Süddeutsche Zeitung

Türkische Schulen:Deutliche Kritik am Abkommen mit Ankara

In Deutschland sollen drei türkische Privatschulen entstehen, das geht aus einem Bildungsentwurf hervor. Die Bundesländer haben Einwände gegen solche Pläne.

Von Hannes Munzinger und Paul Munzinger

Die Türkei will Schulen in Deutschland gründen, die Verhandlungen mit der Bundesregierung über ein Bildungsabkommen laufen - doch die Skepsis in den Bundesländern ist groß. Mehrere Landesregierungen kritisierten den Entwurf für das Abkommen am Freitag deutlich, nachdem die Süddeutsche Zeitung über die Verhandlungen berichtet hatte. Baden-Württembergs Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) sagte, ihr Ministerium sehe die Pläne kritisch. "Der Entwurf des deutsch-türkischen Schulabkommens, der uns Ländern vorliegt, enthält zahlreiche ungeklärte Punkte, bei denen wir rechtliche Bedenken haben. Wir müssen sehr genau hinschauen, dass das Vorhaben von der Türkei nicht dazu genutzt wird, ideologischen Einfluss auf Schülerinnen und Schüler mit türkischen Wurzeln zu nehmen." Ihre Kollegin aus Schleswig-Holstein, Karin Prien (CDU), bezeichnete den Entwurf als "nicht entscheidungsreif". NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) erklärte, Nordrhein-Westfalen gewähre der Türkei keinen "diplomatischen Rabatt".

Über Lerninhalte müssten die Schulen die Behörden lediglich informieren

Außenminister Heiko Maas (SPD) verteidigte die Pläne: Die Schulen müssten sich an die jeweiligen Bildungsgesetze der Länder halten und von der Schulaufsicht kontrolliert werden, sagte Maas. "Wenn die Schulaufsicht Zugriff hat, dann kann man darüber konstruktiv mit der Türkei sprechen." Der Entwurf des Abkommens formuliert einerseits Bestimmungen für die bereits bestehenden drei deutschen Auslandsschulen in der Türkei sowie andererseits für drei noch zu gründende türkische Schulen in Deutschland. Diese sollen als private Ersatzschulen errichtet werden, staatliche Zuschüsse erhalten und Schüler unabhängig von deren Staatsangehörigkeit aufnehmen. Sie dürfen nach eigenen Lehrplänen unterrichten, die von den zuständigen Behörden geprüft werden müssen. Bis zu einem Drittel des Unterrichts darf in türkischer Sprache stattfinden.

Darüber hinaus können die türkischen Schulen in Deutschland laut Entwurf "mindestens eine Unterrichtsstunde pro Woche pro Fach in türkischer Sprache, Geschichte, Geographie, Religionskultur und Ethik einrichten". Die Lehrkräfte für diese Fächer darf die türkische Seite benennen. Sie müssen die Qualifikationen erfüllen, die die Landesschulgesetze auch von allen anderen Lehrkräften erwarten. Über die Lehrinhalte und Lernmittel dieser Fächer müssen die Schulen die Behörden aber lediglich informieren. Das Gleiche gilt allerdings für die deutschen Auslandsschulen in der Türkei.

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Quelle:
SZ vom 11.01.2020/jerb
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