Schulformen in Deutschland:Wo Ihr Kind am besten lernt

Jedes Bundesland hat seine eigenen Schulformen - Eltern, die mit ihren Kindern umziehen, stellt das mitunter vor Probleme. Was unterscheidet die Realschule von der Mittelschule? Und wer lernt am besten in einer Förderschule? Ein Überblick über das deutsche Schulsystem.

Sabrina Ebitsch

So viele Länder, so viele Schularten: Weil Bildung in der Hoheit der Bundesländer liegt, gibt es im deutschen Schulsystem eine beachtliche Vielfalt an Schularten, sodass bei einem Umzug oftmals nicht nur der Stoff, sondern auch die Schulform völlig neu ist. Was sich hinter den einzelnen Schultypen verbirgt:

Grundschule Die Grundschule ist Bestandteil aller Schullaufbahnen: Jedes Kind besucht vier, in manchen Bundesländern auch sechs Jahre lang die Primarstufe. Hier werden die Grundlagen für den weiteren Bildungsweg gelegt: Der Klassenlehrer vermittelt fundamentale mathematische und sprachliche Kenntnisse wie etwa die Grundrechenarten, Lesen und Schreiben.

Ein weiteres Hauptfach ist Sachunterricht, eine Mischung aus sozial-, kultur- und naturwissenschaftlichen Inhalten. Auch Musik, Kunst, Werken, Sport und Religion gehören zum Alltag an deutschen Grundschulen.

Hauptschule/Mittelschule Die Hauptschulen scheinen einer aussterbenden Gattung anzugehören - ihre Anzahl nimmt ebenso ab wie die Zahl ihrer Schüler. Nur noch in wenigen Bundesländern ist sie eine eigenständige Schulform, in anderen ist sie Teil der Gesamtschule oder mit der Realschule zu neuen Schulformen wie der Regional- oder Sekundarschule zusammengeführt worden. Hintergrund ist unter anderem, wie auch bei der Reform der bayerischen Hauptschulen hin zur Mittelschule, dass die Hauptschule vielfach als "Restschule" mit schlechteren Bildungs- und Berufschancen für die Schüler wahrgenommen wird. Zu den leistungsschwachen Hauptschulen gehören laut Bildungsforschern jedoch nur 16 Prozent bundesweit, allerdings findet nur knapp die Hälfte der Absolventen auf Anhieb einen Ausbildungsplatz.

Die Schüler erwerben in einem stark praxisorientierten Unterricht von der fünften Klasse an das nötige Wissen, um in der neunten Klasse mit dem Hauptschulabschluss die Berufsschulreife zu erwerben. Über den regulären Hauptschulabschluss hinaus wird in einigen Bundesländern außerdem der "Quali", der Qualifizierende Hauptschulabschluss, angeboten. Die Schüler, die eine zusätzliche, freiwillige Prüfung bestehen, können so ihre Chancen auf einen Ausbildungsplatz steigern. Schüler mit ausreichend guten Noten können an vielen Hauptschulen auch die zehnte Klasse absolvieren und so mit der Mittleren Reife abschließen.

Realschule, Gesamtschule und Gymnasium

Realschule Die Realschule ist eine der weiterführenden Schulen im gegliederten deutschen Schulsystem. Von der fünften bis zur siebten Klasse können Kinder mit ausreichend guten Noten von der Grund- oder Hauptschule dorthin wechseln. Ursprünglich gegründet als praxisnäherer Gegenentwurf zum Gymnasium, dient sie heute laut Kultusministerkonferenz dazu, "Schülerinnen und Schülern eine erweiterte allgemeine Bildung" zu vermitteln und einen mittleren Schulabschluss zu vergeben.

Im Laufe der vier bis sechs Jahre können die Jugendlichen technisch-naturwissenschaftliche, sprachliche, sozialkundliche oder wirtschaftliche Schwerpunkte setzen. Wer nach der zehnten Klasse die Mittlere Reife erwirbt, kann beispielsweise Berufsfachschulen, Fachoberschulen oder auch das Gymnasium besuchen. In mehreren Bundesländern ist die Realschule in Gesamt-, Sekundar-, Regional-, Stadtteil-, Mittel- oder Regelschulen integriert beziehungsweise mit der Hauptschule zusammengeführt worden.

Gesamtschule Die Gesamtschule bedeutet die Abkehr vom dreigliedrigen Schulsystem: Sie vereint Haupt- und Realschule und oft auch die gymnasiale Oberstufe - und damit auch Schüler mit verschiedenen Begabungen unter einem Dach, die dort gemeinsam lernen und sich auf die verschiedenen Schulabschlüsse vorbereiten.

Die Gesamtschule gibt es in mehreren Bundesländern, meist als Alternative zum dreigliedrigen Schulsystem. Die Begriffe werden zwar nicht trennscharf verwendet, aber als Einheitsschule oder Gemeinschaftsschule gilt die Gesamtschule, wenn es außer ihr keine Haupt-, Realschulen oder Gymnasien gibt und alle Schüler eines Jahrgangs teils von der ersten Klasse an bis zum Abschluss zusammen bleiben - es also auch innerhalb der Schule keine Binnendifferenzierung etwa durch unterschiedliche Kursniveaus gibt.

Diese Schulformen sind umstritten: Während die Befürworter sich von der Gesamtschule mehr Bildungsgerechtigkeit und bessere Förderung der schwachen Schüler versprechen, kritisieren sie die Gegner als "Gleichmacherei" und befürchten Nachteile für leistungsstarke Schüler.

Gymnasium Das Gymnasium ist eine weiterführende Schule, die je nach Bundesland nach acht oder neun Jahren mit dem Abitur abschließt. Wer das Gymnasium erfolgreich hinter sich gebracht hat, besitzt die Allgemeine Hochschulreife und kann an allen Hochschulen, einschließlich der Universitäten, alle Fächer studieren.

Die Gymnasien in Deutschland haben unterschiedliche Schwerpunkte: Die Schüler besuchen entweder den mathematisch-naturwissenschaftlichen (mit mehr Unterricht in Mathe, Physik, Chemie und Bio), den neusprachlichen (mit modernen Fremdsprachen wie Französisch, Italienisch oder Spanisch) oder den humanistischen Zweig (mit Latein und Altgriechisch als Fremdsprachen). Neben diesen Hauptfachrichtungen gibt es auch musische, wirtschaftliche oder Sportgymnasien.

Berufsfachschule, Fachoberschule und Förderschule

Berufsschule/Berufsfachschulen In Deutschland werden Berufsanfänger meist dual ausgebildet: Neben der Lehre im Betrieb besuchen sie, entweder an ein bis zwei Wochentagen oder im Blockunterricht, eine Berufsschule, um auch theoretisches Wissen zu erwerben und ihre Allgemeinbildung zu vertiefen. Nach zwei bis drei Jahren endet die Ausbildung mit einer Abschlussprüfung; danach ist der Lehrling beispielsweise Facharbeiter oder Geselle.

Bestimmte Berufe wie etwa Krankenpfleger oder Ergotherapeut erlernt man an Berufsfachschulen oder Fachakademien in einer vorwiegend schulischen Ausbildung, die aber meist mit Praxisphasen kombiniert ist.

Fachoberschule (FOS)/Berufsoberschule (BOS) An den Fachoberschulen (FOS) können Jugendliche mit einem mittleren Schulabschluss das Fachabi machen, mit dem sie auch an Fachhochschulen oder bestimmte Fächer an Universitäten studieren können.

Sie spezialisieren sich dabei auf bestimmte Fachrichtungen wie Technik, Wirtschaft oder Verwaltung und können sich so auch auf ein Studium im entsprechenden Bereich vorbereiten. Wer nach zwei Jahren FOS besonders gute Noten hat, kann in einigen Bundesländern auch noch die Allgemeine Hochschulreife, das Abitur, machen, mit dem man an allen Hochschulen alle Fächer studieren kann. Die Berufsoberschule (BOS) steht allen mit abgeschlossener Berufsausbildung offen: Berufstätige können dort die Mittlere Reife, das Fachabitur und das Abitur nachholen.

Förderschule/Sonderschule An die Förderschule - oder ausführlich: Schule mit sonderpädagogischem Förderschwerpunkt - gehen Kinder und Jugendliche mit verschiedenen Beeinträchtigungen, derentwegen sie besonderen Förderbedarf haben. Die einzelnen Schultypen setzen dabei unterschiedliche Schwerpunkte und richten sich mit ihrem jeweiligen sonderpädagogischen (deswegen auch die inzwischen nicht mehr gebräuchliche Bezeichnung Sonderschule) Angebot an Schüler mit bestimmten Einschränkungen.

So gibt es beispielsweise Förderschulen für gehörlose Kinder und Jugendliche, für körperlich oder geistig behinderte oder für solche mit Lernschwierigkeiten. Die Integration und Inklusion behinderter Schüler in Regelschulen ist seit langem umstritten: Während die einen vor Diskriminierung und Benachteiligung durch die bewusste Trennung warnen und die generelle Öffnung der Regelschulen fordern, befürchten andere, dass Behinderte dort nicht genug Unterstützung erfahren und das Unterrichtsniveau sinken könnte.

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