Wohnen in Uni-Städten:Ein WG-Zimmer für mehr als 500 Euro

Wohnen in Uni-Städten: Blick auf den Klingelkasten eines Studentenwohnheims des Kölner Studentenwerk.

Blick auf den Klingelkasten eines Studentenwohnheims des Kölner Studentenwerk.

(Foto: Henning Kaiser/dpa)

40 Prozent mehr Studenten, nur fünf Prozent mehr Studentenwohnungen: Kein Wunder, dass die Mieten in Uni-Städten immer weiter steigen. Davon profitieren private Investoren.

Von Benedikt Müller

An der Fachhochschule Kiel geht das neue Semester gerade so richtig los und Felix Bauer will die letzten freien Wohnungen im neuen Studentenwohnheim vermieten. Für 20 Millionen Euro hat seine Firma Deutsche Real Estate Funds (DREF) den Backstein-Neubau gekauft, den ein Hamburger Bauträger Ende März fertiggestellt hat. Gut 200 Studenten können hier einziehen, direkt gegenüber der Hochschule.

Ein Appartement mit 27 Quadratmetern kostet 450 bis 550 Euro pro Monat. "Wir erwarten, dass der Neubau innerhalb von drei Monaten vollvermietet sein wird", sagt Bauer. Das sei kein Selbstläufer, schließlich neigten deutsche Studenten nicht dazu, sich während der Ausbildung zu verschulden. Sie suchen vor allem bezahlbare Zimmer, sagt Bauer. Gleichwohl will seine Firma weiterhin bestehende Studentenwohnheime kaufen und renovieren - sowie in Neubauten investieren.

Denn egal ob am Kieler Ostufer oder am bayerischen Alpenrand: Studentischer Wohnraum ist extrem gefragt. Seit 2007 ist die Zahl der Studenten bundesweit um 40 Prozent gestiegen. Es gibt heute aber nur fünf Prozent mehr Wohnheimplätze als damals, rechnet das Deutsche Studentenwerk vor. "Die Wohnungssituation für Studierende ist in den vergangenen Jahren schwieriger geworden", sagt Generalsekretär Achim Meyer auf der Heide.

30-Quadratmeter-Wohnung in München kostet 580 Euro

Da die Chancen auf einen Wohnheimplatz kleiner werden, bewerben sich Studierende auf Appartements, die auch für Berufsanfänger oder Rentner geeignet wären. "In den großen Städten konkurrieren viele einkommensschwache Gruppen um preisgünstigen Wohnraum", sagt Meyer auf der Heide.

Das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) Köln hat nun ausgerechnet, wie stark sich Wohnungen verteuert haben, die für Studenten geeignet sind: 30 Quadratmeter, mit Einbauküche, nahe der Hochschule. Die durchschnittliche Miete einer solchen Wohnung ist demnach in allen untersuchten Städten gestiegen, am stärksten in Berlin. Dort wird diese Musterwohnung im Schnitt für 386 Euro im Monat angeboten, knapp 30 Prozent mehr als noch 2010. In München kostet sie sogar durchschnittlich 580 Euro, in Frankfurt 505 Euro.

WG-Zimmer in vier Jahren um 100 Euro teurer geworden

IW-Forscher Michael Voigtländer sagt, die steigenden Preise seien von einem allgemeinen Trend getragen: "Immer mehr Singles suchen Wohnungen, nicht nur Studenten und Azubis." Deshalb steige der Bedarf an kleinen Appartements überproportional.

Auch wer statt in einer eigenen Wohnung lieber in einer Wohngemeinschaft lebt, kann dem Kostenanstieg kaum entgehen. Dem Forschungsinstitut Empirica zufolge werden WG-Zimmer in den teuersten Städten heute für fast 100 Euro mehr pro Monat angeboten als noch vor vier Jahren. Am meisten zahlen Studierende demnach in München mit durchschnittlich 530 Euro, gefolgt von Frankfurt und Stuttgart. Für die Studie hat Empirica mehr als 100 000 WG-Inserate zusammengetragen.

Aus Sicht der Studentenwerke verschärfen hohe Wohnkosten die Ungleichheit beim Studieren. "Denn wer zusätzlich erwerbstätig ist, hat weniger Zeit für das Studium", sagt Meyer auf der Heide.

Private Anbieter erwirtschaften hohe Gewinne

Wer sein Zimmer dagegen nicht selbst zahlen muss oder mietfrei in der Eigentumswohnung der Eltern lebt, habe einen großen Vorteil. Deshalb fordern die Studentenwerke, die Länder sollten den Bau öffentlicher Wohnheime stärker fördern. Während einige Länder gar keine Zuschüsse geben, fördert etwa Bayern den Bau eines Wohnheimplatzes mit 32 000 Euro. So ist es möglich, dass Studenten für 240 Euro im Monat in einem nagelneuen Zimmer leben können.

Private Anbieter kalkulieren anders: Wenn sie neu bauen, müssen sie gefragte Grundstücke kaufen und Standards einhalten. In jedem Fall sind sie auf Investoren angewiesen, die gewisse Renditen verlangen. Nachdem etwa die Firma DREF in Stuttgart ein bestehendes Wohnheim gekauft, modernisiert und so umgebaut hat, dass 50 zusätzliche Einheiten entstanden sind, verlangt die Firma heute 400 bis 450 Euro Miete pro Appartement. Das funktioniert, weil genug Studenten das zahlen können und die Nachfrage hoch ist. "Innerhalb von zwei Wochen war das Wohnheim vermietet", sagt Bauer.

Studentenwerke: Viele Angebote richten sich nur an reiche Studenten

Noch sind etwa 85 Prozent der Studentenwohnheime hierzulande in der Hand öffentlicher oder gemeinnütziger Träger. Doch private Investoren gewinnen Anteile. In den vergangenen Jahren haben Firmen wie DREF insgesamt genauso viele neue Plätze geschaffen wie Länder, Kirchen und andere Non-Profit-Akteure zusammen.

Denn gerade in Hochschulstädten steigen Immobilienpreise und Mieten seit einigen Jahren besonders stark. Selbst wenn der Bedarf an Studentenzimmern eines Tages sinken sollte, könnten die Neubauten von heute dann für Singles oder Senioren geeignet sein.

Die Studentenwerke begrüßen zwar, dass private Investoren den studentischen Wohnungsmarkt entlasten. Deren Angebot richte sich aber nur an den reicheren Teil der Studenten. Generalsekretär auf der Heide ärgert es, dass die Politik die Infrastruktur in den Hochschulstädten - trotz absehbarer doppelter Abiturjahrgänge - nicht rechtzeitig ausgebaut hat. "Sowohl die hohe Zahl an Studierenden als auch der hohe Zuzug in die Großstädte waren vorhersehbar."

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