Actionspiel "Just Cause 3":Ein Spiel wie ein Chuck-Norris-Witz

Actionspiel "Just Cause 3": Arnold Schwarzenegger in "Phantom Kommando" - ein Vorbild für Rico Rodriguez?

Arnold Schwarzenegger in "Phantom Kommando" - ein Vorbild für Rico Rodriguez?

(Foto: imago stock&people)

Explosionen, Krawall, aberwitzige Physik: Das Actionspiel "Just Cause 3" erinnert an Action-Filme von Schwarzenegger, Stallone und Co. Ein neues GTA ist es nicht.

Spielekritik von Matthias Huber

Muskeln in leinwandfüllender Großaufnahme. Aus dem Bizeps tritt eine Ader hervor, die Kamera zoomt heraus - es ist Arnold Schwarzenegger, der einen Baumstamm auf seiner Schulter durch die amerikanische Wildnis trägt. Später hackt er Holz, ein Schatten nähert sich von hinten, er sieht eine Spiegelung im Blatt seiner Axt, dreht sich um - und nimmt seine Filmtochter in den Arm. Lachen in tonloser Zeitlupe, gequältes Grinsen simuliert Vater-Tochter-Romantik.

So hat vor 30 Jahren der Film "Phantom Kommando" begonnen. So käsig der Film, die ganzen Explosionen und dummen Sprüche ("Deine Eier kannst du demnächst als Ohrringe tragen!") - auch sein mögen: Millionen Menschen erinnern sich auch heute noch an den Film. Und genau die sollen heute "Just Cause 3" spielen und mit den Methoden von Leinwandhelden der Achtziger wie Arnold Schwarzenegger, Silvester Stallone und Chuck Norris eine Bananenrepublik von einem bösen Diktator befreien. Beziehungsweise von einem "begeisterten Unterdrücker", wie es im Vorspann des Spiels heißt.

Die Muskeln sind kleiner geworden. Der Wahnsinn größer.

Endzeitstimmung, Action und Nervenkitzel

Fast wie ein Ritt auf einer Rakete, nur knapp dahinter.

(Foto: dpa-tmn)

Worum es geht? Egal. Superagent Rico Rodriguez ballert und sprengt sich durch eine idyllische Insellandschaft. Das muss reichen. So viel Mühe sich die Entwickler von Just Cause 3 auch gemacht haben, die Illusion einer bedeutsamen Geschichte aufrecht zu erhalten: Alles wird ironisch gebrochen. Das fängt beim lächerlichen spanischen Akzent der Hauptfigur an und hört bei der aberwitzigen Physik auf, die Rico in Doktor-Strangelove-Manier auf angeschossenen Gasflaschen durch die Luft reiten lässt. Dass der Superagent selbst von dem tropischen Inselchen namens Medici stammt, und dass all die Untaten von Diktator di Ravello für ihn deshalb eine persönliche Angelegenheit sind, tritt in den Hintergrund.

Stattdessen ist die Welt von Just Cause 3 ein mehrere Quadratkilometer großer Sandkasten für schwer erziehbare Kinder mit Zerstörungslust. Das Tempo, mit dem sich Rico über die Insel bewegen kann, ist atemberaubend: Er springt aus Flugzeugen und von Berggipfeln, gleitet mit dem Fallschirm oder rauscht mit seinem Wingsuit zu Boden. Dabei verhindert er den schmerzhaften Aufprall, indem er sich mit einem per Seilwinde abgeschossenen Haken einfach noch schneller zum Boden zieht. Der Bizeps des Helden mag seit der Zeit von Schwarzenegger kleiner geworden sein. Der Wahnsinn an spektakulären, physikverachtenden Stunts ist dafür umso größer.

Nachwuchs-Rambos haben es nicht zu einfach

Actionspiel "Just Cause 3": Bis der Spieler als Rico in letzter Sekunde aus dem explodierenden Helikopter springen kann, braucht es einige Zeit Übung.

Bis der Spieler als Rico in letzter Sekunde aus dem explodierenden Helikopter springen kann, braucht es einige Zeit Übung.

(Foto: Square Enix/PR)

Dazu passt auch, dass di Ravello und seine Bürger offenbar nur deshalb Gebäude auf Medici errichtet haben, damit Rico sie kaputtschießen oder in die Luft sprengen kann. Neben Raketenwerfern und allerlei Bomben sind Autos, Flugzeuge und Schiffe sein wichtigstes Werkzeug der Zerstörung. Besagter Haken mit Seilwinde ist eine Neuerung in besonderer Hinsicht: Im dritten Teil der Just-Cause-Reihe können erstmals zwei Objekte miteinander verbunden werden. Zum Beispiel zwei Kampfjets, die den Superagenten gerade ins Visier nehmen wollten und stattdessen in einer gewaltigen Explosion miteinander kollidieren. Oder der sündteure Sportwagen, der an einem Helikopter baumelnd einen dekadenten Rammbock abgibt, mit dem Rico eine Statue des begeisterten Unterdrückers abreißt.

Die größte Errungenschaft von Just Cause ist aber, dass das Spiel es den Nachwuchs-Rambos nicht allzu einfach macht. Es braucht ein paar Stunden Übung, um zu lernen, wie man Greifhaken, Fallschirm und Wingsuit so aneinanderreiht, dass sich Rico endlich mit dem eines Actionhelden würdigen Temperament durch die Landschaft schwingt. Die Bausteine für die kreativen, völlig verrückten Stunts muss der Spieler sich schon selbst suchen. Sonst bleibt nur der Griff zum schnöden Raketenwerfer, und das ist spätestens nach dem dritten Öltank langweilig, den er damit zur Explosion bringt.

Nur leider ist es wie bei der Handlung: Das war's auch schon. Just Cause 3 will für den Krawall-Actionfilm das sein, was das ungleich erfolgreichere "Grand Theft Auto" ("GTA") für coole Gangstergeschichten von de Palma, Tarantino und Co. ist: Überdrehte Satire, liebevolle Hommage - und Produktionsstätte für Zigtausende Mini-Videos, die in sozialen Netzwerken von Facebook bis Reddit als Gratis-Werbung herumgereicht werden. Schade, dass Just Cause 3 nur letzteres liefern kann.

Ein spielgewordener Chuck-Norris-Witz

Actionspiel "Just Cause 3": Busse, Panzer, Kampfhubschrauber? Rico kann alles (in die Luft sprengen).

Busse, Panzer, Kampfhubschrauber? Rico kann alles (in die Luft sprengen).

(Foto: Square Enix/PR)

Dabei verkennen die Entwickler in ihrer Dauerironie, was das Actionkino der 80er und 90er Jahre so erfolgreich gemacht hat. Als Chuck Norris in "Invasion USA" und Patrick Swayze und Charlie Sheen in "Die rote Flut" die Kommunisten mit Maschinengewehren und Panzerfäusten aus den amerikanischen Vororten vertrieben, war das mehr als nur die vordergründige Lust am Krawall, sondern auch Verbildlichung der realen Ängste amerikanischer Konservativer. Selbst "Phantom Kommando" bietet mit seiner nur notdürftig versteckten Homophobie jede Menge Gesprächsstoff zum damaligen Zeitgeist. Just Cause 3 dagegen: Schwarzenegger für die Generation Gif.

Silvester Stallone sagte einmal, dass er es bereut, den traumatisierten Vietnam-Veteranen Rambo in zwei Fortsetzungen zur Comicfigur verwurstet zu haben. Der Schauspieler brauchte zwei Jahrzehnte, um zu erkennen, dass die Actionfilme seiner Zeit mehr waren als nur Stichwortgeber für Hunderte Chuck-Norris-Witze. Die haben die Entwickler von Just Cause 3 zum Spielprinzip erhoben. Zu etwas, das in kleinen Häppchen jede Menge Spaß macht, und von dem man immer wieder erzählen kann. Aber nichts, an das man sich in 30 Jahren noch erinnern wird.

Just Cause 3 (USK-Freigabe ab 18) ist am 1. Dezember für Playstation 4, Xbox One und PC erschienen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: