Süddeutsche Zeitung

Unesco-Weltbildungsbericht:Die Integration ins deutsche Bildungssystem funktioniert

Lesezeit: 2 min

Das von der Unesco formulierte Ziel ist ehrenwert, aber schwierig zu erreichen: "Bis 2030 für alle Menschen inklusive, chancengerechte und hochwertige Bildung sowie Möglichkeiten zum lebenslangen Lernen sicherstellen." Ob die Welt auf diesem Weg Fortschritte macht, das evaluiert die Organisation jährlich.

"Brücken bauen statt Mauern", so lautet nun der Titel des Weltbildungsberichts 2019 zu Migration, Flucht und Bildung. Deutschland bekommt darin für den Einsatz zahlloser Lehrkräfte, Ehrenamtlicher und Bildungspolitiker eine Menge Lob für seine Bemühungen, Menschen mit Migrationsgeschichte ins hiesige Bildungssystem zu integrieren.

Das Land habe bereits viel erreicht, sagt die Präsidentin der Deutschen Unesco-Kommission, Maria Böhmer. "Eine umfangreiche Sprachförderung, die Möglichkeit der Anerkennung von Qualifikationen für den Arbeitsmarkt sowie zahlreiche Unterstützungsprogramme für Geflüchtete in Deutschland zeigen, dass wir unsere Verpflichtung, hochwertige und chancengerechte Bildung gemäß der Globalen Nachhaltigkeitsagenda sicherzustellen, sehr ernst nehmen." Das komme allen Kindern und Jugendlichen hierzulande zugute.

Besonders die Investitionen in die Sprachförderung zahlen sich laut dem Bericht aus. Deutschland hat seine Mittel hier aufgestockt und stellt unter anderem zusätzlich 800 Millionen Euro für den Zeitraum 2016 bis 2020 für die sprachliche Bildung in Kindertagesstätten zur Verfügung. Das helfe den Kindern später enorm. Geflüchtete mit guten Deutschkenntnissen, Lese- und Schreibfertigkeiten hatten laut Weltbildungsbericht eine um 19 Prozentpunkte höhere Chance auf Beschäftigung und bekamen um 18 Prozent höhere Löhne.

Für besonders wichtig hält es die Unesco, dass Zuwandererkinder in der Schule möglichst schnell gemeinsam mit deutschen Kindern lernen. Aktuell sind etwa 30 Prozent der unbegleiteten Minderjährigen unter 16 Jahren in Deutschland in Sonderprogrammen außerhalb von Regelschulklassen untergebracht. Fast 85 Prozent der über 16-Jährigen unbegleiteten Minderjährigen besuchten Sonderklassen. Die Sonder- oder auch Übergangsklassen vermitteln essenzielle Qualifikationen, insbesondere Sprachkenntnisse, für den Einstieg in den Regelunterricht.

Manos Antoninis, Direktor des Weltbildungsberichts, erklärt: "Separierende Maßnahmen in Ländern mit hohem Einkommen von Frankreich bis Österreich und Deutschland verstärken die Benachteiligung von Einwanderern und Flüchtlingen weiter." Es habe keinen Vorteil, Einwanderer oder Flüchtlinge unterschiedlich zu behandeln. Deutschland sei stark in vielen anderen Bereichen. "Das gemeinsame Lernen aller muss die nächste Aufgabe sein, der sich das Land stellt."

Neben den vielen Aspekten, die im deutschen Bildungssystem sowie auf dem Arbeitsmarkt gut funktionieren, sieht der Weltbildungsbericht eine weitere zentrale Herausforderung. Deutlich sei, dass fehlende Qualifikation noch immer ein Hindernis für viele Geflüchtete auf dem Weg in eine Erwerbstätigkeit ist, sagt Maria Böhmer. "Hier müssen wir weiter in Bildung und Ausbildung investieren und Angebote so weiterentwickeln, dass sie für alle Jugendlichen und jungen Erwachsenen ein Gewinn sind." Besonders fördern müsse man Mädchen und junge Frauen. "Sie haben bisher die größten Schwierigkeiten, in der deutschen Arbeitswelt Fuß zu fassen", so Böhmer.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4218099
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ.de/mkoh
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.