Süddeutsche Zeitung

Schulschließungen:Acht aus Einundzwanzig

Hamburger Eltern kämpfen für den Erhalt katholischer Schulen, doch das Erzbistum Hamburg will sich von Pensionen und Gebäudeinvestitionen befreien. Nach dem Besuch von Wirtschaftsprüfern haben sich die Kirchenmänner einen Sparkurs auferlegt.

Von Thomas Hahn

Durch das Kirchenschiff von St. Sophien klingen die Lieder der Kinder, harmonisch und schön. Man könnte fast vergessen, dass es sich bei dem Chorfest der katholischen Schulen in Hamburg um eine Demonstration handelt: um eine Demonstration der Solidarität im Kampf gegen den Plan des Erzbistums Hamburg, bis zu acht seiner 21 Schulen in der Hansestadt zu schließen. Immerhin, der Chor der bedrohten Katholischen Schule Harburg trägt Signalwesten mit der Aufschrift: "Katholische Schüler hoffen". Und nach dem Fest erklären Matthias Schulz und Holger Landahl, Elternvertreter der ebenfalls bedrohten Sophienschule, das Ende "mit allen legalen Mitteln" verhindern zu wollen.

Das Ringen um einen schonenderen Sparkurs des Erzbistums Hamburg tritt in seine letzte Phase, und keiner kennt den Ausgang. Begonnen hat der Streit im Januar, als Generalvikar Ansgar Thim mit den Eingriffen überraschte. Grund: Die Unternehmensberatung Ernst & Young hatte festgestellt, dass die Schulden des Erzbistums bis 2021 von 79 auf 353 Millionen Euro anwachsen würden, wenn es seinen Bestand bewahre. Drei Gruppen organisierten den Protest, die Gesamtelternvertretung, die Elterninititative "Rettet 21" und die Initiative Hamburger Schulgenossenschaft (HSGI) um den Juraprofessor Christian Bernzen und den Ex-Staatsrat Nikolas Hill. Seit Februar ist die HSGI mit dem Erzbistum im Gespräch. Bis 5. Juli soll ein Ergebnis vorliegen, das möglichst viele Schulen rettet. Diese Woche beraten die Gremien des Erzbistums über die HSGI-Ideen, um daraus eine Empfehlung an Erzbischof Stefan Heße abzuleiten. Erst Samstagnacht legte die HSGI dem Erzbistum ihren Vorschlag zu einer Rahmenvereinbarung vor. Es ist ein Modell für zunächst fünf Pilotschulen. Es sieht etwas größere Klassen vor, externe Dienstleister für den Gebäudebetrieb und eine Struktur, die das Schulgeld, das vor allem reiche Eltern zahlen, auf alle Schulen gleich verteilt. Gesamtbetreiber soll die Schulgenossenschaft sein. Ob das die Gremien überzeugt? Das Erzbistum Hamburg umfasst auch Schleswig-Holstein und Mecklenburg. Es ist flächenmäßig das größte Deutschlands bei nur 400 000 Katholiken. Der Standortnachteil lässt sich schwer ändern. Deshalb setzt die Kirche auf ein neues Kostenbewusstsein: Besagte Schulen sollen weg, um Pensionen und Investitionen an Gebäuden einzusparen, die anderswo nötig sind. Kritiker beklagen, das Erzbistum habe sich nicht um Alternativen bemüht. "Außerdem sind seine Zahlen, insbesondere die vermeintlich erforderlichen Investitionen, fragwürdig", sagt Holger Landahl, der von Beruf Wirtschaftsprüfer ist und mit anderen Eltern die Sophienschule geprüft hat. Das Erzbistum weist das zurück. "Unsere Zahlen sind seriös", sagt ein Sprecher, "Kritiker sollten informiert sein über den neuen Qualitätsbedarf an Schulen, etwa durch Inklusion und Ganztag." Und die HSGI? Erklärt, Modernisierung sei drin in ihrem Konzept, finanziert durch zweckgebundene Staatszuschüsse. Christian Bernzen ist vorsichtig optimistisch. "Meine Erfahrung ist, dass Verhandlungen vor dem Durchbruch schwierig werden", sagt er, "wenn sich das bestätigt, stehen wir kurz vor einem Durchbruch."

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Quelle:
SZ vom 25.06.2018
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