Schule:Ihren Traumlehrer finden Jugendliche im Internet

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Wie lernt man am besten? Eine Studie zeigt: Viele Jugendliche finden Online-Videos hilfreicher als den Unterricht im Klassenzimmer. Die Schule reagiert darauf bisher zu wenig.

Von Bernd Kramer, Hamburg

Man kann erahnen, dass das traditionelle Klassenzimmergeschehen aus Vor-Corona-Zeiten bei vielen Schülerinnen und Schülern nicht immer hoch im Kurs stand: ein bisschen Gruppendiskussion, ein bisschen Einzelarbeit mit Heft und Buch, die meiste Zeit aber erklärt vorn jemand Fotosynthese, die Französische Revolution oder was auch immer. Nun zeigt eine Studie, wie sehr Youtube und Co. aus Sicht vieler Schülerinnen und Schüler der Lehrerin an der Schiefertafel überlegen ist.

Mädchen folgen eher den Tipps der Lehrer, Jungen richten sich nach Klickzahlen

Das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW) hat mehr als 2000 Jugendliche gefragt, welche Lernmethode für sie die ergiebigste ist. Teilgenommen haben Schülerinnen und Schüler, die an einem Projekt zur Gründung einer Schülerfirma teilgenommen haben; im Schnitt waren sie 17 Jahre alt und besuchten überwiegend das Gymnasium. Repräsentativ sind die Ergebnisse damit nicht, aber eindrücklich. So sagten 42 Prozent der Befragten, mit Videos und Erklärclips im Internet lernten sie nach ihrem persönlichen Empfinden am besten. Der Schulunterricht war nur für 27 Prozent der Jugendlichen die Lernmethode der Wahl. Die Untersuchung liegt der SZ vorab vor.

"Man muss natürlich berücksichtigen, dass die befragten Jugendlichen relativ alt sind, bei Grundschülern dürften die Ergebnisse sicher anders ausfallen", sagt IW-Forscherin Ruth Schüler. "Aber für uns war es frappierend festzustellen, wie digital die Lernrealität von Schülerinnen und Schülern bereits ist und wie wenig digital im Gegensatz dazu die Schulen bisher aufgestellt waren." Das zeigen die Daten der jüngsten Pisa-Studie aus dem Jahr 2018, die die IW-Autorinnen parallel auswerteten. Mehr als die Hälfte der damals befragten 15-Jährigen gab an, dass bei ihnen im Unterricht keine Notebooks oder Tablets eingesetzt würden. Am häufigsten werden digitale Geräte im Klassenzimmer noch in den Naturwissenschaften oder Fremdsprachen genutzt.

Untersucht haben IW-Ökonomin Schüler und ihre Kollegin Barbara Engels außerdem, woran sich Jugendliche bei der Suche nach den Lernvideos im Netz orientieren - und stießen auf bemerkenswerte Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Tipps von Freunden sind zwar für Jungen wie für Mädchen gleichermaßen relevant; darüber hinaus berücksichtigen Mädchen aber häufiger Empfehlungen von Lehrkräften, während Jungen sich nach den Abrufzahlen eines Videos richten - getreu dem Motto: Was viel geklickt wurde, wird schon was taugen.

Forscherin Schüler vermutet, dass Rollenstereotype hier eine Rolle spielen: Jungen bekämen schon früh beigebracht, sich Dinge zuzutrauen - auch wenn sie bei ihren Internetrecherchen damit vielleicht schneller mal daneben liegen. In jedem Fall sollte die Schule die Kompetenz vermitteln, zwischen vertrauenswürdigen und fraglichen Inhalten zu unterscheiden, findet die IW-Autorin. Luft nach oben gibt es dabei in jedem Fall: Den jüngsten Pisa-Daten zufolge behandeln erst 65 Prozent der Lehrkräfte im Unterricht, wie man im Internet die Qualität von Informationen beurteilen kann.

© SZ vom 17.06.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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