Süddeutsche Zeitung

Studienfinanzierung:Wie viel dürfen Studenten während der Vorlesungszeit arbeiten?

Wer nicht mitrechnet, stößt schnell an die zulässigen Grenzen - und zahlt drauf.

Fragen und Antworten von Ina Reinsch

Als Maria Thomas einen Studentenjob an der Akademie der Deutschen Medien angeboten bekam, überlegte sie nicht lange. "Elf Stunden Arbeit pro Woche auf Minijob-Basis - das hat für mich genau gepasst", sagt die 24-Jährige. Sie ist an der Ludwig-Maximilians-Universität München im Masterstudiengang Buchwissenschaft eingeschrieben. Allein für ihr WG-Zimmer zahlt sie 575 Euro Miete im Monat. Obwohl sie von ihren Eltern unterstützt wird, funktioniert das ohne Zusatzverdienst nicht.

So wie Maria Thomas geht es den meisten Studierenden in Deutschland: 2,8 Millionen junge Menschen waren laut Statistischem Bundesamt im Wintersemester an deutschen Hochschulen eingeschrieben. 62 Prozent von ihnen sind erwerbstätig. Das ergab die letzte Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks. Mehr als die Hälfte jobbt nicht zum Vergnügen, sondern benötigt den Verdienst zur Finanzierung des Lebensunterhalts.

Am häufigsten arbeiten laut Sozialerhebung Studierende der Sonderpädagogik, 79 Prozent haben hier einen Job. Bei den Wirtschaftswissenschaftlern sind es 63 Prozent, von den angehenden Juristen verdienen nur 52 Prozent nebenher Geld. Das Schlusslicht bilden die Humanmediziner (49 Prozent) sowie angehende Physiker und Astronomen (45 Prozent).

"Die am meisten verbreiteten Nebenjobs sind nach wie vor Aushilfstätigkeiten, zum Beispiel in einer Fabrik, in einem Büro oder einer Kneipe", sagt Achim Meyer auf der Heyde, Generalsekretär des Deutschen Studentenwerks. Doch nur mit Jobs und ohne elterliche Hilfe kommen die wenigsten über die Runden. "87 Prozent der Studierenden werden von ihren Eltern finanziell unterstützt, der Elternunterhalt ist die größte und wichtigste Säule der Studienfinanzierung, noch vor dem Nebenjob", sagt er. Erst nach der elterlichen Finanzspritze folgen der eigene Verdienst, Bafög oder Unterstützung von Verwandten und Bekannten. Hier die wichtigsten Hinweise für jobbende Studenten:

1. Wie viel dürfen Studierende während der Vorlesungszeit arbeiten?

Grundsätzlich dürfen sie so viel arbeiten, wie sie wollen. Wer parallel zum Studium einem Vollzeitjob nachgeht, bleibt trotzdem immatrikuliert. Die Anzahl der Arbeitsstunden hat aber Einfluss auf den sozialversicherungsrechtlichen Status. "Während der Vorlesungszeit darf ein Studierender maximal 20 Stunden pro Woche arbeiten, um in der Sozialversicherung weiterhin als Student eingestuft zu werden. Er zahlt dann für sein Arbeitsentgelt keine Beiträge für die Krankenversicherung", sagt Michael Ihly von der Techniker Krankenkasse. Man spricht dabei auch vom sogenannten Werkstudentenprivileg.

Wer mehr jobbt, gilt dagegen als Arbeitnehmer und muss voll in die Sozialversicherung einzahlen. "Mehrere Beschäftigungsverhältnisse werden dabei für die Grenze der Versicherungsfreiheit zusammengerechnet", sagt Ihly. Von der 20-Stunden-Regel gibt es jedoch Ausnahmen: "Arbeitet der Studierende nur in den Abend- und Nachtstunden sowie am Wochenende, darf es auch mehr sein. Auch wenn der Job von vornherein auf nicht mehr als drei Monate befristet ist oder ausschließlich während der Semesterferien ausgeübt wird, dürfen Studenten mehr als 20 Stunden arbeiten."

2. Ab welchem Einkommen müssen sie sich selbst krankenversichern?

Jeder Studierende muss unabhängig von seinem Job krankenversichert sein. Viele Hochschüler sind bis zu ihrem 25. Lebensjahr noch in der Familienversicherung ihrer Eltern beitragsfrei mitversichert. "Beträgt ihr Einkommen regelmäßig mehr als 415 Euro im Monat, müssen sie sich allerdings selbst versichern. Wird ein Minijob ausgeübt, liegt die Grenze bei 450 Euro", sagt Ihly. "Bafög und Kindergeld zählen dabei nicht mit." Wer in den Semesterferien viel arbeitet, muss aufpassen. "Die Familienversicherung endet auch, wenn die Einkommensgrenze innerhalb eines Jahres für mehr als drei Monate oder 70 Arbeitstage überschritten wird."

3. Was müssen Studierende bei einem 450-Euro-Minijob beachten?

"Für sie gelten die gleichen Regelungen wie für alle anderen Arbeitnehmer mit Minijobs auch. Sie sind grundsätzlich in allen Zweigen der Sozialversicherung versicherungsfrei, wenn sie regelmäßig nicht mehr als 450 Euro im Monat verdienen", sagt Thomas Methler von der Deutschen Rentenversicherung, Knappschaft Bahn-See. In der Rentenversicherung sind sie dagegen versicherungspflichtig - mit einem Eigenanteil von 3,7 Prozent. Wer in einem Privathaushalt arbeitet, etwa als Babysitter oder Hausaufgabenbetreuer, muss 13,7 Prozent seines Einkommens für die Rentenversicherung aufbringen.

323 Euro

verdienen jobbende Studenten durchschnittlich im Monat. Doch längst nicht alle schaffen es, neben dem Studium auch noch erwerbstätig zu sein. Nach der letzten Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks, die aus dem Jahr 2013 stammt, gehen knapp zwei Drittel aller Studenten einer bezahlten Arbeit nach (63 Prozent). Unter den Einnahmen der Studenten steht der Nebenjob an zweiter Stelle. Die wichtigste Finanzierungsquelle sind nach wie vor die Eltern. 87 Prozent der Studenten werden von Vater und Mutter unterstützt, und zwar mit durchschnittlich 476 Euro im Monat. Ungefähr ein Drittel der Studenten erhält Bafög (durchschnittlich 443 Euro im Monat), vier Prozent ein Stipendium (336 Euro).

Diese Zahlen beziehen sich auf Vollzeitstudierende im Erststudium, die außerhalb des Elternhauses wohnen und unverheiratet sind.

Minijobber können sich auf Antrag von der Rentenversicherungspflicht befreien lassen. Der Schritt sollte allerdings gut überlegt werden. "Ohne die Befreiung von der Versicherungspflicht werden vollwertige Pflichtbeiträge entrichtet. Die sind zum Beispiel Voraussetzung für die Zahlung einer Erwerbsminderungsrente bei Invalidität", warnt Dirk Manthey von der Deutschen Rentenversicherung Bund.

4. Gibt es auch Ausnahmen von der 5400-Euro-Regel?

In Ausnahmefällen dürfen Minijobber die Verdienstgrenze auch mal überschreiten und insgesamt mehr als 5400 Euro pro Jahr verdienen. "Allerdings nur bis zu dreimal innerhalb eines Zwölf-Monats-Zeitraums", sagt Minijob-Experte Methler, "und auch nur, wenn die Überschreitung zuvor nicht absehbar war, etwa weil der Student spontan einen kranken Kollegen vertreten muss." Wer auf Minijob-Basis arbeitet, sollte daher mit Sonderzahlungen wie Weihnachtsgeld aufpassen. "Diese Zahlungen sind absehbar. Daher liegt bereits ab Beschäftigungsbeginn kein Minijob vor, wenn der Student damit durchschnittlich mehr als 450 Euro verdient."

5. Welche Regeln gelten bei einem Midijob?

Wer neben dem Studium arbeitet und zwischen 450,01 und 850 Euro verdient, fällt in die Kategorie Midijob. Der Arbeitnehmeranteil zur Sozialversicherung ist innerhalb dieser Gleitzone grundsätzlich vom Bruttoarbeitsentgelt abhängig. "Für Studierende gilt aber auch hier das sogenannte Werkstudentenprivileg", sagt Nicolai Preuße vom Deutschen Studentenwerk. "Sie sind für ihren Arbeitsverdienst krankenversicherungsfrei, wenn sie während des Semesters in der Regel nicht mehr als 20 Stunden pro Woche arbeiten." Die Ausnahmen für Abend-, Nacht und Wochenendarbeit, Semesterferien-Jobs und auf drei Monate befristete Beschäftigungsverhältnisse bestehen auch hier. In der Rentenversicherung sind Arbeitnehmer mit Midijob dagegen versicherungspflichtig - und zwar zunächst mit einem reduzierten Beitragsanteil. Dieser steigt mit dem Verdienst und erreicht bei 850 Euro die volle Beitragshöhe von 9,35 Prozent.

6. Haben Studenten die gleichen Rechte wie andere Arbeitnehmer?

"Ja", sagt die Münchner Rechtsanwältin Astrid Bendiks. "Besonders wichtig ist, dass sie Anspruch auf sechs Wochen Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall sowie nach dem Bundesurlaubsgesetz Anspruch auf bezahlten Urlaub haben." Das würde mancher Arbeitgeber gerne "übersehen", meint Bendiks. "Außerdem genießen Studenten Kündigungsschutz unter Einhaltung der Kündigungsfristen und haben Anspruch auf den Mindestlohn - nur für Praktikanten gelten beim Mindestlohn Besonderheiten." Nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz hätten Studenten grundsätzlich auch Anspruch auf Sonderzahlungen wie Weihnachtsgeld, erklärt die Anwältin.

7. Dürfen Studierende in den Semesterferien auch Vollzeit arbeiten?

Während der Semesterferien gelten besondere rechtliche Regelungen. In dieser Zeit haben die Höhe des Einkommens und die Anzahl der Arbeitsstunden keine Auswirkungen auf den Studentenstatus. Wer in der vorlesungsfreien Zeit jobbt, ist von der Sozialversicherungspflicht befreit. Auch Beiträge zur Rentenversicherung fallen in der Regel nicht an. "Bei einem Ferienjob handelt es sich um eine kurzfristige und somit versicherungsfreie Beschäftigung", sagt Dirk Manthey von der Deutschen Rentenversicherung Bund. "Die Arbeitstätigkeit darf jedoch drei Monate oder 70 Arbeitstage im Jahr nicht überschreiten und die Begrenzung muss im Voraus festgelegt sein." Üben Studenten im Laufe des Jahres mehrere Ferienjobs aus, werden alle Arbeitstage zusammengezählt.

8. Wird der Verdienst auf das Bafög oder ein Stipendium angerechnet?

Bafög-Empfänger können monatlich bis zu 450 Euro brutto anrechnungsfrei hinzuverdienen (Stand 2017). Jeder Verdienst über diesem Limit wird auf das Bafög angerechnet.

Wer ein Stipendium bezieht, sollte nachfragen. Die Studienstiftung des deutschen Volkes beispielsweise orientiert sich an den Freibeträgen, die beim Bafög gelten. Da förderungsfähig nur ein Vollzeitstudium sei, dürfe der Student zudem nicht mehr als 20 Stunden pro Woche arbeiten.

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SZ vom 30.01.2016/mkoh/edi
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