Studienfinanzierung:Allein unter Akademikern

Geld und Titel: Ein Großteil der Studenten hat reiche Eltern, Arbeiterkinder schaffen es noch immer selten an die Unis.

Wolfgang Luef und Tanjev Schultz

Studenten haben im Durchschnitt Einnahmen von 812 Euro im Monat, jeder Fünfte muss aber mit weniger als 600 Euro auskommen. Und noch immer bleiben Akademiker weitgehend unter sich, Arbeiterkinder schaffen es in Deutschland selten an die Uni.

Studenten, Foto: dpa

Zum ersten Mal seit 1991 ist der Anteil der Eltern gesunken, die das Studium ihrer Kinder mitfinanzieren. Vor allem die Familien aus den niederen und mittleren Schichten sind an ihre Belastungsgrenze gestoßen.

(Foto: Foto: dpa)

Erstmals seit Jahren ist ihr Anteil jedoch leicht gestiegen, auf jetzt 15 Prozent aller Studenten. 2006 waren es 13 Prozent, Anfang der achtziger Jahre 23 Prozent. Zu diesen Ergebnissen kommt eine Studie des Deutschen Studentenwerks (DSW), die am Freitag vorgestellt wurde.

Das Bundesbildungsministerium hat die repräsentative Studie finanziert, das Hochschul-Informations-System führte sie aus. An der Befragung im Sommer 2009 nahmen mehr als 16.000 Studenten von 210 Hochschulen teil. Weitere wichtige Ergebnisse im Überblick:

Schrecken Gebühren vom Studium ab?

Der Anteil der Abiturienten, die auf ein Studium verzichten, ist gesunken. Die Studie findet auch keine Belege für eine "Gebührenflucht", also ein Abwandern der Abiturienten und Studenten zu gebührenfreien Universitäten.

Derzeit werden in sechs Bundesländern Studiengebühren zwischen 300 und 500 Euro pro Semester verlangt. Mehr als die Hälfte der Studenten in Deutschland sind in diesen Ländern eingeschrieben. Die Gebühren belasten sie unterschiedlich stark.

Bei 59 Prozent zahlen die Eltern, 30 Prozent nutzen eigenes Einkommen, elf Prozent nehmen ein Darlehen auf. Wer aus einer ärmeren Familie komme, müsse mehr jobben, sagte DSW-Präsident Rolf Dobischat. Fast ein Viertel der Gebührenzahler lebe in einer finanziell angespannten Situation.

Wie viel Geld haben die Studenten?

Der größte Teil (87 Prozent) bekommt Geld von den Eltern, im Schnitt 445 Euro im Monat. Zwei Drittel jobben neben dem Studium und verdienen sich so im Durchschnitt 323 Euro dazu. Und etwa jeder dritte Student erhält Bafög, durchschnittlich 413 Euro im Monat.

Bei den Bafög-Empfängern gibt es ein deutliches Ost-West-Gefälle: 21 Prozent der Studenten aus den alten Bundesländern erhalten die Förderung, in den neuen Ländern sind es 34 Prozent.

Insgesamt kommen ledige Studenten, die nicht mehr bei den Eltern wohnen, im Durchschnitt auf ein Einkommen von 812 Euro. Aber viele haben auch deutlich weniger und andere deutlich mehr zur Verfügung. Zum ersten Mal seit 1991 ist zudem der Anteil der Eltern gesunken, die das Studium ihrer Kinder mitfinanzieren. Insbesondere die Familien aus den "niedrigen" und "mittleren" sozialen Schichten seien "an ihre Belastungsgrenze gestoßen", sagte Dobischat.

Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, als Arbeiterkind an die Uni zu kommen?

Statistisch betrachtet sind die Chancen weiterhin gering, sie haben sich aber leicht verbessert. Während es von 100 Akademikerkindern 71 (2005: 83) an die Hochschule schaffen, gelingt dies bei Arbeiterkindern nur 24 (2005: 23).

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Auch Kinder aus "mittleren" sozialen Schichten haben nun etwas bessere Chancen als noch vor Jahren. "Die Daten zeigen erstmals eine bemerkenswerte soziale Öffnung für Bildungsaufsteiger", sagte der Parlamentarische Staatssekretär des Bundesbildungsministeriums, Thomas Rachel. Immer mehr junge Menschen aus "bildungsfernen" Schichten würden an die Hochschule gehen.

Kinder von Beamten studieren allerdings fast viermal so häufig wie Kinder von Arbeitern. DSW-Präsident Dobischat sagte, die "soziale Selektion" sei immer noch "erschreckend stabil".

Wie wirken sich die neuen Bachelor-Studiengänge aus?

Die wirtschaftliche und soziale Lage der Bachelor-Studenten unterscheidet sich kaum von ihren Kommilitonen in den alten Studiengängen. Sie bevorzugen aber stärker das Wohnheim und die Mensa und leben offenbar kostenbewusster.

Bachelor-Studenten an Fachhochschulen haben, Studium und Nebenjob zusammengenommen, eine 44-Stunden-Woche, Uni-Bachelor kommen auf 43 Stunden. Damit liegen sie im Mittelfeld aller Studiengänge. Der Zeitaufwand beim Bachelor hat sich demnach nicht generell erhöht.

Die "pauschale Klage" über einen übergroßen Lernaufwand werde durch die Daten nicht gestützt, sagte die Präsident der Hochschulrektorenkonferenz, Margret Wintermantel. Das Studentenwerk betont aber, fast jeder fünfte Bachelor-Student halte die zeitliche Belastung während des Semesters für zu hoch. Etwa die Hälfte aller Studenten sind bereits in den neuen Bachelor- und Master-Studiengängen eingeschrieben.

Wie wohnen und leben die Studenten?

Etwa jeder Vierte wohnt in einer WG, ein knappes Viertel bei den Eltern. Gut die Hälfte der Männer und fast zwei Drittel der Frauen haben einen festen Partner, weniger als fünf Prozent sind verheiratet. Fünf Prozent haben mindestens ein Kind.

Durchschnittlich 281 Euro gab jeder Student im vergangenen Jahr für die Miete aus, das sind sechs Prozent mehr als 2006. Acht Prozent der Befragten zahlten mehr als 400 Euro Miete, fast jeder Fünfte kommt dagegen mit weniger als 200 Euro aus. Im Wohnheim wohnt es sich am günstigsten.

Welches sind die teuersten Uni-Städte?

München ist am teuersten, dort geben Studenten allein für die Miete im Schnitt 348 Euro aus. Dahinter folgen Hamburg, Köln, Düsseldorf und Frankfurt. Günstig lebt es sich in Chemnitz (210 Euro Miete). Weniger als 240 Euro fürs Wohnen zahlen Studenten außerdem in Leipzig, Magdeburg, Jena und Dresden.

Wie viele Studenten jobben?

Zwei Drittel aller Studenten sind erwerbstätig. Ihr Anteil liegt damit etwas höher als noch 2006. Die Studenten arbeiten durchschnittlich 13,5 Stunden in der Woche. Gut jeder vierte Jobber arbeitet sogar mehr als 17 Stunden in der Woche, was bereits einer Halbtagsstelle entspricht. Besonders häufig jobben Studenten freitags und samstags.

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