Dass Protest, der im Netz startet, erfolgreich sein kann, dafür gibt es bereits Beispiele. Im Juli 2012 etwa stoppte das Europäische Parlament nach internationalen Protesten das umstrittene Anti-Counterfeiting Trade Agreement - kurz: Acta. Das Handelsabkommen sollte laut seinen Befürwortern das geistige Eigentum schützen, hätte aber aus Sicht von Kritikern den Datenschutz gefährdet und Reglementierungen bis hin zu Zensur und Internetsperren ermöglicht.
Zunächst hatten Blogger damals zum Protest aufgerufen, Webseiten wurden als zentrale Anlaufstellen eingerichtet und Anti-Acta-Videos, allen voran jenes der Hackergruppe Anonymous, verbreiteten sich rasant über soziale Netzwerke. Online-Protest und Straßendemonstrationen liefen parallel und befeuerten sich gegenseitig. Der Erfolg zeigte, welche politische Kraft sich im Internet formieren kann.
Kurz zuvor waren in den USA der Stop Online Piracy Act (Sopa) und der Protect IP Act (Pipa) auf ähnliche Weise gestoppt worden. Die beiden Gesetze sollten die Rechte von Copyright-Inhabern stärken. Laut Kritikern wäre damit aber auch die Meinungsfreiheit im Netz beschnitten worden. Dem massiven Online-Protest schlossen sich damals auch Internet-Riesen wie Google und Wikipedia an. Google legte einen schwarzen Balken über sein Logo, Wikipedia schwärzte gleich alle englischsprachigen Seiten, bis auf jene, die Sopa und Pipa erklärten. Laut Organisatoren beteiligten sich mehr als 100 000 Webseiten an der Online-Demonstration. Manche von ihnen stellten für einen Tag sogar ganz ihren Betrieb ein.
Diesmal wird der Protest allerdings wohl deutlich kleiner ausfallen - bislang sind es mehrere Tausend Teilnehmer. Kurz vor Beginn hat auch die Reform Government Surveillance ihre Unterstützung zugesagt. In dieser Gruppe haben sich die wichtigsten US-Internetfirmen zusammengeschlossen, darunter Google, Facebook und Microsoft. Allerdings weisen die Firmen nicht auf ihren eigentlichen Seiten auf die Aktion hin, sondern nur auf der Informationsseite, auf der sie für eine Geheimdienstreform plädieren.
Gedenken an Aaron Swartz
Zudem dürfte es ungleich schwerer sein, dem mächtigsten Geheimdienst der Welt Grenzen zu setzen, als, wie damals bei Acta, Sopa oder Pipa, konkrete Gesetze zum Urheberrecht zu stoppen, die gerade erst verhandelt werden. Die Initiatoren von "The day we fight back" sind sich darüber durchaus im Klaren, dass sich ihr Kampf gegen einen übermächtigen Goliath richtet. David Segal sagt dazu: "In diesem Fall müssen wir den ersten Schritt machen. Unsere Gesetzgeber müssen von Leuten hören, die das Internet lieben, dass sie nicht einfach zusehen werden, wenn sich das alles in ein riesiges Werkzeug für Massenüberwachung entwickelt."
Zentrale Figur der Sopa/Pipa-Proteste vor zwei Jahren war der Netzaktivist Aaron Swartz. (Hier seine Rede "How we stopped Sopa"). Der "Day we fight back" ist auch ihm gewidmet. Der Programmierer hatte bereits als Teenager den RSS-Dienst mitentwickelt und später die Website Reddit mitgegründet. Er hatte sich dem Kampf für ein freies Netz und frei zugänglichem Wissen verschrieben, engagierte sich für Open Access und Open Government. 2011 wurde er jedoch vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) verklagt - er habe illegal 4,8 Millionen Dokumente aus der Journal-Datenbank JSTOR heruntergeladen. Ihm drohten 35 Jahre Haft und eine enorme Geldstrafe. Im Januar 2013 nahm sich Swartz, der an Depressionen litt, das Leben.
Swartz kommentierte die Massenüberwachung einst so: "Es ist schockierend, dass die NSA sich so wenig verantworten muss, dass sie nicht einmal grundlegende Statistiken darüber führt, wie groß ihr Spionage-Programm ist. Wenn die Antwort ist: 'Oh, wir spionieren so viele Leute aus, wir können sie unmöglich zählen', dann ist das eine furchtbar riesige Masse an Leuten." Fünf Monate nach Swartz' Tod brachten die Enthüllungen von Edward Snowden ans Licht, wie umfassend die Überwachung wirklich ist.