Süddeutsche Zeitung

Fridays for Future:Streiken bildet

Wieder schwänzen Tausende Schüler und demonstrieren für den Klimaschutz. Dabei lernen sie mehr als in so mancher Schulstunde.

Kommentar von Larissa Holzki

Die Schüler sagen, wie es ist: Wer die Klimakrise einfach auf sich zukommen lässt, braucht über die Zukunft gar nicht mehr nachzudenken. Es ist deshalb nicht nur symbolisch stark, dass sie streiken und mit der Aktion "Fridays for Future" Aufmerksamkeit auf die Interessen ihrer Generation lenken. Es ist ein demokratischer Akt, aus dem sie mehr lernen als aus so manchem Unterrichtsgespräch. Dieser Streik bildet.

Bisweilen muss für Kinder und Jugendliche heute der Eindruck entstehen, ihre Zukunft entscheidet sich hauptsächlich daran, ob auf ihrem Übertritts- oder Abiturzeugnis 1,7 oder 2,3 steht. Doch nun gibt es plötzlich ein Debattenthema, das weit über solche Ziele hinausgeht. Und das die Schüler miteinander in ein politisches Gespräch bringt. Es ist gut, wenn Klassenkameraden nun darüber diskutieren, dass sich die einen entscheiden zu demonstrieren und andere lieber in die Mathestunde gehen. Es ist gut, wenn sich auch die Lehrer in diese Gespräche einmischen. Dabei geschieht Politisierung. Und auch das ist Aufgabe der Schulen.

Die Schulen sollten aber mehr tun, als die Frage der Schulpflicht und des versäumten Unterrichts mit ihren Schülern zu besprechen. Sie sollten die Gelegenheit nutzen und das Interesse an der Klimapolitik aufgreifen: Wie kommt es zu den extremen Wetterlagen? Welche Auswirkungen wird die Erderwärmung langfristig haben? Was lässt sich dagegen tun? Und wer trägt dafür die Verantwortung? Das ist Biologie, das ist Chemie, Physik, Geschichte, Wirtschaft, Politik, das ist Bildung für eine nachhaltige Entwicklung.

Bleibt die Frage, ob die Tausenden Schüler wirklich Politik verändern können. Ob sie Politiker eindrücklicher erreichen können als die Autolobby, die Kohlelobby, die Agrarlobby. Immerhin: Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier will mit den demonstrierenden Schülerinnen und Schülern in Berlin sprechen. Dennoch sind durch ein wenig zivilen Ungehorsam keine Wunder zu erwarten.

Fest steht aber, dass die Schüler gerade lernen, wie sich internationale Allianzen von unten bilden können. Angestoßen wurde die Aktion von der 16-jährigen Schwedin Greta Thunberg, inzwischen protestieren Tausende auf den Straßen in Deutschland und anderen europäischen Ländern. Sie sollten sehr gut beobachten, ob auf Bekundungen der Politik Taten folgen. Und sich nicht entmutigen lassen.

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SZ.de/kjan/lho
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