Abstimmung über Nutzungsbedingungen:Facebook-Demokratie: eine Frechheit

Facebook und Google haben längst Monopolstellungen im digitalen Geschäft. Da gibt es keine Wahl. Kein Wunder, dass die Art der Abstimmung über die neuen Nutzungsbedingungen von Facebook an die Präsidentschaftswahlen unter Saddam Hussein erinnert - mit Demokratie hat sie nichts zu tun.

Andrian Kreye

Nach viel Protest und Streit um die Nutzungsbedingungen des Netzwerks Facebook dürfen die Nutzer nun über diese Richtlinien abstimmen. Das ist eine freundliche Geste. Die Einschränkung, dass die Wahl nur gilt, wenn ein Drittel der mehr als 900 Millionen Mitglieder abstimmt, macht aus der Geste eine Frechheit. Zum einen, weil nicht alle Facebook-Mitglieder das Netzwerk auch wirklich nutzen. Zum anderen, weil nur wenige den Abstimmungsknopf auf der Unterseite "Facebook Site Governance" auch wirklich finden werden.

Ganz abgesehen davon, dass man nur zwischen den neuen und den alten Geschäftsbedingungen wählen kann. Das erinnert eher an die Präsidentschaftswahlen unter Saddam Hussein als an das Erbe der Französischen Revolution.

Die populistische Version von Adam Smiths Theorie

Aber warum sollen Kunden überhaupt über Geschäftsbedingungen abstimmen dürfen? Viele Menschen vertrauen da auf die urdemokratischen Kräfte der freien Marktwirtschaft. Zum Beispiel auf die Idee von der Macht der Kunden, die mit dem Geldbeutel entscheiden. Das ist die populistische Version von Adam Smiths Theorie von der unsichtbaren Hand.

In wohlhabenden grünen Kreisen ist diese Idee populär, weil man davon ausgeht, dass sich die Wirtschaft schon läutern wird, wenn nur genügend Kunden moralische Kaufentscheidungen treffen. Mit diesem Argument begegnet man auch oft Kritik an Facebook und Google: Wer sich auf solche Dienste einlässt, sollte wissen, dass die Konzerne vielleicht kein Geld, aber doch Gegenleistungen für den Service wollen. Wem das nicht passe, der müsse sie ja nicht nutzen.

Nur - Facebook und Google haben längst Monopolstellungen im digitalen Geschäft. Da gibt es keine Wahl.

© SZ vom 04.06.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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