Schulleistungsvergleich der Bundesländer:Sachsens Schüler sind in Mathe zwei Jahre voraus

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44.000 Neuntklässler haben mitgemacht beim großen Bildungstest der Länder. Dieses Jahr lag der Fokus auf Mathematik und Naturwissenschaften. Das erste Ergebnis der Studie: Ostdeutsche Schüler schneiden in diesen Fächern deutlich besser ab als ihre westdeutschen Altersgenossen.

Addition, Subtraktion und Multiplikation, Prozentrechnen und Geometrie - viele deutsche Schüler schüttelt es allein bei den Begriffen. Mathe gilt als das Hassfach schlechthin, Naturwissenschaften wie Chemie oder Physik sind ähnlich unbeliebt. Wie wirkt sich diese Abneigung auf die Leistungen junger Menschen in den entsprechenden Fächern aus? Das Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) hat im Auftrag der Kultusminister getestet, wie es um die Mathe-, Biologie-, Chemie- und Physikkenntnisse deutscher Schüler der unterschiedlichen Schulformen bestellt ist.

Die Auswertung stellt die Kultusministerkonferenz (KMK) heute in Berlin vor. Das auf den ersten Blick überraschende Ergebnis: Diesmal hat nicht der Süden die Nase vorn - ostdeutsche Schüler sind in Mathematik und Naturwissenschaften durchschnittlich weitaus leistungsstärker als ihre westdeutschen Altersgenossen. Beim Schulleistungsvergleich erzielten im Westen durchgängig nur Bayern und Rheinland-Pfalz Leistungswerte, die statistisch bedeutsam über dem Bundesdurchschnitt liegen - im Einzelfall auch Schleswig-Holstein und Niedersachsen. Im Osten waren es alle Bundesländer.

Bundesweit waren im vergangenen Jahr mehr als 44.000 Mädchen und Jungen der Klassenstufe neun zu dem dreieinhalbstündigen Test angetreten. Sie mussten unter anderem die Spritsteuer berechnen, erklären, wie Gänsehaut entsteht und warum Blitz und Donner nicht gleichzeitig auftreten. Die Aufgaben wurden auf Grundlage der von der KMK entwickelten Bildungsstandards in den entsprechenden Fächern konzipiert.

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Sachsen in Mathe vorn

Die so festgestellten Leistungsunterschiede sind teilweise eklatant: In Mathe ist Sachsen demnach absoluter Spitzenreiter mit 536 Punkten, gefolgt von Thüringen (521) und Brandenburg (518). Schlusslicht ist Bremen mit 471 Punkten. Ein Unterschied von 25 bis 30 Punkten entspricht in etwa dem Lernfortschritt eines Schuljahres. Sächsische Schüler der neunten Klasse sind damit ihren Bremer Altersgenossen etwa zwei Schuljahre voraus.

Ähnlich große Leistungsunterschiede gibt es auch in der Physik. Zwischen Spitzenreiter Sachsen und dem Schlusslicht Nordrhein-Westfalen beträgt der Lernabstand ebenfalls etwa zwei Jahre.

Dass Sachsen im jüngsten IQB-Test ganz vorne platziert ist, ist nur auf den ersten Blick eine Überraschung. Bereits in vorangegangen Bildungsstudien hatte Sachsen neben den südlichen Bundesländern Bayern und Baden-Württemberg überdurchschnittlich gut abgeschnitten. Die hinteren Plätze belegten auch da die Stadtstaaten.

Faktor Familie

Hintergrund dieser schulischen Leistungsschere ist vor allem die unterschiedliche sozioökonomische Struktur der Bevölkerung: In Stadtstaaten ist der Anteil an sogenannten "bildungsfernen" und einkommensschwachen Familien höher. In Deutschland hängt der Bildungserfolg von Kindern wie in kaum einem anderen europäischen Land vom Elternhaus ab.

Das belegt einmal mehr die jüngste IQB-Studie. Neben den Tests wurden auch Interviews mit Schülern, Fachlehrern und Schulleitern zur Lernsituation gemacht. Bundesweit erreichten demnach Schüler aus sozial besser gestellten Familien in Mathe im Durchschnitt 82 Punkte mehr als Jugendliche aus sozial schwächer gestellten Familien. "Dies entspricht einem Leistungsvorsprung von fast drei Schuljahren zugunsten der Schülerinnen und Schüler mit einem hohen Sozialstatus", schreiben die Wissenschaftler in ihrer Auswertung.

In Mathe zeigen sich Leistungsunterschiede zwischen Kindern aus Akademikerfamilien und bildungsferneren Schichten besonders in Brandenburg. Bei der Förderung von sozial benachteiligten Kindern tun sich in den Naturwissenschaften besonders Rheinland-Pfalz (Physik) und Sachsen (Biologie) hervor, während die Abhängigkeit von Herkunft und Schulerfolg in diesen Fächern in Hamburg überdeutlich wird.

Faktor Föderalismus

Neben dem Faktor Familie hat auch der Föderalismus Einfluss auf das Bildungsniveau von Schülern. Immer wieder wird darüber diskutiert, dass es in den 16 Bundesländern teils sehr unterschiedliche schulische Leistungsanforderungen geben soll.

Seit dem Pisa-Schock vor mehr als zehn Jahren bemühen sich die Länder zwar verstärkt um einheitlichere Lehrpläne und Prüfungsniveaus. So einigten sich die Kultusminister erst im Juni auf einen gemeinsamen Aufgaben-Pool für die Allgemeine Hochschulreife. Von 2016 werden Abiturnoten damit vergleichbarer, zumindest in den Kernfächern Deutsch und Mathe. Doch bis alle deutschen Schüler einer Jahrgangsstufe dasselbe Bildungsniveau haben, ist es noch ein weiter Weg - das belegt der jüngste Ländervergleich der IQB.

© Süddeutsche.de/dpa/sks/jobr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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