Süddeutsche Zeitung

Zentrales Studienplatz-Vergabesystem:Weit mehr als nur ein technisches Ärgernis

Drei Jahre sind Hochschulen, Politiker und Software-Firmen mit dem Start des bundesweiten Bewerbersystems in Verzug. Das bringt viele Bewerber um ihren Studienplatz. Schuld daran haben alle Verantwortlichen, weil jeder sich auf den anderen verlassen hat. Studenten dürften so nicht arbeiten.

Tanjev Schultz

Bachelor-Studenten brauchen nur drei Jahre, um ihren Abschluss zu machen. Wie lange brauchen Hochschulen, Politiker und Software-Firmen, um das Zulassungschaos an den Unis zu beenden? Erneut muss der Start des bundesweiten Bewerbersystems verschoben werden. Man ist bereits drei Jahre im Verzug - eine komplette Studentengeneration ist in dieser Zeit fertig geworden.

Die Pannenserie bei der neuen Software ist weit mehr als nur ein technisches Ärgernis. Sie bringt viele Bewerber um den ersehnten Studienplatz. Denn das derzeitige System ist nicht nur unübersichtlich, sondern höchst ineffizient. Tausende Studienplätze können nur verspätet oder gar nicht vergeben werden, weil es bisher keinen schnellen Abgleich zwischen den Hochschulen gibt. In einer Phase, in der wegen der doppelten Abiturjahrgänge besonders viele junge Menschen an die Unis drängen, wäre ein reibungsloses Verfahren notwendiger denn je. Bildungsministerin Annette Schavan hat den Bewerbern - lang ist's her - eines der weltweit "modernsten" Systeme versprochen. Offenbar waren die Kinder und Enkel der heutigen Abiturienten gemeint. Bis sie groß sind, könnte es den vielen Exzellenz-Universitäten und Spitzen-Informatikern dieses Landes ja vielleicht doch gelingen, die Software zum Laufen zu bringen.

Bis dahin kann man sich fragen, wer so fürchterlich geschlampt hat. Waren es die Unis, die Software-Anbieter, die Bürokraten der "Stiftung für Hochschulzulassung" (früher ZVS) oder Schavan und die Kultusminister? Die Antwort ist ernüchternd: Alle haben sich auf die anderen verlassen. Würden Studenten so arbeiten, würden sie ihren Abschluss nie schaffen. tvs

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Quelle:
SZ vom 17.12.2011
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