Wegen Vergewaltigungsfällen in seiner Heimat:Professorin lehnt indischen Bewerber für Praktikumsplatz ab

Rekordzahlen an Universität Leipzig

Studenten hören im historischen Hörsaal am Institut für Anatomie der Universität in Leipzig eine Vorlesung.

(Foto: Waltraud Grubitzsch/dpa)
  • Eine Professorin an der Universität Leipzig soll einem Inder einen Praktikumsplatz verwehrt haben mit der Begründung, in seiner Heimat gebe es so viele Vergewaltigungsfälle.
  • Die Frau bestreitet das, eine indische Online-Zeitschrift hat den Mailverkehr jedoch öffentlich gemacht.
  • Sowohl die Leipziger Universität als auch der deutsche Botschafter in Indien haben sich bereits zu dem Fall geäußert.

Kein Praktikumsplatz an Inder?

Eine Leipziger Biochemie-Professorin wehrt sich gegen den Vorwurf, einen indischen Studenten diskriminiert zu haben. Die Naturwissenschaftlerin Annette Beck-Sickinger wies Beschuldigung zurück, sie habe dem Mann wegen der Vergewaltigungen in Indien einen Praktikumsplatz verweigert.

Sie entschuldige sich aber für Äußerungen zu den gesellschaftlichen Verhältnissen in dem Land, hieß es in einer Erklärung, die die Universität Leipzig verbreitete. "Ich habe einen Fehler gemacht", schrieb Beck-Sickinger. Es sei nie ihre Absicht gewesen, Indiens Gesellschaft herabzusetzen.

Was passiert ist

Die Zeitschrift India Today hatte die Vorwürfe in ihrer Online-Ausgabe öffentlich gemacht. Demnach soll die Professorin geäußert haben, sie akzeptiere keine männlichen Studenten aus Indien. Laut dem Mailverkehr, den India Today abbildet, schrieb die Professorin sinngemäß, sie gewähre grundsätzlich keinen männlichen indischen Studenten einen Praktikumsplatz. "Wir hören viel über die Probleme mit Vergewaltigungen in Indien. Ich habe viele Studentinnen in meiner Gruppe und kann diese Haltung daher nicht unterstützen", heißt es in der E-Mail weiter.

Beck-Sickinger erklärte, ihre E-Mail sei zusammengestückelt worden. "Ich habe diese Mail so nicht geschrieben." Es sei nie ihre Absicht gewesen, die indische Gesellschaft zu diskriminieren, betonte die Biochemikerin. "Ich habe überhaupt nichts gegen indische Studenten - im Gegenteil", schrieb Beck-Sickinger. Sie habe den Studenten abgelehnt, da ihre Labore voll besetzt seien. Dies habe der junge Mann jedoch nicht akzeptiert und sie in eine Diskussion über die gesellschaftlichen Verhältnisse in Deutschland und Indien verwickelt. In diesem Zusammenhang habe sie auch das Problem der Vergewaltigungen angesprochen.

Der Student, der bisher anonym geblieben ist, beschwerte sich bei Beck-Sickinger via E-Mail über die "Verallgemeinerung" in ihrer Antwort: "Wenn ich Sie wäre, hätte ich eher gar nicht geantwortet, bevor die Konversation in so eine Richtung geht." In der folgenden Antwort der Wissenschaftlerin ist komischerweise keine Rede mehr davon, dass sie die erste ihrer Mails gar nicht so verfasst habe. Beck-Sickinger schreibt, künftig auf derlei Anfragen nicht mehr Antworten zu wollen. "Nun ist es aber schon zu spät und ich kann nur noch für die Zukunft daraus lernen."

Reaktion des deutschen Botschafters in Indien

Der deutsche Botschafter in Indien, Michael Steiner, stellte in einem Brief an die Wissenschaftlerin klar, Indien sei kein Land von Vergewaltigern. Das indische Außenministerium äußerte sich zunächst nicht. In den sozialen Netzwerken sorgte der Vorgang allerdings für Diskussion und Empörung.

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