Standards für die Hochschulreife:Kleiner Schritt zum Einheitsabitur

Das Ziel der Kultusminister ist klar: In allen Bundesländern soll ein gleiches Bildungsniveau herrschen. Doch der Weg zum Einheitsabitur ist lang. Erstmal arbeiten die Länder an gemeinsamen Musteraufgaben für die Reifeprüfung.

Johann Osel

Auf der bildungspolitischen Dauerbaustelle Vergleichbarkeit des Abiturs zeichnen sich Fortschritte ab. Die Konferenz der Kultusminister (KMK) hat am Donnerstag in Hamburg bundesweit einheitliche Normen für die Reifeprüfung beschlossen. Bereits im März hatten sich die Ressortchefs darauf geeinigt, die Erstellung sogenannter Bildungsstandards zu forcieren. Diese legen fest, welche Kompetenzen ein Gymnasiast zu welchem Zeitpunkt vorzuweisen hat. Die KMK verabschiedete nun, dass diese Standards inklusive Musteraufgaben erstmals beim Abitur-Jahrgang 2017 als Richtlinie gelten. Freilich nur als Orientierungshilfe - eine Zentralabitur, wie es laut Umfragen die Mehrheit der Eltern wünscht, steht nicht zur Debatte.

Auch an der Idee eines gemeinsamen Kernabiturs vom Jahr 2014 an, bei dem die Länder konkret Prüfungen aus einem Aufgaben-Pool verwenden, beteiligen sich zunächst nur sechs Länder. Die Pionier-Gruppe um Bayern und Niedersachsen will sich in zwei Jahren zunächst bei einer Aufgabe aus einer übergreifenden Sammlung bedienen. Dieses Mini-Gemeinschaftsabitur soll bereits für die Note der Schüler zählen.

"Wir leben in einem Staat - und nicht in 16 verschiedenen Staaten", sagte der Hamburger Schulsenator und KMK-Präsident Ties Rabe. Ziel seien ein gleiches Bildungsniveau und ähnlich schwere Aufgaben in allen Ländern. Dies sollen die Bildungsstandards ermöglichen, sie werden derzeit von einem Forschungsinstitut unter dem Dach der Berliner Humboldt-Universität und Experten aus den Ministerien für Deutsch, Mathe sowie Englisch und Französisch erstellt. "Die Einladung, schon bei den gemeinsamen Aufgaben 2014 mitzumachen, steht nach wie vor", hieß es am Donnerstag in Kreisen der Pionier-Länder. Viele Kollegen befürchteten aber offenbar, "sich im Vergleich messen zu lassen und am Ende mit miserablen Leistungen dazustehen".

Für Grundschüler liegen solche Standards bereits vor, eine Studie auf deren Basis hatte kürzlich Aufsehen erregt. Die Mindeststandards für Viertklässler beim Lesen und Schreiben wurden von 88 Prozent erreicht. Migranten und Kinder aus bildungsfernen Familien schnitten tendenziell schlechter ab. Und es gab ein Ranking, das manche Minister in Erklärungsnot brachte: Es attestierte den Schülern aus Bayern einen Vorsprung, am Ende der Liste standen Bremen, Berlin und Hamburg.

Das Beherrschen der Sprache ist der Schlüssel zum Bildungserfolg - das zogen die Minister am Donnerstag als Lehre aus der Studie. 2013 soll nun eine Initiative zur Verbesserung der Sprachförderung von Zuwandererkindern beginnen. Man will die bestehenden Konzepte bündeln und auf ihre Wirksamkeit überprüfen. Schon nach dem berühmten "Pisa-Schock" hatte die KMK 2002 "Sprachstandserhebungen" im frühkindlichen Bereich und gezielte Förderung initiiert. Seitdem ist ein Wildwuchs entstanden: Fast jedes Land setzt auf andere Instrumente bei Diagnose und Förderung. Das Bundesbildungsministerium sprach kürzlich in der Antwort auf eine Kleine Anfrage im Bundestag von bundesweit 30 variierenden Verfahren bei der Diagnostik - und musste zugeben, den Überblick verloren zu haben.

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