Studium:Bologna-Reform kommt bei Hochschülern besser an

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Gute Nachrichten, ausnahmsweise: Das Deutsche Studentenwerk und das Bundesbildungsministerium haben in ihrer Sozialerhebung auch die Bologna-Studienreform bewertet. (Foto: dpa)

Gestiegener Leistungsdruck, hohe Stoffdichte, fast jede Semesterleistung zählt - und doch: Die Studierenden scheinen sich einer Studie zufolge an die Auswirkungen der Bologna-Reform gewöhnt zu haben. Bedenklich niedrig bleibt die Quote der Auslandsaufenthalte.

Es ist die Vermessung des Durchschnittsstudenten: Alle drei Jahre veröffentlichen das Deutsche Studentenwerk und das Bundesbildungsministerium ihre Sozialerhebung. Der Schwerpunkt liegt auf dem Blick ins studentische Portemonnaie; doch auch für die Bewertung der Bologna-Studienreform liefert die Studie Impulse. Und sogar gute Nachrichten. Ausnahmsweise.

Inzwischen ist die Mehrheit der Studiengänge auf Bachelor und Master umgestellt. Das Lernen im Akkord und die hohe Stoffdichte nach der Einführung vor allem des Sechs-Semester-Bachelors hält sich inzwischen ein wenig in Grenzen. Ein "Normal-Student" verbringt pro Woche 18 Stunden in Lehrveranstaltungen, 17 Stunden benötigt er für das Selbststudium, etwa Lernen. Das ist eine Stunde weniger im Hörsaal als 2009. Allerdings haben fast zwei Drittel der Befragten einen Nebenjob, so dass im Schnitt ihre wöchentlichen Arbeitszeit über der durchschnittlicher Angestellter liegt. 48 Prozent der Befragten erachten die zeitliche Belastung in ihrem Studium als hoch oder zu hoch. Im Vergleich zur letzten Erhebung ist dieser Anteil deutlich gesunken, um acht Prozentpunkte.

Das kann daran liegen, dass nach den Studentenprotesten 2009 Korrekturen der Bachelor-Programme stattfanden, so wurden mancherorts starre Stundenpläne entschlackt, Präsenzpflichten mitunter gelockert. Die Autoren schreiben: Insbesondere die ersten Bachelor-Studenten seien wohl "mit Anforderungen konfrontiert gewesen, die zu hoch oder einfach unklar waren und damit als belastend empfunden wurden". Das ist auch so zu deuten: Die Studenten finden sich allmählich mit dem Modell ab, sie sind es zunehmend gewohnt, dass fast jede einzelne Leistung im Semester für die Abschlussnote relevant ist.

Kinder von Nicht-Akademikern fürchten Kosten des Auslandsaufenthalts

Bedenklich ist dagegen die Quote der Auslandsaufenthalte. Sie stagniert im Vergleich zu 2009 bei 30 Prozent. Der Bund hatte 2012 die Zielmarke bekräftigt, dass "mittelfristig" die Hälfte eines Jahrgangs studienbezogene Auslandserfahrung sammeln soll - Auslandssemester, Sprachkurse, Praktika. Die Studie bemängelt, dass Zeitfenster für Mobilität kaum in Studiengängen eingeplant seien.

Ein positiver Trend zeigt sich aber bei der Anrechnung von Leistungen. Früher beklagten Rückkehrer oft, dass fremde ECTS-Punkte (die offizielle Bologna-Währung) von heimischen Professoren mit Argwohn betrachtet werden. An Unis werden mittlerweile laut Studie für 73 Prozent, an Fachhochschulen für 90 Prozent der Auslandsstudienphasen ECTS-Punkte angerechnet.

Hindernis für Mobilität bleibt die soziale Ungerechtigkeit des Systems, diese zieht sich wie ein roter Faden durch die mehr als 600 Seiten starke Studie. Studenten, deren Eltern Akademiker sind, gehen mehr als doppelt so häufig in die Ferne wie ihre Kommilitonen aus niedriger gebildeten Familien. Zwei Drittel aller Befragten ängstigen sich vor den Kosten des Auslandsaufenthalts. Falls dieser doch stattfindet, ist das Lieblingsziel Großbritannien; dahinter folgen: die USA, Frankreich, Spanien.

© SZ vom 01.07.2013/ojo - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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