Süddeutsche Zeitung

Studieren in Europa:Fünf Alternativen zu Erasmus

Erasmus ist Schwarzbrot, die Sahnehäubchen gibt's woanders. In anderen Stipendien und Förderangeboten steckt einiges, was das Bildungsprogramm der EU nicht zu bieten hat. Fünf Tipps, um Europa auch ohne Erasmus kennenzulernen.

Sabrina Ebitsch

Große Auswahl für gute Noten: Der Deutsche Akademische Auslandsdienst (DAAD) hat sich der Förderung des internationalen Austausches von Studenten und Wissenschaftlern verschrieben: Er fördert Auslandsaufenthalte in der ganzen Welt und auch in Europa von Andorra bis Zypern. Stipendien gibt es für die verschiedensten Zielgruppen, Fachbereiche und Vorhaben. Neben dem klassischen Auslandsjahr in einem der strukturierten Programme bietet der DAAD über Promos auch die Möglichkeit, kürzere Auslandsaufenthalte, Praktika und Sprachkurse auf eigene Faust zu machen. "Die Promos-Stipendien sind eine großartige Möglichkeit für diejenigen, die sich ihren Auslandsaufenthalt selbst organisieren", sagt der Autor und Hochschulberater Sebastian Horndasch.

Die Höhe der Förderung richtet sich nach dem Zielland. Für Irland sind es beispielsweise 675 Euro monatlich, für Russland 925 Euro. Über monatliche Überweisungen für die Lebenshaltungskosten hinaus unterstützt der DAAD seine Stipendiaten mit Zuschüssen zur Krankenversicherung und einer Unfall- und Haftpflichtversicherung. Auch die Kosten für Reise, Sprachkurse und Studiengebühren werden teilweise übernommen. Suchen können Interessierte in der Stipendiendatenbank des DAAD.

Der DAAD bietet seinen Stipendiaten viel - über die Förderung hinaus auch noch ein hohes Renommee, das mit den Stipendien verbunden ist. Das gründet sich nicht zuletzt darauf, dass der DAAD die akademische Elite - das beste Drittel eines jeden Jahrgangs - fördern will und Bewerber im Auswahlverfahren einige Hürden bewältigen müssen. Sehr gute Studienleistungen und Sprachkenntnisse sind ebenso Voraussetzung wie ein "Persönlichkeitsprofil, das erwarten lässt, der Stipendiat werde der ihn fördernden Gesellschaft direkt oder indirekt etwas vom Ertrag des Stipendiums zurückgeben".

Zu den Bewerbungsunterlagen gehören neben dem Abizeugnis und Leistungsnachweisen im Studium noch Gutachten, Lebenslauf und ein Motivationsschreiben. Nach der schriftlichen Bewerbung folgt in der Regel ein Auswahlgespräch vor einer Prüfungskommission. Nicht nur wegen des recht aufwändigen Bewerbungsverfahrens sollten Interessierte ausreichend Vorlauf von etwa anderthalb Jahren einplanen. "Beim DAAD sind die der Deadlines sehr früh, oftmals weit vor dem Bewerbungsschluss für Master oder Auslandssemester. Wer sich hier früh kümmert, ist eindeutig im Vorteil", sagt Horndasch.

Weitere Informationen zum DAAD finden Sie hier.

Während viele Stiftungen ihre Stipendiaten bei Auslandsaufenthalten in erster Linie finanziell unterstützen, bietet das Programm "Metropolen in Osteuropa" auch eine intensive ideelle Förderung etwa durch Sprachkurse und Ansprechpartner vor Ort. Gemeinsam aufgelegt haben das Stipendienprogramm die Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung und die renommierte Studienstiftung des deutschen Volkes.

Studenten sollen die Stipendien, die 2004 in Reaktion auf die EU-Erweiterung eingerichtet wurden, ermöglicht werden, ein osteuropäisches Land genau zu erleben und kennenzulernen. Dazu gehören ein Intensivsprachkurs, wenn die Stipendiaten die Landessprache noch nicht beherrschen, sowie studienbegleitender Sprachunterricht bei Bedarf. Die Stipendiaten schreiben sich an einer Hochschule ihrer Wahl ein, studieren dort oder treiben eigene Forschungsvorhaben voran. Im Anschluss an den Studienaufenthalt besteht die Möglichkeit, ein Praktikum in einem Unternehmen oder einer Organisation des jeweiligen Landes zu absolvieren.

"Das Programm ist deshalb besonders attraktiv, weil Ort, Dauer und Form des Auslandsaufenthalts - also die Kombination von Sprachkurs, Studium, Forschungsaufenthalt oder Praktikum - für die Stipendiaten frei wählbar sind", sagt die Studienberaterin Angela Verse-Herrmann. Die Studienstiftung bietet außerdem während des einjährigen Auslandsaufenthaltes ein Netz von Ansprechpartner vor Ort. An finanzieller Förderung sieht das Programm ein monatliches Stipendium von 750 Euro vor, dazu Mobilitäts- und Reisekostenpauschale sowie Übernahme der Studiengebühren.

Das Programm "Metropolen in Osteuropa" steht grundsätzlich allen offen: Weder muss man dafür Stipendiat der Studienstiftung oder Slawist sein noch ein bestimmtes Fach mit einem bestimmten Abschluss studieren. Auch Sprachkenntnisse sind keine Voraussetzung.

Erwartet werden allerdings überdurchschnittliche Studienleistungen und ein großes Interesse am Gastland. Auch auf Engagement jenseits der Uni etwa im Ehrenamt legt die Studienstiftung Wert. Zu den Bewerbungsunterlagen gehören neben dem Antragsformular, in dem Interessenten auch ihre Motivation für das Programm darlegen müssen, Zeugnisse, Gutachten und ein Lebenslauf. Bei einem Auswahlseminar mit Gruppendiskussionen und Vorstellungsgesprächen werden dann die künftigen Stipendiaten bestimmt.

Frankreich und Großbritannien gehören zu den beliebtesten Reisezielen deutscher Erasmus-Stipendiaten. Aber während Erasmus eine Autobahn ist, auf der viele europäische Studenten unterwegs sind, gibt es in diesen zwei Ländern auch noch First-Class-Förderprogramme für Überflieger.

Für Großbritannien vergibt der Rhodes Trust das Rhodes Scholarship für ein weiterführendes Studium an der Universität Oxford, das zu den renommiertesten Stipendien weltweit zählt. Stipendiat war beispielsweise der ehemalige US-Präsident Bill Clinton.

Das Rhodes-Stipendium richtet sich an Bewerber aus den Commonwealth-Staaten, den USA und Deutschland. Neben hervorragenden Studienleistungen wird auch auf Charakterstärke und Persönlichkeitsentwicklung Wert gelegt. Die Kandidaten werden in einem zweistufigen Bewerbungsverfahren bestehend aus einer Vorauswahl auf Basis der schriftlichen Bewerbungsunterlagen sowie einem Vorstellungsgespräch ausgewählt. Dafür bietet der Rhodes Trust die Übernahme sämtlicher Studiengebühren, ein monatliches Stipendium von etwa 1000 Pfund sowie die Teilnahme an Veranstaltungen und Austausch mit Alumni.

Die École Normale Supérieure (ENS) ist eine der renommiertesten Hochschulen Frankreich, an der unter anderen Simone de Beauvoir, Jean Paul Sartre und Michel Foucault studiert haben. Seit 1999 nimmt die ENS auch ausländische Studenten auf und vergibt Master-Stipendien in Höhe von etwa 1000 Euro monatlich für die Dauer von zwei bis drei Jahren. Ein Zimmer auf dem Campus sowie ein Tutorenprogramm gehören ebenfalls zum Stipendium. Voraussetzung sind sehr gute Studienleistungen und, dass die Bewerber jünger als 26 Jahre sind. Nach einer schriftlichen Bewerbungsrunde wird eine Vorauswahl auf Basis von Motivationsschreiben und Studienleistungen getroffen; danach folgt eine Aufnahmeprüfung mit persönlichen Gesprächen und schriftlichen Tests.

Anders als Erasmus, der DAAD oder die Studienstiftung des deutschen Volkes ist die Schwarzkopf-Stiftung kaum bekannt. Sie hat sich der politischen Bildung, der Völkerverständigung in Europa und der "Stärkung des europäischen Gedankens" verschrieben. Die kleine Stiftung bietet neben Vorträgen, Seminaren und Treffen mit Botschaftern, Politikern und Wissenschaftlern auch Reisestipendien in Höhe von 550 Euro an.

Durch sie haben junge Menschen zwischen 18 und 26 Jahren die Möglichkeit, Europa unabhängig von Studium, Praktikum oder Job kennenzulernen - einfach durchs Unterwegssein. Die Reise ist dabei einem bestimmten, selbst gewähltem Thema gewidmet: Die Stipendiaten beobachten, untersuchen und reflektieren aktuelle politische oder kulturelle Entwicklungen - insbesondere mit Blick auf die Beziehungen des jeweiligen Landes zur EU.

Die Stipendiaten planen ihre Tour selbstständig und reisen dann drei bis sechs Wochen lang durch europäische Länder. Nach ihrer Rückkehr haben sie drei Monate Zeit, um in einem ausführlichen Reisebericht ihre Erkenntnisse und Erfahrungen darzulegen.

Die Stipendien der Schwarzkopf-Stiftung zeichnen sich nicht nur dadurch aus, dass sie anders als die üblichen Förderangebote für das Reisen selbst vergeben werden. Auch die Bewerbung bei einer kleinen Stiftung bietet Vorteile. "Oftmals lohnt sich die Bewerbung bei weniger bekannten Förderern wie der Schwarzkopf-Stiftung: Durch die geringere Bewerberzahl stehen die Chancen für qualifizierte Studenten hier besonders gut", sagt der Autor und Hochschulberater Sebastian Horndasch.

Interessenten bewerben sich mit Anmeldeformular und Lebenslauf bei der Stiftung. Zu den Unterlagen gehören außerdem eine Darstellung des Arbeitsthemas mit Begründung der Wahl des Reiselands sowie ein Plan zur Reiseroute und zur Umsetzung des Themas.

Bafög kennt jeder Student. Aber dass monatlichen Überweisungen nicht an der deutschen Grenze enden, wissen die wenigsten. Wer im Ausland studieren oder dort ein Praktikum machen will, kann Auslandsförderung beantragen. Und die Chancen stehen gut, denn zum einen gibt es Auslandsbafög anders als Stipendien unabhängig von den Studienleistungen.

Und zum anderen haben bei der Förderung von Auslandsaufenthalten auch die Chancen, die zu Hause kein Bafög bekommen: Weil die Kosten höher sind, werden andere Kriterien zu Grunde gelegt, so dass nicht nur mehr Studenten in die Förderung rutschen, sondern auch mehr ausgezahlt wird.

Gefördert werden fachbezogene Studienaufenthalte, ganze Studiengänge im Ausland sowie Pflichtpraktika, die der Studiengang an der Heimathochschule vorsieht. Wer also nicht die Top-Noten für ein renommiertes Stipendium hat oder keine Lust auf aufwändige Bewerbungsverfahren, kann Auslandsbafög beantragen. Das Bildungsministerium empfiehlt, das etwa ein halbes Jahr vor der geplanten Abreise zu tun, damit eine zeitnahe Auszahlung gewährleistet ist. Wer auf die Förderung angewiesen ist, sollte einen Antrag auf Vorabentscheid stellen - dann teilt einem das Amt frühzeitig mit, ob man mit Bafög rechnen kann oder sich nach anderen Finanzquellen umschauen muss.

Aufpassen muss man bei der Antragstellung selbst, weil hier nicht die Bafögämter zuständig sind, bei denen die Anträge für das Inlandsbafög eingereicht werden, sondern spezielle Auslandsämter. Abhängig von der Zielregion ist eine andere Behörde zuständig. Achtung: Auch, wer bereits Bafög bezieht, muss für Auslandsaufenthalte noch einmal einen extra Antrag stellen, die Überweisungen laufen nicht automatisch weiter. Eingereicht werden die auch für das Inlandsbafög nötigen Unterlagen (Formblatt zur Antragstellung, bisheriger Werdegang etc.) sowie das "Zusatzblatt für eine Ausbildung im Ausland".

Die Höhe der Förderung für Auslandsaufenthalte entspricht grundsätzlich der im Inland. Hinzu kommen aber Zuschläge für Reisekosten und Versicherung; auch Studiengebühren bis zu 4600 Euro pro Jahr werden übernommen. Weitere Zuschüsse gibt es für Aufenthalte außerhalb der EU und der Schweiz.

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