Berlin (dpa/bb) - Mit dem Abi in der Tasche verlassen Tausende Berlinerinnen und Berliner diesen Monat die Schule. Wie es danach weitergeht, ist für viele aber keine leichte Entscheidung. Abiturienten hätten eine große Bandbreite an Möglichkeiten, sagt Berufsberaterin Corinna Schwendrau von der Jugendberufsagentur Berlin. „Den Überblick zu behalten, ist, glaube ich, unmöglich.“ In der Beratung treffe sie häufig auf Schüler oder Jugendliche, die auf das Studium fokussiert seien. „Dabei gibt es viele Möglichkeiten für duale Studiengänge, aber auch Ausbildungen, die insbesondere für Abiturienten interessant sein können.“
Abiturient Paul kann sich eine Ausbildung gut vorstellen und würde gerne etwas Handwerkliches machen, wie er der Deutschen Presse-Agentur sagt. Konkrete Pläne habe er aber erst mal so gut wie keine. „Meine Pläne sind, jetzt erstmal herauszufinden, was ich überhaupt machen will“, sagt der 19-Jährige. So wie ihm gehe es vielen seiner Freunde. „Manche gehen reisen.“
Auslandsreisen oft zu teuer
Für viele Abiturienten sind Trips in beliebte Backpacker-Länder wie Australien oder Neuseeland nach Angaben von Schwendrau aber schlicht nicht möglich. „Die meisten können sich das gar nicht finanzieren oder vorstellen, solange aus Berlin wegzubleiben.“ Einige entschieden sich für ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) oder einen Bundesfreiwilligendienst, auch weil das die Aufnahmechancen für Studiengänge mit hohem NC wie Medizin erhöhe.
Nach Angaben des Internationalen Jugendgemeinschaftsdienstes (IJGD), der Freiwilligendienste im In- und Ausland vermittelt, sind vor allem englischsprachige Länder und Länder im globalen Süden beliebt. Wegen der Corona-Pandemie seien 2020 und 2021 keine Freiwilligen ins Ausland entsendet worden, erklärt die stellvertretende Geschäftsführerin, Peggy Coburger.
Im vergangenen Jahr sei die Nachfrage dann deutlich gestiegen und auch im kommenden Zyklus 2024/2025 groß. In der Regel absolvierten die Freiwilligen aber einen Dienst in der Heimatstadt. Im Inland gibt es laut Coburger etwa verstärkt Interesse an Projekten in kulturellen Einrichtungen, der Denkmalpflege oder im Krankenhaus als Vorbereitung auf ein Medizin-Studium.
Uniluft im Orientierungsstudium schnuppern
Die Berliner Abiturientin Naomi Sawadogo hat sich für etwas ganz anderes entschieden. „Ich mache ein Orientierungsstudium an der Freien Universität“, erzählt die 18-Jährige. Sie habe relativ lange überlegt und sei unsicher gewesen, was sie mit der ganzen Zeit anfangen solle. Ein Vollzeitstudium wolle sie erst einmal nicht beginnen, das Orientierungsstudium sei eine gute Zwischenlösung. „Ich brauche doch, glaube ich, ein bisschen Struktur. Aber der Druck ist weg, Prüfungen zu bestehen oder immer da sein zu müssen.“
Beim Orientierungsstudium können Interessierte an Seminaren aus unterschiedlichen Studiengängen teilnehmen. Dabei werden sie von Mentoren begleitet. Nach Angaben eines FU-Sprechers ist das Angebot gut nachgefragt. Für das kommende Semester hätten sich rund 750 Menschen auf die insgesamt 190 Plätze beworben.
Bevor das Programm startet, geht es für Naomi aber erst mal auf Familienreise, Ziel ist die Elfenbeinküste, Heimatland ihres Vaters. „Ein bisschen rauskommen aus dem Alltag wird mir guttun“, sagt die 18-Jährige.
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