele, mit denen sie sich beschäftigen", sagt Wolfgang Schulz vom Hans-Bredow-Institut.

Manchmal zeigten sich Eltern sogar stolz, wenn ihr Nachwuchs Spiele spielt, die eigentlich erst ab einem höheren Alter geeignet sind. In grenznahen Regionen gingen Kinder und Jugendliche auch gern im benachbarten Ausland auf Einkaufstour: Dort sind USK-Siegel für den Handel nicht rechtlich verbindlich.

Die EU-Kommission hat gefordert, dass sie eine Harmonisierung erreichen will. Aber nicht nur das zeigt, dass es Bewegung in der Sache geben muss. Auch die europäische Rechtsordnung zwingt zum Handeln: Rein nationale Beschränkungen könnten nämlich als Verstoß gegen das Prinzip des freien Warenverkehrs angesehen werden. Zwar hat der Europäische Gerichtshof bislang Beeinträchtigungen des Handels durch das USK-Siegel als gerechtfertigt betrachtet. Doch auch die Rechtsprechung wird langfristig sicher der Forderung der EU-Kommission folgen.

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