Studie:Ausgeruht zur zweiten Stunde

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(Foto: lassedesignen - Fotolia)
  • Eine Studie der LMU hat herausgefunden, dass es sich positiv auswirkt, wenn Schüler selbst entscheiden, ob sie um acht oder um neun Uhr zum Unterricht erscheinen.
  • Die jungen Probanden fühlten sich ausgeruhter und konnten sich tagsüber besser konzentrieren.
  • Anders als erwartet, nutzten die Schüler ihre neue Freiheit nur in Maßen; sie ließen die erste Stunde im Mittel nur zweimal pro Woche ausfallen.

Von Werner Bartens

Der Körper holt sich, was er braucht. Das gilt nicht nur für ältere Zeitgenossen, sondern auch für Oberstufenschüler. Zwar mag der Stundenplan das Erscheinen zur ersten Stunde verlangen, doch je näher das Abitur rückt, desto häufiger wird diese Vorgabe flexibel ausgelegt. Die gequälte Schülerseele schwankt zwischen schlechtem Gewissen und der Verpflichtung, dem 18. Geburtstag des besten Freundes oder gar nächtlichem Lernen Tribut zollen zu müssen. Tatsächlich ist niemandem damit gedient, wenn sich Schüler völlig übermüdet um acht Uhr in den Klassenraum schleppen.

Deshalb könnte bald Schluss sein mit dem Zwiespalt zwischen Pflichterfüllung und Schlafbedürfnis. Chronobiologen der Ludwig-Maximilians-Universität München haben herausgefunden, dass es sich positiv auf Schlaf und Leistungsfähigkeit auswirkt, wenn Schüler selbst entscheiden, ob sie um acht oder um neun Uhr zum Unterricht erscheinen. Das Team um die Psychologen Eva Winnebeck und Till Roenneberg hatte die Möglichkeit, seine Studie an einer Schule nahe Aachen durchzuführen, wo das Gymnasium Alsdorf eine Form von Gleitzeit eingeführt hat. Nach dem bereits vor mehr als hundert Jahren in den USA erprobten "Dalton-Plan" erarbeiten sich Oberstufenschüler einen Teil des Stoffs in zeitlich variablen Projektphasen. Zehn Stunden pro Woche sind dafür in Alsdorf vorgesehen. Fünf davon wurden auf die Zeit zwischen acht und neun Uhr gelegt, sodass die Schüler wählen konnten, ob sie in dieser Stunde in der Schule lernen - oder später kommen wollen, um den Stoff in Freistunden oder nach Schulschluss nachzuholen.

Die im Fachblatt Sleep veröffentlichte Studie ergab, dass fast alle Schüler vom flexiblen Schulbeginn profitierten. Die jungen Probanden fühlten sich ausgeruhter und konnten sich tagsüber besser konzentrieren. Anders als erwartet, nutzten die Schüler ihre neue Freiheit nur in Maßen; sie ließen die erste Stunde im Mittel nur zweimal pro Woche ausfallen. Ihre durchschnittliche Schlafdauer verlängerte sich somit nur geringfügig. Trotzdem waren sie begeistert von der Wahlfreiheit und hochzufrieden mit dem Modell.

"Vielleicht reicht schon die Möglichkeit, frei entscheiden zu können und nicht dem Diktat des Weckers ausgeliefert zu sein", sagt Chronobiologin Winnebeck. "Flexible Systeme sind eine Alternative, um den Schlaf Jugendlicher zu verbessern." Gerade in der Pubertät kollidiert das Streben nach Autonomie oft mit den starren Zeitvorgaben der Umgebung.

Seit Jahrzehnten fordern Schlafforscher, die Tagesrhythmen der Menschen im Alltag stärker zu berücksichtigen. Die oft zitierte Einteilung in Eulen und Lerchen, also Morgenmuffel und Frühaufsteher, zeigt, wie ungleich die Hochphasen über den Tag verteilt sind. Chronischer Schlafmangel unter Jugendlichen ist weltweit ein Problem. Folgen sind nicht nur Konzentrationsmängel und Halbschlaf in den ersten Schulstunden, sondern auch erhöhte Unfallrisiken frühmorgens. Außerdem kann zu wenig Schlaf Übergewicht, Diabetes und Gedächtnisschwäche fördern. Dem Schulerfolg schadet der spätere Unterrichtsbeginn jedenfalls nicht, im Gegenteil. Das Gymnasium Alsdorf erhielt für sein Gleitzeitmodell den deutschen Schulpreis.

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