Mark Zuckerberg bei den Cannes Lions 2010:Falsch verbunden

Der Herr über 400 Millionen Facebook-Jünger zeigt sein eigenes Gesicht nur ungern in der Öffentlichkeit. Bei dem größten Werbefestival der Welt in Cannes gab Mark Zuckerberg nun ein Interview.

Conrad Breyer

Mark Zuckerberg ist jung, erfolgreich, aber öffentlichkeitsscheu. Es grenzt an eine Sensation, dass der 26-Jährige in Cannes öffentlich auftritt. Auf dem größten Werbefestival der Welt aber tut er es doch. Er hat keine Wahl.

Mark Zuckerberg, Cannes Lions/Francois Durand

Der Herr des größtes digitalen Netzwerks der Welt: Für die Veranstalter der Cannes Lions ist Facebook-Gründer Mark Zuckerberg die Media-Person des Jahres 2010.

(Foto: Cannes Lions/Francois Durand)

Die Veranstalter der Cannes Lions 2010 haben den Facebook-Gründer zur Media-Person des Jahres gemacht. Eine Auszeichnung, die die Festivalleitung sonst nur für ein Lebenswerk vergibt. In dieser Woche nimmt Zuckerberg die Ehrung an der Croisette entgegen und hat sich, da er nun schonmal da ist, tagsüber für ein Seminar verpflichten lassen.

Herr über 400 Millionen Nutzer

Das International Advertising Festival findet jedes Jahr im Juni in Cannes statt und wird dann zum Mekka für Werber aus der ganzen Welt. Über 8000 Teilnehmer versammeln sich in diesem Jahr an der Côte d'Azur, um gute Werbung zu sehen, die hier mit den berühmten Cannes-Löwen ausgezeichnet wird.

Man trifft sich, feiert, arbeitet aber auch. Die Woche über finden zahlreiche Seminare und Workshops mit den großen Köpfen der Branche statt. Dafür zahlen registrierte Delegierte viel Geld, ein Wochenpass kostet um die 700 Euro.

Heute soll Mark Zuckerberg die Menge inspirieren, Herr über ein digitales Network mit 400 Millionen Mitgliedern weltweit. Im Palais des Festivals, Kinosaal Debussy, stellt sich Zuckerberg den Fragen von Abbey Klaassens, Redakteurin des US-Werbefachmagazins Advertising Age.

Ein Schuljunge, dem Großes widerfahren ist

Seit Stunden stehen die Leute an, um Zuckerberg zu sehen, der Kinosaal ist schnell voll, das Grand Auditorium wird geöffnet, in dem Hunderte Menschen die Debatte zwischen der Redakteurin und dem Facebook-Mann auf dem Bildschirm verfolgen können.

Eine Debatte aber ist das nicht wirklich, die der große Zuckerberg seiner Fangemeinde präsentiert. Schwarzes Shirt, Blue Jeans, Turnschuhe - so tritt der 26-Jährige pünktlich auf die Bühne. Mit seinen blonden Locken und dem glatten Gesicht, den ungelenken Bewegungen wirkt er wie ein Schuljunge, dem etwas Großes widerfahren ist.

Zuckerberg gibt niemals Interviews, jetzt spricht er vor Hunderten. Entsprechend groß müsste seine Aufregung sein. Aber nichts!

Zuckerberg drischt Phrasen, die ganze Zeit. Jeder Satz wirkt weichgespült, seines Inhalts und seiner Substanz beraubt. Welche PR-Schule hat der Mann durchlaufen? Eine Dreiviertelstunde lang geht das so. Zuckerberg spricht schnell, sagt aber nichts.

Facebook und Privatsphäre? Lesen Sie auf der nächsten Seite, wie Mark Zuckerberg kritischen Fragen zum Thema Datenschutz ausweicht.

"Was willst Du werden, wenn Du groß bist?"

Immer wieder versucht die Moderatorin Pointen zu setzen, leitet mit einem Scherz ein. "Marc, was willst Du werden, wenn Du mal groß bist?" Der Mann verzieht keine Miene. Sie redet über den Erfolg von Facebook, fragt nach seinem Geheimnis. "Jeder Mensch auf der Welt hat Familie und Freunde, mit denen er immer connected sein will. Das verbindet uns alle", lautet die Antwort.

"Was ist mit der Privatsphäre bei Facebook? Die stand ja in letzter Zeit immer wieder in der Kritik." Zuckerberg weicht aus: "Heute finden wir es doch wertvoll, Dinge miteinander zu teilen." Die Kultur habe sich da verändert, niemand wolle sich mehr verstecken. "Aber natürlich finden wir den Dialog zu diesem Thema wichtig; wir geben den Usern die Kontrolle."

Ein Dialog, der keiner ist

Zuckerberg spricht viel von Dialog an diesem Nachmittag, aber er sucht ihn nicht. Das Publikum darf keine Fragen stellen, Journalisten dürfen keine Interviews führen.

Neuer Versuch: "Wem gehört Facebook? Uns oder Euch?" - "Wir stellen nur die Systeme, die auch sicher sein sollen." Aha. "Was für eine politische Rolle soll Facebook spielen?" - "Wir schaffen mehr Transparenz, es entstehen auf Facebook viele soziale Bewegungen."

Facebook verändert die Welt, das Kommunikationsverhalten von Millionen Menschen. Es geht um Macht. Zuckerberg aber geht es um Kundenbeziehungen: "Wir wollen unseren Usern und Kunden langfristig die besten Produkte bieten, den besten Service, den besten Value."

Die ersten Zuschauer verlassen früh den Saal.

"Wir müssen unsere Kunden ernst nehmen"

Und natürlich spielt Geld eine Rolle. Auch Facebook muss sich vermarkten. Und im Internet können die Werbungtreibenden ihre Zielgruppen sehr genau bestimmen. "Der Trend geht in Richtung personalisierte Werbung", sagt Zuckerberg. "Man muss die Verbraucher einbeziehen, wir müssen unsere Kunden ernst nehmen."

Man denkt an Ethik, Durchdringung der Privatsphäre, den gläsernen Kunden. Spannende Themen. Aber der Facebook-Chef beschwört nur "neue Produkte, die am Kunden orientiert sind". Was immer das heißt, Abbey Klaassens fragt längst nicht mehr nach.

Ganz am Schluss lacht Zuckerberg einmal. Die Moderatorin will wissen, was er noch so vorhat mit Facebook. "Das will ich nicht sagen." Wie so vieles.

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