US-Hochschulen:Ein bitteres erstes Jahr

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Eine indische Studentin protestiert gegen US-Präsident Donald Trump. (Foto: Jason Connolly/AFP)

Seit Trump Präsident ist, gehen deutlich weniger Ausländer zum Studieren in die USA. Weil ihnen das Geld fehlt, stellen viele Unis Vorzeigeprojekte ein.

Von Viola Schenz

Die Wright State University in Dayton im amerikanischen Bundesstaat Ohio fällt mit ihren gut 17 000 Studenten in die Kategorie kleinere Provinzuni. Dass sie nach den beiden Flugpionieren Orville und Wilbur Wright benannt ist, die hier auf einem Flugfeld experimentierten, macht sie nicht zwingend bedeutender. Für Schlagzeilen sorgt sie selten, derzeit aber tut sie genau das. Die Uni-Leitung hat nämlich beschlossen, die Fächer Italienisch, Russisch und Japanisch einzustellen, zwei Musik-Professoren zu entlassen sowie das recht erfolgreiche Schwimmteam nicht länger zu unterstützen. Der Grund: Im Etat klafft eine Lücke von 30 Millionen Dollar. Das Geld fehlt, weil seine Geber fehlen - Studenten aus dem Ausland. Sie bleiben nicht nur Wright State fern, sondern vielen Hochschulen kreuz und quer in den USA.

Ihre Zahl ging im Herbst 2017 um beachtliche sieben Prozent zurück, wie das für internationalen Studentenaustausch zuständige Institute of International Education (IIE) in New York jetzt bekannt gab. Fast die Hälfte der Universitäten verzeichnet Rückgänge. Betroffen sind nicht so sehr die renommierten an den Küsten, sondern die mittelbedeutenden im Kernland.

Dass internationale Studenten US-Universitäten meiden, scheint vor allem an einer Person zu liegen: Donald Trump. Seine "America first"-Rhetorik und die angekündigten Einreisebeschränkungen für bestimmte Nationen schrecken ab, so das IIE. Studien-Visa sind schwerer zu bekommen, es bleibt unklar, wer zu welchen Bedingungen ins Land darf, ebenso, wer nach dem Examen bleiben darf. Was die Lage der Hochschulen angeht, fällt das erste Jahr Trump schlecht aus.

Auch der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) meldet für 2018/19 mit 336 Bewerbungen nach Nordamerika die niedrigste Zahl seit dem Jahr 2000 und damit einen Rückgang um 17 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Dabei ist Nordamerika nach Westeuropa die wichtigste Zielregion deutscher Studenten. Im internationalen Vergleich sind sie dort allerdings eine Minderheit und belegen im Ranking der Herkunftsländer lediglich Platz 20; ganz oben stehen China, Indien, Südkorea und Saudi-Arabien.

Was im Moment auf dem Spiel steht, ist nicht so sehr der gute Ruf des Studienlands Amerika als vielmehr die Einkünfte seiner Colleges und Universitäten. Die Hochschulen verlassen sich seit Jahrzehnten auf die "foreign students" als sichere Geldquelle, ihre Finanzpläne und Investitionen basieren auf den knapp vier Prozent Ausländern. Die gut eine Million Ausländer, die - noch - amerikaweit eingeschrieben sind, bringen 39 Milliarden Dollar ein. Weil sie fast überall sehr viel stärker zur Kasse gebeten werden als Einheimische - mancherorts müssen sie doppelt so hohe Studiengebühren zahlen -, sind sie auf jedem Campus begehrt. Der Rückgang ist daher bitter. "Die Hochschulen machen sich natürlich Sorgen, das ist für sie ein Riesenproblem", sagt Nina Lemmens, die das DAAD-Büro in New York leitet. Denn gerade in naturwissenschaftlichen und technischen Fächern sind US-Hochschulen auf ausländische Studenten, besonders aus asiatischen Ländern, angewiesen. In manchen Studiengängen stellen sie die Hälfte der Masterstudenten und Doktoranden, so der Hochschulverband National Association of Independent Colleges and Universities. Ohne sie droht solchen Programmen das Aus, wie auch anderen Vorzeigeprojekten. Nicht nur Wright State stampft Fächer ein, auch die Kansas State University stoppt den Italienisch-Unterricht. Die University of Missouri kann sich wegen der Kürzungen ihre Uni-Zeitung nicht mehr leisten.

Auch viele Amerikaner wollen nicht mehr in den USA studieren - und gehen lieber nach Kanada

Trump ist nicht der erste Präsident, der Uni-Kanzlern schlaflose Nächte bereitet. Schon 2001 bekam die Statistik deutliche Dellen, damals sorgte George W. Bushs Einzug ins Weiße Haus für einen Ansehensverlust der USA und ihrer Hochschulen. Bush verschärfte die Visa-Vergabe, weil einige der 9/11-Attentäter über Studenten-Visa ins Land gekommen waren. Gerade bei deutschen Studenten war Bush unbeliebt. Ihre Zahl in Amerika ging laut Statistischem Bundesamt von 10 128 (2000) auf 9613 (2001) zurück. In den folgenden Bush-Jahren schrumpfte sie weiter auf 8656 (2006). Deutsche Studenten entdeckten andere englischsprachige Überseeländer. In Neuseeland stieg ihre Zahl von 237 (2000) auf 1326 (2008), in Australien von 378 (2000) auf 1910 (2008). In Kanada sprang sie in Bushs erstem Amtsjahr von 770 auf 1404. Erst durch den weltweiten Darling Barack Obama versöhnten sich die Deutschen wieder mit Amerika, ihre Zahl kletterte von 9679 (2008) auf 10 169 (2016).

Ob die Trump-Trotzer einen Trend einleiten, ist noch nicht abzusehen. Nina Lemmens glaubt nicht daran, sie sieht die Sache gelassen: "Die Universitäten stehen ja für das weltoffene Amerika. Warum sollten also ausgerechnet sie boykottiert werden?" Dennoch könnten die amerikanischen Unis demnächst noch an anderer Front zu kämpfen haben. Die Zahl der einheimischen Erstsemester in den USA fällt dieses Jahr, demografisch bedingt, um 224 000 Personen oder ein Prozent. Dazu kommt, dass nach Trumps Wahl etliche junge Amerikaner ankündigten, aus Protest nicht in den USA, sondern beim Nachbarn Kanada zu studieren. Dort regiert der junge, hippe ehemalige Snowboardlehrer Justin Trudeau.

© SZ vom 29.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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