Trier (dpa/lrs) - Die Papyrus-Sammlung der Universität Trier umfasst rund 1000 Objekte - und reicht von kleinsten Fragmenten bis zu großen Rollen. Um sie noch besser erforschen zu können, werden die antiken Stücke derzeit in einem Projekt bis 2024 aufwendig digitalisiert. Zum Einsatz kommen Hyperspektralkameras, die extrem hochauflösende Scans liefern. „Man kann dann für die Entzifferung bis auf Faserntiefe ranzoomen am PC“, sagte Papyrologie-Junior-Professor Patrick Reinard der Deutschen Presse-Agentur. „Mitunter wird durch diese Scans auch Tinte sichtbar, die sonst mit dem bloßen Auge oder mit der Lupe nicht zu erkennen war. Das ist ein riesiger Mehrwert.“
Ein weiteres großes Plus einer digitalisierten Sammlung sei, dass Forscher Papyri-Teile, die zusammengehörten, an verschiedenen Orten aufspüren und wieder vereinen könnten. „Es gibt die stete Hoffnung, dass man erkennt, diese und jene Fragmente in verschiedenen Sammlungen könnten zusammen gehören“, sagte Reinard, der die Papyrologie an der Uni Trier seit September 2021 führt. So gebe es beispielsweise Texte aus Brüssel und Trier, die nicht nur inhaltlich verwandt seien, sondern auch materiell zusammengehörten.
Papyri entstanden zwischen dem dritten Jahrhundert vor und dem achten Jahrhundert nach Christus in Ägyptisch, aber auch in Griechisch, Lateinisch oder Arabisch, so der Experte. Sie umfassten Dokumente, die „aus dem prallen Leben“ erzählten: Urkunden, Quittungen, Dekrete und persönliche Briefe. „Viele sind in kurzer, einfacher Sprache geschrieben und sind manchmal so etwas wie Whatsapp-Nachrichten der Antike“, sagte er.
Die Vielfalt sei enorm. Es gebe Autoren aus Ägypten, die über Nilpferde schrieben, die ihre Gärten heimsuchten. Andere berichteten von persönlichen Schicksalen, Liebeskummer und Streitigkeiten in der Familie. „Da kann alles Mögliche vorkommen, das ist sehr spannend“, so der Wissenschaftler. Papyri sind handgefertigte Stücke aus der Papyrusstaude, auf die in der klassischen Antike mit einer Tinte aus Rus, Harz der Nilakazie und Wasser geschrieben wurde.
Beim Entziffern der Texte gebe es „ein gewisses Suchtpotenzial“, sagte Reinard. Vor allem, wenn es gelinge, immer mehr Zeilen zu erkennen und dann möglicherweise Texte zusammenzuführen. „Das ist wie Detektivarbeit.“ Jüngst habe man zum Beispiel herausgefunden, dass zu einem kleinen Papyrusfragment in Gießen eine passende linke Hälfte in Kairo liege, die rechte Hälfte sei in Italien.
Bei dem laufenden Projekt „PapyHyp“ in Trier seien bereits mehr als 160 Stücke digitalisiert worden. „Es kommt Schwung auf. Jede Woche digitalisieren wir um die 30 neue Papyri.“ Papyrologie kann man im deutschsprachigen Raum außer an der Uni Trier noch in Heidelberg, Köln und Wien studieren.
Zum Wintersemester gehe in Trier das Nebenfach Historische Papyrologie im Bachelorstudiengang neu an den Start. In Trier gibt es auch ein Masterstudium Papyrologie sowie die Möglichkeit, Papyrologie im Rahmen des Studiengangs Altertumswissenschaften zu studieren.
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