Studium:Beten, wo sich ein ruhiger Ort findet

Für gläubige TU-Studenten dürfte das künftig bedeuten: Entweder sie vernachlässigen ihre religiösen Pflichten oder ihre studentischen. "Ich bete fünfmal täglich", sagt der muslimische Student. "Wenn ich künftig dafür erst in die Moschee fahren muss, kann ich zwangsläufig manche Lehrveranstaltungen nicht mehr besuchen." Seine Lösung wird voraussichtlich eine pragmatische sein: beten, wo auch immer sich gerade an der Uni ein ruhiger Ort findet. Das könne, so sagt er, auf einem abgelegenen Flur oder zwischen Regalen der Bibliothek sein. Präsident Thomsen findet das in Ordnung: "Ein oder zwei betende Studenten vor einem Büro stören mich nicht." Er empfinde das als Teil "unserer pluralistischen Gesellschaft".

Als staatliche Einrichtungen gilt an Universitäten der Grundsatz des säkularen Staates, Religion und Staat sollen voneinander getrennt sein. Es gibt also keinen Anspruch auf Räumlichkeiten, in denen man beten kann. Dass es Gebetsräume oder Räume der Stille dennoch an vielen Unis gibt, ist ein freiwilliges Angebot.

Während einige Unis dieses nun zumindest vorübergehend zurückgezogen haben, geht man in Köln einen anderen Weg. Dort soll im Juli ein neuer Raum der Stille eröffnet werden - für Menschen jeglichen Glaubens. "Als Uni stehen wir immer im Spannungsfeld zwischen weltanschaulicher Neutralität und Religionsfreiheit", sagt Sprecher Patrick Honecker. Man müsse aber sehen, dass es Menschen gebe, die in der Ausübung ihrer Religion gewissen Zwängen unterworfen seien - etwa Muslime. "Dafür brauchen sie einen entsprechenden Raum."

Vor salafistischen Umtrieben, wie sie 2012 an der Hochschule Bochum aufgetreten waren, haben die Kölner keine Angst. Eine Nutzungsordnung wird klar regeln, was im Raum der Stille erlaubt ist und was nicht. Eine Trennung der Geschlechter etwa, wie sie in Dortmund von Studierenden vorgenommen worden war, sei auch in Köln nicht hinnehmbar, sagt Honecker.

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