Studienkredite:Probleme auf Pump

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Studierende, die ungestört büffeln wollen, ohne hinter dem Kneipentresen stehen zu müssen, sind immer öfter auf Darlehen angewiesen. Doch der schnelle Geldsegen hat seine Tücken: vor allem, wenn es ans Rückzahlen geht. Ein Blick ins Kleingedruckte.

Von Ralf Steinbacher

Die junge Frau war im vierten Semester, als sie schwanger wurde. Weiterstudieren? Zunächst nicht möglich. Nun hatte sie ihr Studium abgebrochen und stand auch vor einem Schuldenberg: 20 000 Euro an Bafög und auch Krediten. "Das konnte sie natürlich nicht zurückzahlen", sagt Mike Böse, Sozialberater beim Studentenwerk Kassel, "sie musste Hartz IV beantragen." Von den Schulden kam die Frau so freilich nicht weg, im Gegenteil: Die Zinsen für den Kredit liefen weiter auf. Böse kennt einige solcher Fälle. "Ich sage immer: Bei einem KfW-Kredit sind nur die Zinsen garantiert, aber eine Jobgarantie gibt es nicht."

Gut 60 000 Verträge für Studienkredite sind 2014 abgeschlossen worden. Mehr als 90 Prozent der Studenten entschieden sich für zwei staatliche Anbieter: Einmal ist da der KfW-Studienkredit, der bis zu 650 Euro im Monat auszahlt. Und der Bildungskredit des Bundesverwaltungsamtes über maximal 7200 Euro soll Leuten in höheren Semestern helfen, für den Abschluss lernen zu können, statt in der Kneipe jobben zu müssen. Banken und Sparkassen bieten Kredite an, ebenso Studentenwerke. Bildungsfonds sind anders gestrickt: Anleger kaufen dabei Anteile solcher Fonds, die dann ausgewählte Studierende fördern.

Vor allem Studienabbrecher können mit einem Kredit schnell in die Bredouille geraten. Ulrich Müller, der 31 Kredite für das Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) analysiert hat, warnt: "Manche Anbieter wollen das Geld sofort sehen." Für den, "der nicht weiß, ob er ein Studium abschließt, ist ein Kredit die falsche Wahl". Man studiere schließlich auf einen Job hin, mit dem man den Kredit zurückzahlen möchte. "Wenn es geht", rät der CHE-Forscher, "sollte man einen Studienkredit vermeiden."

Kredite seien nicht grundsätzlich schlecht, viele Menschen könnten nur mithilfe eines Darlehens ihr Studium abschließen, betont Müller. Aber eben nicht jedes Angebot passe zu jedem Studenten. Zum Beispiel sollten von Beginn an feste Zinssätze für die Rückzahlungsphase vereinbart werden. "Die größte Gefahr geht aber nicht von den Angeboten aus, sondern von der falschen Nutzung." So solle man nie einen Studienkredit in Anspruch nehmen, nur um sich mehr gönnen zu können. Und: Bevor man einen Vertrag unterschreibe, solle man prüfen, ob man ein Stipendium ergattern könne oder doch Anspruch auf Bafög habe.

Den Tipp hält auch Jens Müller-Sigl, Studienfinanzierungsberater des Studentenwerks Oldenburg, für zentral. Eine Hälfte des Geldes bekommt der Student beim Bafög geschenkt, die andere als Staatsdarlehen. Das müsse er aber erst fünf Jahre nach Studien-Ende in kleinen Raten zurückzahlen - und auch nur bis zum Maximalbetrag von 10 000 Euro. Und wer kein Bafög bekommt? Der soll laut den Experten zumindest nicht das ganze Studium auf Pump finanzieren. Bis zum 25. Lebensjahr werde Kindergeld gezahlt, man könne jobben, vielleicht Eltern oder Großeltern um Hilfe bitten. Wenn es ohne Darlehen nicht geht, dann rät Müller-Sigl zum KfW-Kredit, weil der in der Rückzahlungsphase flexibel sei. Da betrage die kleinstmögliche Rate nur 20 Euro, werde aber zwischen Studierendem und der Förderbank abgestimmt. Von Vorteil sei, dass man auch höhere Summen zurückzahlen könne - so spare man Zinsen.

Auch wenn der Student das Studium abbricht, rutsche er automatisch in eine Karenzphase, in der nichts zurückgezahlt werden müsse. Wer danach noch keinen Job habe, könne mit dem Arbeitslosengeld-II-Bescheid eine Stundung beantragen. "Für maximal 24 Monate, dann sollte man Raten vereinbaren, weil ja auch die Zinsen weiterlaufen", so Müller-Sigl.

Bei Bildungsfonds rät Müller-Sigl zur Vorsicht und schildert den Fall eines Abbrechers, der die Förderung innerhalb kürzester Zeit habe zurückzahlen müssen. Auch mit Abschluss kann es unerfreulich werden, weil sich die Rückzahlung nach dem Einkommen berechne. "Wenn es hoch ist, kommen Zinssätze von zehn bis 15 Prozent zusammen."

© SZ vom 18.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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