Stipendien fürs Ausland:Kurz mal weg? Nicht mehr mit dem DAAD

Für Studenten, die im Ausland studieren wollen, ohne gleich ein ganzes Jahr zu verlieren, sieht es finanziell düster aus: Der DAAD hat zum Jahresbeginn 2011 alle Kurzzeitstipendien gestrichen.

Kristina Staab

Für manche Studenten fühlt es sich an wie eine Katastrophe: Der Deutsche Akademische Austausch Dienst (DAAD) hat zum Jahresbeginn seine Leistungen gekürzt. Sogenannte "Kurzzeitstipendien" für maximal ein Semester wurden komplett und fristlos gestrichen. Lediglich langfristige Auslandsaufenthalte und Praktika in internationalen Organisationen sollen noch bezuschusst werden.

Stipendien fürs Ausland: Für ein Semester nach China zum Studieren? Auf die Hilfe des DAAD können Studenten bei einem Auslandssemester nicht mehr in jedem Fall zählen.

Für ein Semester nach China zum Studieren? Auf die Hilfe des DAAD können Studenten bei einem Auslandssemester nicht mehr in jedem Fall zählen.

(Foto: AP)

Zwar soll ein neues Programm namens Promos weiterhin Studien-, Praxis- und Sprachaufenthalte von bis zu sechs Monaten weltweit fördern. Aber: "Promos deckt nicht denselben Umfang ab", sagt Harald David von der Auslandsberatung der LMU München. Das neue Programm deckt nicht die Studiengebühren der Gastuniversitäten ab. Bisher gab es vom DAAD dafür einen Zuschuss in Höhe von 8000 Euro.

Die meisten Studenten traf die Programmänderung des DAAD völlig unvorbereitet. Das internationale Referat der LMU München wusste lediglich, dass Veränderungen geplant waren. Nicht aber wie umfangreich diese sein würden. Die Kürzung wird auch hier als plötzlich empfunden. "Erst Ende November haben wir die Information bekommen, deshalb haben wir die Studierenden monatelang falsch beraten", berichtet David. Viele Studenten hätten anders planen können, hätten sie eher von den Plänen des DAAD gewusst.

Jetzt sind viele von ihnen ratlos. In den seltesten Fällen können sie spontan statt eines Semesters ein ganzes Jahr ins Ausland gehen, um somit förderberechtigt zu werden und die Studiengebühren erstattet zu bekommen. Denn ein Auslandsjahr erfordere etwa 18 Monate Vorbereitung, heißt es an der LMU.

In 18 Monaten schließt Lucy Reimer ihr Studium bereits ab. Die 20jährige studiert an der LMU München Politikwissenschaft auf Bachelor und wollte eigentlich mit Hilfe des DAAD für ein Semester an die Georgetown University in Washington. Die Hochschule sei gerade in ihrem Fachbereich besonders renommiert und deshalb ihre erste Wahl. Ende November erfuhr Lucy im Gespräch mit der Auslandsberatung an der LMU von der Leistungskürzung des DAAD . "Damit war die ganze Planung vom Tisch. Ich wollte so gerne die Chance ergreifen, eine so gute Uni zu besuchen", erzählt sie. Die Semestergebühr der Georgetown ist jedoch horrend: 19.000 Dollar. "Ich kann das nicht bezahlen", sagt die Studentin.

Als Alternative denkt Lucy über die American University in Washington nach, die habe ein ähnliches Angebot und eine Kooperation mit der LMU, koste allerdings trotzdem noch 6000 Dollar im Semester. "Man muss jetzt viel mehr darauf schauen, welche Kooperationen die eigene Universität anbietet. Die Möglichkeiten schrumpfen", ist das Fazit der Studentin.

Besser gleich ein ganzes Jahr

Das neue Programm Promos läuft testweise bereits seit einem Jahr. "Die Erfahrungen mit Promos waren gut", sagt der stellvertretende Generalsekretär des DAAD Ulrich Grothus. Auch deshalb wurde das bisher gültige Free-Mover-Programm zum Jahresbeginn eingestellt. Die Kurzzeitstipendien seien abgeschafft worden, um nicht zu viele Bewerbungen in zwei ähnlichen Programmen durchgehen zu müssen.

Ein Vorteil von Promos für die Studierenden seien die kürzeren Wege: das Stipendium werde direkt an der Universität vergeben, das mache eine kurzfristigere Bewerbung möglich, so Grothus. Außerdem könnten jetzt mehr Studierende als früher unterstützt werden, dafür fielen die einzelnen Beträge geringer aus. Prinzipiell hält der DAAD ganzjährige Auslandsaufenthalte für "alle Beteiligten am besten".

Wie die Mittel aus dem Promos-Programm eingesetzt werden, dürfen die Hochschulen selbst entscheiden. Der DAAD gibt lediglich vor, dass Lebenserhaltungs- und Reisekosten bezuschusst werden dürfen. Wie viel Geld ein einzelner Bewerber bekommt, entscheidet die Uni. Dieses dezentralisierte Verfahren bedeute weniger Verwaltungsaufwand und koste deshalb weniger Geld, sagt Grothus. Bislang musste jeder Antrag, egal ob es um 300 oder 10.000 Euro ging, zentralisiert vom DAAD genehmigt werden.

Auslandsberater David sieht in den neuen Beschlüssen dennoch vor allem eine "massive Einschränkung der Mobilität" der Studierenden. Die höheren Kosten eines Auslandsjahres im Vergleich zu einem Semester könnten Studierende dazu bewegen entweder gar nicht ins Ausland zu gehen, oder sich vermehrt auf Europa zu fokussieren, wo es Unterstützung durch das Erasmus-Programm gibt. Viele Bachelorstudenten verzichten zudem auf ein Auslandsjahr um keine Zeit "zu verlieren" und ihr Studium in den vorgesehenen sechs Semestern abschließen zu können.

Im Bachelor-Master-System sei das fünfte Semester am besten geeignet für eine Zeit im Ausland, raten Dozenten. Niemand spricht jedoch von einem Jahr. Damit liegt es jetzt an den Beratungsstellen, die Studierenden von den Vorteilen eines Auslandjahres zu überzeugen. "Hochschulen sollen dazu gebracht werden, ihre Kooperation mit ausländischen Universitäten auszuweiten und Nachlässe der Studiengebühren auszuhandeln", erklärt Grothus.

Sich ausschließlich auf Hochschulkooperationen zu verlassen, bedeutet allerdings, dass die Studierenden von den Angeboten ihrer Unis abhängig sind. Ihre Auswahl wird so auf wenige Universitäten begrenzt. Oft könnte es ihnen so nicht mehr möglich sein, an einer Hochschule zu studieren, die gerade in der eigenen Studienrichtung besondere Schwerpunkte setzt.

Lucy will deshalb nun versuchen über "The Fund for American Studies" (TFAS) Unterstützung zu erhalten, um doch noch in Washington studieren zu können. Mit viel Eigeninitiative und Recherche will sie ihr Ziel, die Georgetown doch noch erreichen.

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