Konzerngeburtstag:Neun Dinge, die Apple überflüssig gemacht hat

Der Konzern wird 40. Seinem Erfolg fielen viele zum Opfer - von der Wettervorhersage bis zur finnischen Wirtschaft.

Von Jessica Binsch und Mirjam Hauck

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Regenbogenwetter in Bayern

Quelle: Karl-Josef Hildenbrand/dpa

Am 1. April 1976 gründeten Steve Jobs und Steve Wozniak zusammen mit ihrem Bekannten Ronald Wayne die Firma Apple. Die beiden "Steves" kannten sich schon fünf Jahre und schraubten in der Garage von Jobs' Eltern in Los Altos ihre ersten Computer zusammen. Die Geräte, die sie 1976 für 666,66 Dollar verkauften, bestanden nur aus der Hauptplatine, sie hatten weder Gehäuse noch Tastatur. Schon 1978 setzten die Jungunternehmer 7,8 Millionen Dollar um, zwei Jahre später, als Apple an die Börse ging, war der Umsatz auf 117 Millionen angewachsen.

2016 sitzt Konzern auf einem Geldberg von 216 Milliarden Dollar und ist an der Börse mehr als 580 Milliarden Dollar wert. Insgesamt sind weltweit rund eine Milliarde Apple-Geräte im Einsatz, die meisten davon sind iPhones. Apple jubelt darüber, doch viele andere Dinge hat das Unternehmen vom Markt gedrängt und schlicht überflüssig gemacht.

Wettervorhersage

Regnet es heute oder scheint die Sonne? Dank Smartphones muss man nicht mehr die Radio- oder Fernsehnachrichten abpassen - oder aus dem Fenster schauen. Stattdessen können Handynutzer noch vom Bett aus herausfinden, ob sich das Aufstehen lohnt.

Die Wettervorhersage gehört seit dem ersten iPhone fest zum Angebot. Daneben gibt es allein im deutschen App-Store Hunderte alternative Wetter-Apps anderer Anbieter. Einige zeigen einen Regenradar, warnen vor Unwettern oder geben Hinweise für Allergiker. Auch die Stiftung Warentest hat schon einmal Wetter-Apps geprüft. Den Regenschirm muss man aber noch zusätzlich mitnehmen.

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Handy-Tastatur

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Quelle: Paul J. Richards/AFP

Das iPhone war nicht das erste Handy ohne Tastatur, Mitte der 1990er versuchte es IBM mit "Simon". Das Modell konnte Faxe und E-Mails versenden. Doch leider brauchte es für den Internetzugang ein Kabel.

2007 kam mit dem iPhone der Anfang vom Ende für die Handy-Tastatur. Es war das erste Handy, das sich ausschließlich mit den Fingern über einen Touchscreen steuern ließ.

Damals war nicht jeder vom Touchscreen überzeugt. Steve Ballmer, zu dieser Zeit Microsoft-Chef, sagte in einem Interview, dass das fehlende Tastenfeld ein Nachteil für Nutzer sei, die häufig Textnachrichten per E-Mail oder auch SMS verschicken. Vieltipper würden echte Tastaturen bevorzugen. Nun ja.

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Konzentriertes Fernsehen

Freundeskreis beim Fernsehen, 1935

Quelle: Sueddeutsche Zeitung Photo/Scherl

Früher war Fernsehen willkommene Hintergrundberieselung beim Bügeln. Heute liefert TV die Geräusch- und Ablenkungskulisse für Apps. Menschen chatten beim Fernsehen mit Freunden - oft über das, was gleichzeitig auf dem großen Bildschirm läuft. Sie beschweren sich online über Wendungen im aktuellen "Tatort" oder zerpflücken gemeinsam Talkshows und Reality-TV. Dank Smartphone und Internet geht das in Echtzeit und auf unterschiedlichen Apps gleichzeitig.

Marketing-Fachleute haben für dieses Verhalten den Begriff "Second Screen" geprägt: Wer fernsieht, konzentriert sich nicht mehr allein auf einen Bildschirm, sondern auf mehrere "Screens" parallel. Viele machen ihren Second Screen auch gleich zum einzigen Bildschirm und schauen Filme und Serien über Online-Videotheken wie Netflix.

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Digitalkamera

Blickfang

Quelle: Oliver Berg/dpa

Das erste iPhone hatte eine Kamera mit drei Megapixeln. Zwar gab es bereits vorher Handys mit Kamerafunktion, aber erst mit dem iPhone machte das Fotografieren mit dem Handy ausreichend Spaß. Seit Ende der Nuller Jahre ist der Umsatz mit Digitalkameras in Deutschland um mehr als 60 Prozent gefallen. Besonders einfache und eher günstige Geräte wurden von Handykameras verdrängt. Schließlich ist das Smartphone sowieso immer dabei und damit für Schnappschüsse unterwegs bestens geeignet. Durch die Internetverbindung können die Fotos auch gleich online geteilt werden. Aus diesem Erfolg ist ein Gewimmel aus Foto-Apps zum Teilen und Bearbeiten der Bilder erwachsen.

Die einstigen Pioniere des Geschäfts mit Kameras stürzte der Aufstieg der Smartphone-Fotografie in eine Krise. Kodak, das einst die erste Kamera für den Massenmarkt gebaut hatte, musste Insolvenz anmelden und Tausende Mitarbeiter entlassen. Jetzt verkauft das Unternehmen Drucker.

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Mobile Flash

Flash iPhone

Quelle: Screenshot

Es ist Apple zu verdanken, dass es eines der größten Ärgernisse von Computernutzern nicht auf Smartphones geschafft hat: Der Flash-Player von Adobe. Damit werden Videos und grafische Animationen im Internet abgespielt. Bekannt ist Flash vor allem für seine Sicherheitslücken.

Auch deswegen weigerte sich Apple, das Programm auf iPhones und iPads zu unterstützen. In einem Brief wetterte Steve Jobs 2010 gegen Flash. Die Technologie sei veraltet, sauge die Batterie leer, habe Sicherheitslücken und laufe schlecht auf Mobilgeräten, schrieb er. Kurz: Flash komme nicht auf Apples Handys. Das hat sich durchgesetzt. HTML, die Layoutsprache, mit der Webseiten gebaut werden, kann seit ihrer Version 5 ebenfalls Videos abspielen. Die funktionieren auch auf Smartphones.

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Diskettenlaufwerk

IMAC IN FNF FARBEN

Quelle: dpa

Mit den knubbelig bunten iMacs von 1998 läutete Apple das Ende des Diskettenlaufwerks ein. Die Maschinen hatten einfach keines mehr. Von der Fachpresse damals stark kritisiert, zogen andere Hersteller bald nach und verzichteten auf die Floppy-Disk.

Ganz vergessen ist die Diskette aber nicht: Als Symbol für "Speichern" hat sie überlebt.

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Gespräch an der Bushaltestelle

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Quelle: Niels P. Jørgensen

Es gab Zeiten, in denen wir an der Bushaltestelle oder auf dem Bahnsteig mit fremden Menschen ins Gespräch kommen konnten. Eine Frage nach der Uhrzeit oder dem Weg, die Antwort gebrummelt oder hilfsbereit erwidert. Man war für einige Minuten gefangen im gemeinsamen Warten.

Inzwischen schauen die meisten beflissen auf ihre Smartphones. Die Geräte versorgen uns dank des mobilen Internets ständig mit Informationen. Sie transportieren uns gedanklich weit weg vom verregneten Morgen und der ständig verspäteten Bahn. Dabei gibt es auch an Bahnhöfen manchmal interessante Dinge zu beobachten: Plakate, eilende Reisende, den Puls der Stadt. Und vielleicht kann man ja jemandem eine Frage nach dem Weg beantworten. Wofür man allerdings in seiner Navigations-App nachschauen muss.

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Plattenladen

Schallplattenladen "Best Records" in München, 2012

Quelle: Catherina Hess

Vinyl war jahrzehntelang das Musikmedium, in den Neunzigern eroberte die CD Plattenregale und Musiksammlungen. Dann wirbelte Apple mit seinem iTunes Store alles durcheinander. 2003 öffnete das Unternehmen seine Download-Plattform für digitale Musik in den USA. In der ersten Woche verkaufte Apple mehr als eine Million digitale Songs.

Musik war fortan nicht mehr auf CD gepresst, sondern in digitaler Form einfach und legal aus dem Internet heruntergeladen. Die CD-Verkäufe, schon aufgrund selbstgebrannter Alben gesunken, brachen rapide ein. Auch Plattenläden, in denen Musikliebhaber stundenlang nach den neuesten Alben stöbern konnten, gibt es nicht mehr viele.

Dabei betrieb Apple in Deutschland nicht den ersten digitalen Plattenladen. Musicload startete schon 2003, Apple öffnete seinen iTunes Store erst im Jahr danach für Nutzer aus Deutschland. Dennoch war es der Konzern, der digitale Downloads jahrelang zum vorherrschenden Musikmedium machte. "Apple hat ein sehr gutes Gefühl dafür gehabt, was man mit dem Internet machen konnte", sagt Jochen Viehof vom Heinz-Nixdorf-Museum in Paderborn. "Als iTunes herauskam, war die Zeit gerade reif dafür, dass man Musikdateien über das Internet herunterladen konnte. Die Datenübertragung war nun schnell genug dafür."

Nun ist schon die nächste Umwälzung im Gange: Streamingdienste sind dabei, die Downloads zu verdrängen. Apple ist mit "Apple Music" wieder mit dabei.

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Finnlands Wirtschaft

Google-Rechenzentren

Quelle: Google / Connie Zhou

Alexander Stubbs Land leidet besonders unter Apples Erfolg. Das sagte der ehemalige Ministerpräsident und jetzige Finanzminister Finnlands 2014 in einem Interview. Erst habe Steve Jobs mit seinem iPhone Nokia und dann mit dem iPad auch noch die Papierindustrie des Landes zerstört und viele Arbeitsplätze vernichtet.

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Geldbeutel und andere Kleinigkeiten

Taschendiebstahl

Quelle: Arno Burgi/dpa

Apple könnte in Zukunft weitere Dinge überflüssig machen, wie zum Beispiel die klassische Brieftasche.

Ans Bezahlen macht Apple sich bereits. Mit dem System Apple Pay können Nutzer in einigen Ländern einkaufen. Die Kreditkartendaten werden per NFC-Funk vom Handy auf das Lesegerät übertragen, Nutzer bestätigen einen Kauf per Fingerabdruck auf dem Sensor ihres Handys. In Deutschland ist Apple Pay bisher nicht verfügbar.

Der Fingerabdruck-Sensor könnte auch Passwörter ersetzen. Darüber, ob Fingerabdrücke sicherer sind als herkömmliche Passwörter, gibt es unterschiedliche Ansichten, denn auch die Sensoren können geknackt werden.

Auch USB-Anschlüsse könnten, wenn es nach Apple geht, bald verschwinden. 2015 stellte das Unternehmen ein Macbook vor, dass nur noch über einen einzigen verfügt. Statt über Kabel sollen andere Geräte per Bluetooth oder WLAN mit dem Rechner verbunden werden.

© SZ.de/mri/jnb/mahu/jab
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