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Schulen - Düsseldorf:Schulen in sozialen Brennpunkten sollen mehr Lehrer bekommen

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Düsseldorf (dpa/lnw) - Schulen in sozialen Brennpunkten sollen in Nordrhein-Westfalen künftig eine bessere Lehrerausstattung erhalten. Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) sprach am Dienstag in Düsseldorf bei der Vorstellung des Konzepts "schulscharfer Sozialindex" von einem großen Schritt zu mehr Bildungs- und Chancengerechtigkeit. Damit könnten erstmals unterschiedliche soziale Zusammensetzungen in den einzelnen Schulen ermittelt, mit einer besseren Ausstattung reagiert und Stellen gerechter nach sozialen Aspekten verteilt werden.

SPD und Grüne kritisierten, es werde nur umverteilt statt zusätzliche, dringend benötigte Ressourcen zur Verfügung zu stellen. Auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) sieht nur "ein Nullsummen-Spiel".

Die CDU-Landtagsfraktion hielt dagegen: "Unterstützung kommt genau da an, wo sie gebraucht wird." Laut wissenschaftlichen Berechnungen der Ruhr-Universität Bochum hätten rund 300 Schulen in NRW eine besonders hohe Belastung und bräuchten spezielle Hilfe. "Die werden sie dank eines satten Stellenzuwachses für sozialpädagogische Fachkräfte erhalten", unterstrich die bildungspolitische Sprecherin der CDU-Landtagsfraktion, Claudia Schlottmann.

Nach Angaben der Schulministerin werden den Schulen mit besonderem Bedarf im kommenden Schuljahr in einem ersten Schritt insgesamt rund 5200 Stellen nach den neuen Regeln zugewiesen. Davon würden 3260 Stellen gegen Unterrichtsausfall, für Vertretungsaufgaben und für besondere Förderaufgaben eingesetzt.

Darunter seien auch 360 Stellen, die Schulen in den Indexstufen 6 bis 9 zugewiesen werden, die Indexstufe 9 ist die höchste. Insgesamt seien auch rund 1500 sogenannte Integrationsstellen enthalten für Sprachbildung und Sprachförderung. Rund 450 Stellen sind für Sozialpädagogische Fachkräfte an den Grundschulen eingeplant, die zusätzlich geschaffen worden seien.

Im Detail erfolgt die Zuordnung der Schulen in die Indexstufen nach vier Indikatoren: Kinder- und Jugendarmut im Einzugsgebiet der Schule, Anteil der Schüler mit nichtdeutscher Familiensprache, Anteil der Schüler mit Zuzug aus dem Ausland sowie Anteil der Schüler mit Förderschwerpunkten Lernen, emotionale und soziale Entwicklung und Sprache. Die Schule werde dann über ein statistisches Verfahren einer Indexstufe von 1 bis 9 zugeordnet. Nach einer Ministeriumsübersicht befinden sich 3 Prozent aller Schulen in den Indexstufen 7 bis 9 mit dem höchsten Bedarf. Rund 75 Prozent aller Schulen könnten den Stufen 1 bis 3 mit einem im Vergleich geringeren Bedarf zugeordnet werden.

Gebauer betonte, dass sie für eine faktenbasierte Bildungspolitik stehe. "Ich meine, dass wir zu lange hier bei uns die Augen vor Missständen verschlossen und tatsächliche, unausweichliche, sicherlich manchmal auch unangenehme Zahlen wie Gegner betrachtet haben." Der von der rot-grünen Vorgängerregierung genutzte Kreissozialindex habe Unterschiede innerhalb einer kreisfreien Stadt wie dem Norden und Süden in Essen nicht abgebildet und sei nur für eine kleinere Stellenzahl zum Einsatz gekommen. Staatssekretär Mathias Richter betonte, dass die neue Regelung nicht zu Lasten anderer Schulen gehen solle. Der Grundbedarf bleibe unangetastet.

SPD und Grüne sehen keinen Mehrwert für die Schullandschaft. SPD-Landtagsfraktionsvize Jochen Ott sprach von einem "billigen Taschenspielertrick". Anstatt neue Stellen zu schaffen, würden nun die Stellen gegen Unterrichtsausfall und die Integrationsstellen umverteilt. Tatsächlich müssten dauerhaft mehr Stellen geschaffen werden, forderte er. Schulen der Standortstufen 4-9 benötigten "mindestens 20 Prozent mehr Stellen". Ähnlich äußerten sich die Grünen und die GEW.

Die bildungspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Sigrid Beer, warf Gebauer zudem vor, sie habe es versäumt, Lehramtsstudierende ebenso wie Künstler, Handwerker oder Jugendarbeiter zur Unterstützung der Schulen zu gewinnen. Allein im vergangenen Jahr seien wegen unbesetzter Stellen mehr als 266 Millionen Euro an das Finanzministerium zurückgeflossen, die für Stellenkontingente vorgesehen gewesen seien. Diese Mittel müssten für die Schulen jetzt beim Sozialindex genutzt werden, forderte sie.

© dpa-infocom, dpa:210504-99-464502/4

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