Süddeutsche Zeitung

Spickzettel und Abschreiben:Schummeln lernt man in der Schule

Jüngere Schüler haben Skrupel, bei den älteren ist es Routine: Psychologen der Uni Leipzig fanden heraus, dass lediglich 20 Prozent der Sechstklässler Spicken in Ordnung finden. Bei den Zwölftklässlern sind es hingegen 80 Prozent. Auch die Lehrer haben daran einen großen Anteil.

Junge Schüler schummeln viel weniger als ältere. Psychologen der Universität Leipzig fanden in Langzeitstudien heraus, dass nur 20 Prozent der Sechstklässler Spicken und Abschreiben okay finden. Bei den Zwölftklässlern sind es 80 Prozent.

Jüngere haben Angst, erwischt zu werden, sagt Studienleiterin Brigitte Latzko, 94 Prozent von ihnen gaben an, ein schlechtes Gewissen zu haben. Im Lauf der Schullaufbahn wachse der Hang zum Betrügen. "Bei den Zwölftklässlern kam zum Ausdruck: Sie spüren, dass es akzeptiert ist. Es ist eine schulische Regel, dass man durchaus mogeln soll. Man soll sich aber nicht erwischen lassen."

Ausgerechnet die Pädagogen sorgten oft unterschwellig dafür, dass die Bereitschaft zu mogeln im Laufe der Schullaufbahn größer werde, so die Expertin: "Einerseits erklären Lehrer, Schummeln sei nicht akzeptabel. Und andererseits ist der Leistungsdruck oft sehr hoch und unterschwellig wird suggeriert, es sei doch okay zu mogeln, wenn man sich nicht erwischen lässt." Die Erziehungswissenschaftlerin ist überzeugt: "Wenn eine Klassenarbeit nicht nur als Leistungsindikator genutzt würde, sondern als Diagnoseinstrument, wo es in der Klasse noch Wissenslücken gibt, die man gemeinsam aufarbeitet, dann würde weniger gemogelt werden."

Grundsätzlich hat es weiterhin der einzelne Lehrer in der Hand, wie stark während seiner Tests und Klassenarbeiten geschummelt wird. "Die Schüler können sehr genau differenzieren, wer eher wegguckt und wer 'ein scharfer Hund' ist", weiß Latzko aus den Befragungen.

Die Tricks bleiben weitestgehend ähnlich, etwa Zettel an Trinkflaschen und Federmäppchen, Notizen auf der Hand oder auf dem Lineal. Doch auch das Handy kommt zum Einsatz, vor allem beim Gang auf die Toilette: Statt Spickzettel am stillen Örtchen werde da Technik genutzt, wie im TV-Quiz der "Telefonjoker".

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