Stuttgart (dpa/lsw) - Zum 100. Geburtstag der ältesten deutschen Waldorfschule ist deren pädagogischer Ansatz von Politikern als Bereicherung des öffentlichen Schulwesens würdigt worden. Stuttgarts Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) lobte bei einem Festakt am Samstag die Reformpädagogik Rudolf Steiners (1861-1925), weil sie auf die ganzheitliche Bildung junger Menschen abziele und keine „Paukmaschinen“ hervorbringe. Der Fokus des Leiters der ersten Waldorfschule auf der Stuttgarter Uhlandshöhe auf Entwicklung nicht nur kognitiver, sondern auch künstlerischer, praktischer und sozialer Fähigkeiten, sei die „Hefe im Reformteig“ des staatlichen Schulwesens.
Nach den Worten von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) finden sich Elemente der Waldorfpädagogik etwa in der Gemeinschaftsschule als einer Schule für alle. Diese Idee hatte der Stuttgarter Unternehmer Emil Molt, der für die Kinder der Arbeiter seiner Waldorf-Astoria AG eine Schule ohne Klassenunterschiede errichtete. „Es war - gemessen an ihrer Verbreitung im In- und Ausland - eine der erstaunlichsten und erfolgreichsten deutschen Bildungsideen des letzten Jahrhunderts“, sagte Kretschmann. Die Schulform sei heute zum Teil Spott ausgesetzt. Doch: „Die Waldorfschulen können auch sehr gelassen mit dem Vorurteil leben, dass man in ihnen vor allem lerne, seinen Namen zu tanzen und Honig zu schleudern.“
Derzeit besuchen laut dem Bund der Freien Waldorfschulen etwa 88 000 Schüler die 245 Freien Waldorfschulen in Deutschland, davon etwa 60 im Südwesten - weltweit gibt es rund 1150. Die klassischen Fächer wie Mathe, Deutsch oder Geografie unterrichtet in der Waldorfschule bis zur achten Klasse ein einziger Lehrer. Es gibt kein Sitzenbleiben und keine Noten - außer bei den staatlichen Abschlussprüfungen.