Stuttgart (dpa/lsw) - Nach heftiger Kritik von Datenschützern und Protest von Bildungsverbänden will das Kultusministerium auf den Einsatz des Softwarepakets Microsoft Office 365 bei der digitalen Plattform für alle Schulen im Land verzichten. Das kündigte Ministerin Theresa Schopper (Grüne) in einem Schreiben an alle Schulen an, wie die Ulmer „Südwest Presse“ berichtet. Damit folgt Schopper einer Empfehlung des Landesdatenschutzbeauftragten Stefan Brink. Ein Sprecher des Ministeriums bestätigte die Entscheidung.
Allerdings sollen Schulen, die bisher schon Microsoft nutzen, die Software weiter verwenden dürfen, bis eine Gesamtlösung für alle Schulen zur Verfügung steht. Das dürfte nun allerdings noch über ein Jahr länger dauern.
Brink hatte in einer Auswertung eines Pilotprojekts im April von der Nutzung der Produkte an Schulen abgeraten. Er begründete das mit mangelndem Datenschutz für Lehrer, Schüler und Eltern bei dem US-Produkt. Der „Südwest Presse“ zufolge heißt es in Schoppers Schreiben: „Das Kultusministerium hat diese Empfehlung für den Schulbereich akzeptiert und deshalb entschieden, die entsprechenden Komponenten der digitalen Bildungsplattform auszuschreiben, um den Schulen so bald wie möglich eine sichere und datenschutzkonforme Lösung zur Verfügung stellen zu können.“
Die Komponenten müssen nun neu ausgeschrieben werden. Das bedeute nach Einschätzung des Ressorts eine Verzögerung des Projekts um ein bis anderthalb Jahre, schreibt die „Südwest Presse“. Die Plattform sollte eigentlich in diesem Herbst fertig sein.
Das Ministerium schreibt dazu, aufgrund der Fristen des Vergaberechts sei eine Anpassung des Zeit- und Projektplans der digitalen Bildungsplattform notwendig. „Nicht betroffen sind deren bereits vorhandene Bausteine wie Moodle, itslearning, BigBlueButton, Sesam oder Threema. Diese werden wir den Schulen weiterhin zur Verfügung stellen, und perspektivisch sollen diese auch ausgebaut werden“, sagte Bildungs-Staatssekretärin Sandra Boser (Grüne).
Brink erklärte, er werde die Schulen künftig noch intensiver beraten. „Insbesondere bei konkreten Beschwerden, denen wir weiterhin nachgehen werden, möchte ich zunächst gemeinsam mit den Schulen nach möglichen Lösungen suchen. Zugleich wollen wir die Datenschutzkompetenz an den Schulen stärken.“
Bei dem Pilotprojekt war der Einsatz der Plattform in der Kommunikation der Lehrer und für die Schulverwaltung untersucht worden. An MS 365 schieden sich nach Brinks Beobachtung die Geister: Den einen reichten die vom Land bereitgestellten Moodle und weitere Open-Source Produkte nicht aus, andere kritisieren die herkömmliche Software als instabil. Beruflichen Schulen sei es wichtig, dass die Schüler professionelle Produkte nutzten, denen sie später in ihrem Arbeitsleben begegnen.
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