Stuttgart (dpa/lsw) - Der Kommunikationswissenschaftler Frank Brettschneider hält die Bürgerbeteiligung der Landesregierung zur Frage um die Dauer des allgemeinbildenden Gymnasium für eine Chance, die Debatte zu befrieden - auch falls die Politik am Ende nicht den Empfehlungen der Bürger folgen sollte. „Wir sehen in unseren Forschungen, dass den meisten Menschen ein qualitativ hochwertiges Verfahren wichtiger ist als das Ergebnis“, sagte der Professor der Universität Hohenheim bei der Auftaktveranstaltung der Bürgerbeteiligung am Montag in Stuttgart.
Um mit dem Funktionieren der Demokratie zufrieden zu sein, müsse man sich nicht zwingend mit seiner Meinung durchsetzen. „Es ist extrem wichtig, dass man den Eindruck hat, dass das Verfahren fair war. Dann sind sogar einige bereit, zu sagen: Ich akzeptiere ein Ergebnis, das mir nicht gefällt“, sagte Brettschneider.
Derzeit ist in Baden-Württemberg das achtjährige Gymnasium Standard. G9 gibt es nur noch als Modellprojekt an 44 staatlichen Schulen und an einigen Privatschulen. Eine Elterninitiative hatte im November mit der Sammlung von Unterschriften für einen Volksantrag begonnen, mit dem die Eltern die Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium erreichen wollen. Die Landesregierung hatte sich Mitte Juni erstmals offen für eine Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium in Baden-Württemberg gezeigt und ein Bürgerforum angekündigt. Dabei sollen zufällig ausgewählte Bürger ab Herbst über die Zukunft des Gymnasiums debattieren und der Politik am Ende Empfehlungen geben.
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