Süddeutsche Zeitung

Abmahnungen für Urheberrechtsverletzungen:Amandas teure Geheimnisse

Kleinere Streitereien ohne großes Getöse aus der Welt schaffen - dafür sind Abmahnungen eigentlich gedacht. Doch den Zweck, die Gerichte zu entlasten, erfüllen sie nicht mehr: Dubiose Anwälte und zwielichtige Geschäftsleute verschicken Zehntausende Abmahnungen.

Von Johannes Boie

Abmahnungen sollen eigentlich Gerichte entlasten und bewirken, dass kleine Streitereien ohne großes Getöse aus der Welt geschafft werden können. Das funktioniert aber nicht. Stattdessen ist eine Industrie aus dubiosen Anwälten und zwielichtigen Geschäftsleuten entstanden, die alles daransetzt, Werke wie den urheberrechtlich geschützten Erotikfilm "Amanda's Secrets" vor Menschen zu schützen, die die Geheimnisse lüften wollten, ohne zu bezahlen zwar, aber auf einer legalen Videoseite.

Zehntausende Deutsche werden derzeit dafür abgemahnt. So geht es Tag für Tag im Netz: Spezialisierte Anwaltskanzleien mahnen Tausende Nutzer ab, die oft gar nicht wissen, dass sie etwas Verbotenes getan haben. Das hilft nicht einmal der Unterhaltungsindustrie, die online ganz ohne Anwälte längst Musik und Filme erfolgreich verkauft.

Das stört nur Deutschlands überlastete Gerichte, die jeden Antrag der Abmahnanwälte einzeln prüfen müssen. Denn die Abmahner kennen nur die Internetadressen der Nutzer, sie müssen ihre Namen und Adressen erst mit richterlicher Genehmigung bei Providern wie der Telekom erfragen.

Die Justiz wird missbraucht, auf dass sich die Abmahnindustrie bereichern kann. Wenn die nächsten zehntausend Anträge zur Prüfung bei ihr abgeliefert werden, sollten die Gerichte das merken.

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Quelle:
SZ vom 16.12.2013/mahu
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