Süddeutsche Zeitung

Wettbewerb der Schülerzeitungen:Krise? Welche Krise?

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Die Blattmacher-Gewinner liefern trotz Corona-Pandemie Publikationen mit hoher Qualität ab. Statt einer Feier gibt es diesmal aber nur ein Video.

Von Maximilian Gerl

Wo sich im vergangenen Jahr junge Menschen drängten, steht ein einsamer Gitarrist. "Liebe deinen Nächsten oder hast di scho verrennt", singt Luke Mountain - was man programmatisch verstehen darf in diesen Zeiten, die vielen so vieles abverlangen. Auch Schülerzeitungsredaktionen haben die Herausforderungen der Corona-Pandemie zu spüren bekommen. Trotzdem haben sie wieder einmal preiswürdige Zeitungen beim 15. Blattmacher-Wettbewerb von Süddeutscher Zeitung und bayerischem Kultusministerium eingereicht. 21 Redaktionen konnten sich besonders freuen: Sie wurden als beste Schülerzeitungen des Landes ausgezeichnet. Wenn auch diesmal ohne Fest und Feierlichkeiten im SZ-Turm. Stattdessen erfuhren die Gewinner durch einen Film von ihrer Kür.

Das rund 45-minütige Internetvideo ist am besten als kleine Entschädigung zu sehen - genauso wie die Notizbücher, Sattelschoner und Snackboxen, die pünktlich zur Filmpremiere die Redaktionen per Post erhielten. Denn eigentlich ist ja das Schönste an der Blattmacher-Siegerehrung, dass Nachwuchsjournalisten aus unterschiedlichen Regionen und Schulformen aufeinandertreffen. Eine ideale Gelegenheit, um sich etwas für die nächsten Ausgaben abzuschauen und sich inspirieren zu lassen. Dieser persönliche Wissensaustausch fehlt in dieser Runde wegen Corona. Umso mehr bemüht sich der Film, Nützliches und Unterhaltung zu verbinden. Den Auftakt macht Musiker Luke Mountain im leeren Foyer des Münchner SZ-Hochhauses. Danach nimmt SZ-Redakteurin Anna Günther das Publikum mit auf eine Schnitzeljagd, die durch den SZ-Turm und die benachbarte Druckerei bis ins Kultusministerium führt; immer auf der Suche nach jenen goldenen Umschlägen mit den Namen der Sieger darin.

Obwohl alle Zeitungen sehr unterschiedlich sind, ist ihnen doch gemein, dass Corona eine Rolle spielt. Das zeige, wie gut man sich auf verschiedenen Wegen einem Thema nähern könne, sagt Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler). Etwas Ausprobieren, die Initiative ergreifen, und das auf "sehr hohem Niveau": Das gehöre inzwischen zur Schule dazu. Es ist beachtlich, was viele Redaktionen unter besonderen Umständen geleistet haben. Schon in normalen Zeiten recherchieren, schreiben, fotografieren, illustrieren, layouten die Schülerinnen und Schüler irgendwann zwischen Schule, Hausaufgaben und Freizeit. Diesmal fielen Corona-bedingt Redaktionssitzungen aus und Artikelideen weg. In ein paar Fällen fehlte am Ende gar das Geld, um die Zeitung zu drucken. Die Jury behandelte deshalb Print-Ausgaben und E-Paper gleichwertig. Gut 80 Einsendungen aus Bayern hatten sie erreicht. Das waren etwas weniger als 2019, aber für Corona-Zeiten doch überraschend viele.

SZ-Redakteurin Anna Günther.

SZ-Bayernchef Sebastian Beck.

SZ-Blattplaner Simon Reisinger.

Silke Zimmermann (l.), Programmleiterin der Nemetschek Stiftung im Gespräch mit SZ-Redakteurin Anna Günther.

SZ-Vizechef Ulrich Schäfer im Newsroom des Hochhauses.

Kultusminister Michael Piazolo.

Sänger Luke Mountain im leeren Foyer des SZ-Turms in Berg am Laim in München.

Angesichts der Qualität der eingereichten Zeitungen entschieden Nuancen über den ersten Platz in der jeweiligen Schulkategorie. Der Camerjäger (Camerloher-Gymnasium Freising) zum Beispiel setzte den in Krisenzeiten erfrischenden Schwerpunkt Liebe. Die Redaktion des Insiders (FOS/BOS Ingolstadt) deklinierte den Slogan "Time for Change" durch, ohne in Corona-Schwermut zu verfallen. Und der Blog im Blauen Land (Realschule Murnau) zeigte mit mehreren Artikeln pro Woche und einem Podcast, wie viel Potenzial Online-Schülerzeitungen haben.

Die Redaktion gehört zu den Wiederholungstätern im besten Sinne, schon in den vergangenen Jahren mischte sie beim Blattmacher-Wettbewerb vorn mit. Das gilt ebenso für die Hummelnews. Diesmal hob sich die Zeitung der Mittelschule Hummelsteiner Weg in Nürnberg mit dem Sonderthema "Depression" ab. Auch die Heininger Welle (Hans-Carossa-Grundschule Passau) ist für die Jury eine alte Bekannte. Sie fühlte sich durch das "bunte, aber aufgeräumte Layout" sofort zum Lesen eingeladen. Mäxle (Dr. Max-Josef-Metzger-Schule Meitingen) stach mit einem Tabloid-Format hervor, während Sonnenklar (Ludwig-Reinhard-Schule Kaufbeuren) als Mitmach-Zeitung reüssierte. Die Redaktion hatte aus dem Schulalltag Spiele für zu Hause abgeleitet und eine selbst erstellte Hörspiel-CD beigelegt.

Natürlich wäre kein Preis perfekt ohne Gewinn. Für den ist die Nemetschek Stiftung zuständig, die sich der Demokratieförderung verschrieben hat. Sie übernimmt das Preisgeld - je 200 Euro für dritte, 300 Euro für zweite und 500 Euro für erste Plätze. Daneben erwartet die Erstplatzierten ein besonderes Zuckerl, wie Programmleiterin Silke Zimmermann erklärt: Workshops mit SZ-Redakteuren und Coaches sollen ihnen helfen, als Schülerzeitung noch besser zu werden. Als Teil des "Clubs der Besten" müssen sie allerdings ein Jahr pausieren, damit andere die Chance auf den Titel haben. Neu ist, dass sich auch die Sieger der Online-Schülerzeitungen zu diesem Club zählen dürfen. Sie liefen bislang außer Konkurrenz.

Die ungewöhnliche Preisverleihung endet, wo sie beginnt: im fast verwaisten SZ-Foyer. Mit Gitarre, Verstärker und Mundharmonika geleitet Luke Mountain hinaus. Manche Songs hat er extra für den Film komponiert, andere passen einfach so perfekt. "Rundumadum", singt er, "mein Kopf dreht si im Kreis" - nur hoffentlich nicht auch noch nächstes Jahr.

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