Süddeutsche Zeitung

Schule:Warum ist der Notenschluss so früh?

In den Wochen vor den Sommerferien wird kein Lehrstoff mehr behandelt, stattdessen zeigen die Lehrkräfte täglich Filme, mutmaßt eine Mutter.

Von Matthias Kohlmaier

Die Leserfrage

Meine Kinder gehen beide auf ein bayerisches Gymnasium und nach Notenschluss passiert in den Klassen quasi nichts mehr, es werden Ausflüge gemacht oder Filme gesehen. Könnte man den Notenschluss nicht einfach weiter nach hinten verlagern, um die Motivation bei Schülern und Lehrern etwas länger hochzuhalten?

Die Antwort

Es ist der alte Zwiespalt: Einerseits beschweren sich viele Eltern und Schüler darüber, dass während des Schuljahres so viel Lehrstoff gepaukt werden muss und andererseits ist es auch nicht in Ordnung, wenn es gegen Schuljahresende in den Klassenzimmern entspannter zugeht, weil sämtliche Zensuren bereits erhoben sind.

Sie haben selbstverständlich recht, dass drei Wochen Filme schauen und gelangweilt auf den letzten Schultag zu warten Zeitverschwendung ist. Man darf die Kompetenz von Lehrkräften, die die Zeit nach Notenschluss so verbringen lassen, gerne hinterfragen. Denn man kann sie auch sinnvoll nutzen, für Projekttage, Exkursionen oder schlicht ein wenig Arbeit an einem besseren Klassenklima. "Während dieser Wochen hat man Zeit für Dinge, die im laufenden Schuljahr gewöhnlich nicht unterzubringen sind", sagt ein Sprecher des Kultusministeriums.

Es liegt in der Verantwortung der einzelnen Schulleitungen, festzusetzen, bis wann Noten erhoben werden dürfen. Der Begriff "Notenschluss" findet sich in keiner offiziellen Verordnung - er trifft auch nicht wirklich zu. Denn zwar gibt es an jeder Schule einen Stichtag, bis zu dem jede Lehrkraft ihre Zensuren beisammen haben soll. Für Nachprüfungen oder krankheitsbedingte Nachholschulaufgaben gibt es aber Ausnahmeregelungen.

Auch sonst sollten sich Schüler nicht komplett ausruhen, wenn die Zeit der Notengebung vermeintlich vorbei ist. "Es können prinzipiell jederzeit Noten erhoben werden, so lange kein Jahreszeugnis übergeben worden ist", sagt der Sprecher des Ministeriums. Es gebe immer wieder Fälle, wo bereits fertige Zeugnisse kurz vor der Übergabe nochmal geändert würden. Dabei geht es allerdings nur sehr selten um Noten, sondern eher um die Beurteilung des Sozialverhaltens - falls selbiges zum Beispiel auf der Exkursion zwei Tage vor Zeugnisvergabe massiv zu wünschen übrig gelassen hat.

Bis wann Noten gemacht werden können, ist durch zwei Faktoren begrenzt: Die Lehrkräfte brauchen genügend Zeit, um überhaupt alle notwendigen Zensuren erheben zu können. Danach dauert es eine Weile, alle organisatorischen Dinge zu erledigen - vom Noteneintragen über die Lehrerkonferenz bis zur endgültigen Erstellung der Zeugnisse. Die Zeugnisübergabe, das aber nur am Rande, ist übrigens mit der einzige echte Verwaltungsakt, bei dem Lehrkräfte als Beamte eine hoheitliche Aufgabe übernehmen.

Zu Ihrer Frage: Deutlich nach hinten kann der Notenschluss kaum verschoben werden. "Gegen Schuljahresende wird der Zeitdruck ohnehin schon groß. Die letzten Noten müssen gemacht, im Kollegium besprochen und dann die Zeugnisse erstellt werden", sagt ein Lehrer eines bayerischen Gymnasiums. "Läge der Notenschluss deutlich später, würde das für Lehrkräfte und auch Mitglieder der Schulleitungen eine kaum zu stemmende Arbeitsbelastung bedeuten."

Es soll auch Phasen ohne Notendruck geben

Der Lehrer sieht allerdings auch das Motivationsproblem, das bei vielen Schülern nach Notenschluss entsteht: "Da hängt sich kaum noch jemand wirklich rein." Gelegentlich kommt in diesem Zusammenhang die Forderung auf, nach Notenschluss für das laufende Schuljahr einfach weiter Zensuren zu erheben und diese erst im folgenden Jahr zählen zu lassen.

Diese Variante lehnt der Sprecher des Kultusministeriums entschieden ab. Nicht nur sei das schulrechtlich unmöglich, auch würde damit die Notengebung völlig überbetont. "Noten sollen den Lehrkräften Rückmeldung über den Leistungsstand der Schüler geben." Das sei ein paar Tage vor den Sommerferien weder nötig noch sinnvoll, und: "Das Schuljahr muss auch Phasen haben, die frei sind von Notengebung und -druck."

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