Zu wenig Gemüse, zu viel Fleisch
Kinder lieben Nudeln und Pizza. Diese beiden Gerichte würden sie vermutlich am liebsten jeden Tag zu Mittag essen. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) allerdings hat andere Vorstellungen von einem vernünftigen Schulessen: täglich Gemüse und Salat, häufig Obst, einmal pro Woche Seefisch, Fleisch dagegen höchstens zweimal pro Woche. Eine aktuelle Studie der Hamburger Hochschule für Angewandte Wissenschaften im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft zeigt nun allerdings, dass die meisten Schulen von den DGE-Standards für Schulverpflegung weit entfernt sind: Nur 6,5 Prozent der Speisepläne sind von der DGE zertifiziert. Zu fleischlastig und zu wenig Gemüse, lautet das Urteil der bundesweit größten Studie zum Schulessen.
Für die aktuelle Studie befragte die Hamburger Hochschule für Angewandte Wissenschaften bundesweit mehr als 1500 Schulleitungen, 212 Schulträger und mehr als 12 000 Schülerinnen und Schüler. Die Ergebnisse der Erhebung wurden auf dem "Bundeskongress Schulverpflegung" in Berlin vorgestellt.
Etwa die Hälfte der untersuchten Speisepläne enthält zu wenig Gemüse, fand die Studie heraus. Auch Vollkornprodukte und Fisch stehen zu selten auf dem Tisch der Schulmensa. Die Vielfalt der Speisen sei nicht ausreichend, nur in 16 Prozent der Grundschulen und 27 Prozent der weiterführenden Schulen gibt es demnach mehr als zwei Menüs, so die Herausgeber der Studie.
Die Schulen stehen vor einem Dilemma
Die befragten Schüler sehen ihre Schulverpflegung selbst weniger kritisch. 54 Prozent der Grundschüler finden das Schulessen sehr gut oder gut, an den weiterführenden Schulen sinkt die Zufriedenheit ein wenig. Bei den Gerichten, die sie am liebsten essen, sind sich Mädchen und Jungen einig: Nudeln, Pizza, Pfannkuchen stehen ganz oben auf der Liste ihrer Lieblingsgerichte. Wenig beliebt sind dagegen Spinat, Suppe und Fisch. Die Schulen stehen also vor einem Dilemma: Auftischen, was die Kinder kennen und lieben, oder das, was die DGE empfiehlt? Ein Kompromiss ließe sich wohl finden, würde aber wohl auch kreativere Lösungen erfordern als das konventionelle Kantinenessen von Arbeitnehmern.
Dabei wird das Mittagessen in der Schule für immer mehr Kinder zur wichtigsten Mahlzeit des Tages: Nach Angaben der Kultusministerkonferenz werden inzwischen 2,4 Millionen Schüler ganztags unterrichtet, das ist fast ein Drittel aller Kinder von der Grundschule bis zur Mittelstufe. In Ostdeutschland ist der Anteil deutlich höher als im Westen. Der Anteil der Ganztagsschulen liegt in Sachsen bei 78 Prozent, in Baden-Württemberg bei 18 Prozent. Doch der Trend geht bundesweit in Richtung Ganztagsschule, damit kommt auch der Schulverpflegung eine immer größere Bedeutung zu.
Mensa zu laut, Pause zu kurz
Zu einer erholsamen Mittagspause gehört aber nicht nur ein gesundes, nahrhaftes Essen, sondern auch Zeit, es in Ruhe einzunehmen. Der Studie zufolge sind in den meisten Schulen allerdings die Pausen zu kurz. Nur in 39 Prozent der Schulen dauere die Mittagspause länger als 45 Minuten, wie es die DGE empfiehlt. Der Lärmpegel in den Mensaräumen wird außerdem häufig als zu hoch eingestuft.
Der Studie zufolge kostet ein Mittagessen in der Schule im Mittelwert 2,83 Euro (Grundschule) beziehungsweise 3,06 Euro (weiterführende Schule). Die durchschnittlichen Preise schwanken zwischen 1,50 Euro und 3,68 Euro, wobei es zwischen den Bundesländern erhebliche Unterschiede gibt. In den meisten Fällen (79 Prozent) sind in diesem Preis ein Dessert und ein Getränk enthalten.
Der Preis für das einzelne Gericht ist vergleichsweise niedrig - auch deshalb, weil die Schulträger das Verpflegungsangebot teilweise mit Zuschüssen von bis zu 2,50 Euro unterstützen. An zahlreichen Schulen müssen die Eltern die Kosten für das Mittagessen allerdings vollständig alleine tragen. Da stellt sich die Frage, ob unter Preisdruck die DGE-Empfehlungen, beispielsweise regelmäßig Seefisch zu servieren, überhaupt eingehalten werden können.