Schulen - Radebeul:Debatte um Gemeinschaftsschule entfacht: Belastung für Kenia

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Radebeul (dpa/sn) - Der Sächsische Lehrerverband hat erneut vor einer Gemeinschaftsschule gewarnt und damit die Debatte um diese Schulart neu entfacht. Die zusätzliche Schulart biete nichts, was eine Oberschule nicht leisten kann oder könnte, erklärte Verbandschef Jens Weichelt am Donnerstag in Radebeul. Aus der Landtagswahl folge kein "Wählerauftrag für Experimente am Schulsystem": "Unser Schulsystem darf keine Experimentierwiese für Parteiinteressen sein."

Das längere gemeinsame Lernen in einer Gemeinschaftsschule ist nicht nur eine Forderung von Linken, Grünen und der SPD. 2017 ergab eine Umfrage des Emnid-Instituts 2017, dass zwei Drittel der Eltern die bislang übliche Aufteilung der Kinder nach Klasse 4 ablehnen.

Ein Verein hatte in diesem Jahr mehr als 50 000 Unterschriften für die neue Schulart gesammelt und damit die Bedingung für einen Volksantrag erfüllt, mit dem sich nun der Landtag zu befassen hat. Demnach soll die Gemeinschaftsschule als Option ins Schulgesetz aufgenommen werden. Um eine grundsätzliche Änderung des sächsischen Schulsystems geht somit nicht.

Auch bei dem laufenden Koalitionsverhandlungen zwischen CDU, Grünen und SPD zur Bildung einer gemeinsamen Regierung ist die Gemeinschaftsschule ein Streitpunkt. SPD-Chef Martin Dulig hatte nach dem Ende der Sondierungen bereits verkündet, dass der Weg für diese Schulart in Sachsen nun frei ist.

Regierungschef Michael Kretschmer dämpfte auf dem CDU-Parteitag am vergangenen Samstag allerdings Hoffnungen auf eine schnelle Einigung. "Wir können uns Veränderungen vorstellen, aber eben nur dann, wenn sie in der Qualität uns weiter nach vorne bringen. Das, was derzeit vorliegt als Volksantrag, ist das noch nicht."

Am Donnerstag veröffentlichte das Kultusministerium in seinem Blog ein Interview mit Petra Stanat, Chefin des Institutes zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB), und zitierte sie auch mit folgender Aussage: "Mir persönlich ist nicht klar, warum man den Aufwand betreiben will, eine weitere Schulart einzuführen, zumal in einer Zeit, in der aufgrund des Lehrkräftemangels in Sachsen erhebliche Herausforderungen zu bewältigen sein werden."

"In erstaunlicher Einigkeit versuchen Kultusministerium und Sächsischer Lehrerverband direkten Einfluss auf die Koalitionsgespräche zu nehmen", erklärte Uschi Kruse, Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft. Dabei sprächen über 50 000 Unterschriften für die Gemeinschaftsschule eine deutliche Sprache: "Die Politik soll diese Schulart einführen. An keiner anderen Stelle war in den letzten Jahren der Bürgerwillen so deutlich erkennbar."

Das "Bündnis Gemeinschaftsschule in Sachsen" warf dem Lehrerverband unter anderem vor, fortwährend falsche Behauptungen zu wiederholen. Mit der Einführung von Gemeinschaftsschulen als zusätzliche Schulart werde auch ein Beitrag zur Weiterentwicklung der Unterrichtsqualität geleistet, betonte Burkhard Naumann, Koordinator des Bündnisses.

"Wenn in Sachsen 50 000 Bürgerinnen und Bürger einen Volksantrag zur Einführung der Gemeinschaftsschule einreichen, dann ist die Politik in der Verantwortung, sich mit diesem Wunsch ernsthaft und intensiv auseinanderzusetzen", erklärte SPD-Bildungsexpertin Sabine Friedel in einem Offenen Brief an den Lehrerverband: "Die von Ihnen wiederholt aufgeführten Kampfbegriffe tragen nichts dazu bei, einen sächsischen Schulfrieden zu schaffen." Die gemeinsamen Energien sollten lieber auf die Erhöhung der Unterrichtsqualität fokussiert werden.

"Diese konzertierte Panikmache dient offenbar nur als Störfeuer bei den laufenden Koalitionsverhandlungen", hob Linke-Politikerin Luise Neuhaus-Wartenberg hervor. Zugleich würden in verantwortungsloser Weise Schüler, Eltern und Lehrer verunsichert: "Ich gehe deshalb davon aus, dass der Landtag dem Volksantrag für längeres gemeinsames Lernen zustimmen wird."

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