Studienplatzvergabe in den USA:Zu weiß für die Uni?

The Supreme Court Hears Hears Affirmative Action Case Regarding Admissions To Texas University

Die Amerikanerin Abigail Fisher wirft einer Uni vor, sie abgelehnt zu haben, weil sie weiß sei.

(Foto: AFP)

Abigail Fisher wirft einer Uni in Texas vor, sie wegen ihrer Hautfarbe abgelehnt zu haben. Das oberste US-Gericht ist nun einem Urteil ausgewichen und hat die Klage an die vorherige Instanz zurückgewiesen. Doch es geht in diesem Fall um weit mehr als eine einzelne Studentin - die Förderung von Minderheiten an amerikanischen Hochschulen steht auf der Kippe.

In der umstrittenen Frage der Bevorzugung von ethnischen Minderheiten bei der Studienplatzvergabe in den USA ist der Oberste Gerichtshof in Washington einer weitreichenden Entscheidung ausgewichen. Der Supreme Court verwies am Montag die Klage einer weißen jungen Frau gegen die University of Texas zurück an die Vorinstanz. Abigail Fisher wirft der Uni vor, sie 2008 abgelehnt zu haben, weil sie weiß sei.

Die heute 23-jährige Fisher argumentiert, dass Studenten aus Minderheitengruppen mit ähnlichen Highschool-Abschlussnoten und Testergebnissen wie sie an der Uni zugelassen worden seien. Das sei eine Diskriminierung wegen ihrer Hautfarbe und verstoße gegen die US-Verfassung.

Ob der Auswahlprozess an der staatlichen University of Texas at Austin gegen das Diskriminierungsverbot verstoße, muss nun erneut vom Bundesberufungsgericht in New Orleans überprüft werden. Der Supreme Court urteilte, die unteren Instanzen hätten bei der Beurteilung des Falls bisherige Grundsatzurteile des Obersten Gerichts nicht genügend berücksichtigt. Die Obersten Richter wiesen das zuständige Bundesberufungsgericht in New Orleans an, das Auswahlverfahren an der University of Texas genauer zu untersuchen.

In dem Rechtsfall geht es nach Ansicht von Experten nicht nur um das Zulassungsverfahren der Universität von Texas. Auf dem Prüfstand steht eine jahrzehntelange Praxis von Hochschulen, bei Zulassungen neben Noten auch die ethnische Zugehörigkeit zu berücksichtigen. Diese Fördermaßnahme für Minderheiten ist als "Affirmative Action" bekannt - und seit langem heftig umstritten.

Ursprünglich wurde die Maßnahme als eine Art Gegengewicht zu Diskriminierungen von Schwarzen verstanden. In der jüngeren Vergangenheit gilt die Praxis vor allem als ein Mittel, ethnische Vielfalt an Universitäten und Arbeitsplätzen sicherzustellen. Einer neuesten Umfrage des TV-Senders CNN zufolge lehnen 68 Prozent der Amerikaner eine Sonderbehandlung ab.

Es ist nicht das erste Mal, dass sich der Supreme Court mit der Rechtmäßigkeit der "Affirmative Action" beschäftigt. So wandte sich das höchste Gericht 1978 in einem bahnbrechenden Urteil zwar gegen Quotenregelungen, räumte aber den Universitäten das Recht ein, die Ethnien bei Zulassungen mit ins Kalkül zu ziehen. In einem Rechtsstreit 2003, in dem es um die Praktiken an der University of Michigan ging, bestätigte das neunköpfige Richtergremiun die Linie. Aber es klang schon differenzierter. "Studenten-Vielfalt liegt im zwingenden Interesse der Bundesstaaten und kann die Berücksichtigung der Rasse bei Universitätszulassungen rechtfertigen", hieß es damals in der Urteilsbegründung.

Perfekte Gelegenheit für konservative Aktivisten

Befürworter der "Affirmative Action" glauben, dass es im vorliegenden Rechtsfall gar nicht direkt um Abigail Fisher geht. Ihr Name tauche in der umfassenden Klageschrift nur fünfmal auf, hebt "ProPublica" hervor, eine Organisation für investigativen Journalismus. Konservative politische Aktivisten hätten seit Längerem auf eine Gelegenheit gewartet, "Affirmative Action" auszuschalten - auf ein perfektes "Opfer": intelligent, fleißig, strebsam - und sehr weiß.

Abigail arbeitete hart, belegte in der Highschool neben dem vorgeschriebenen Unterricht viele freiwillige Kurse. Seit dem zweiten Schuljahr, so die junge Frau, sei es ihr Traum gewesen, wie ihr Vater und ihre Schwester an der "Texas" zu studieren - dem "Kronjuwel der texanischen Universitäten", wie es in US-Medien heißt.

"Es gab Leute in meiner Klasse mit schlechteren Noten, die nicht so viele Aktivitäten aufzuweisen haben wie ich, die aber zugelassen wurden", sagt Abigail in einem Youtube-Video. "Der einzige andere Unterschied zwischen uns war die Farbe unserer Haut." Die University of Texas at Austin verweist darauf, dass ihre Zulassungspraktiken den bisherigen richterlichen Vorgaben folgten. Sie argumentiert auch, dass im Fall Abigail die Hautfarbe nur ein geringfügiger Faktor gewesen sei. Die Noten und Testergebnisse der jungen Frau hätten schlicht für eine Zulassung nicht ausgereicht.

Die Uni folgt einem bestimmten System: Akzeptiert werden automatisch alle Studenten, die in ihrer jeweiligen Klasse zu den zehn Prozent mit den besten Highschool-Abschlussnoten gehören. Das macht bereits gut 90 Prozent aller Studienplätze aus. Die restlichen werden nach einer Reihe von Kriterien vergeben: Führungsqualitäten, Dienst für die Allgemeinheit, aber auch besondere Umstände wie das Aufwachsen mit nur einem Elternteil und - die ethnische Zugehörigkeit.

Auf der Nachrichtenseite The Atlantic Wire heißt es dazu, dass Fisher auch dann nicht an der University of Texas angenommen worden wäre, wenn sie einer Minderheit angehört hätte. Zwar seien tatsächlich Studenten mit schlechteren Noten und Testergebnissen als Fisher zugelassen worden. Davon seien aber 42 weiß gewesen - und nur fünf Schwarze oder Latinos.

Abigail hat inzwischen an einer anderen Uni studiert und arbeitet der New York Times zufolge bei einem Finanzunternehmen.

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